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Die steinerne Pforte

Die steinerne Pforte

Titel: Die steinerne Pforte
Autoren: Prevost Andre
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herausoperiert hatte – und einen steinharten Käse. Das »Dessert«, ein dicker warmer Brei, leicht gezuckert, sah zwar etwas vielversprechender aus, lag ihm aber wie ein Block Zement im Magen, sodass er sich gezwungen sah, den Inhalt seines Trinkbechers hinterherzuspülen. Und er hatte sich bei Grandma beschwert, wenn nicht genug Majonäse auf seinen Pommes frites war!
    Als das Essen endlich überstanden war, geleitete Bruder Ranald ihn im flackernden Schein einer Kerze zurück zum Stall. Der Himmel war schwarz und sternenklar. Und nach wie vor wehte dieser launische böige Wind um jede Ecke.
    »Tut mir leid, Saum«, murmelte die Bohnenstange, »ich kann dir das Licht nicht hierlassen, der Abt hat es verboten. Damit du kein Feuer legen kannst. . .«
    Er öffnete die Tür und trat beiseite.
    »Aber ich habe dir das hier mitgenommen . . .« Unter seinem Gewand holte er ein Viertel von einem schweren Laib Brot hervor und drückte es ihm in die Hand.
    »Über dem Futtertrog hängt auch ein Eimer, falls du dich aufs Kühemelken verstehst. . .«
    Mehr sagte er nicht, sondern zog stattdessen eilig die Tür hinter sich ins Schloss. Sam hörte, wie der riesige Schlüssel umgedreht wurde. Dann war er wieder allein. Nicht ganz: Die Kuh brachte sich mit einem markerschütternden Brüllen in Erinnerung. Sam tastete sich in der Dunkelheit weiter zu ihr und stellte fest, dass sie sich auf seinem Strohlager niedergelassen hatte. Die Nacht fing ja gut an!

 
4.
    Der Schatz von Colum-Chill
     
    Samuel sehnte sich nach seinem Zimmer, nach seiner Bettdecke und dem Radiowecker, der knisternd von sich gab: »Es ist sieben Uhr, meine Kleinen, Zeit, sich langsam in Bewegung zu setzen! Und damit euch wenigstens schon mal die Ohren schlackern, hier bei HitFM, der neuste Knaller von Linkin Park . . .« Stattdessen klatschte ihm ein Kuhschwanz um die Ohren, wozu ein markerschütterndes Muhen ertönte. Und die ganze Nacht dieses pausenlose Kauen, Wiederkäuen, Schnaufen – manchmal auch Schlimmeres . .. Gar nicht zu reden von diesen verrückten Klosterbrüdern, die die ganze Zeit in der Kirche herumspaziert waren, aus Leibeskräften gesungen hatten – ihr Schweigegelübde galt offensichtlich nur tagsüber -und zu den unmöglichsten Zeiten die Glocken läuten ließen. Kurz gesagt, er hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan.
    Und was den Vormittag anging . . . Eingesperrt mit seiner geräuschvollen und übel riechenden Gefährtin, blieb Sam nichts anderes zu tun, als durch sein Astloch im Fensterladen dem Treiben der Mönche zuzusehen. Heute standen Übungen im Schwertkampf auf dem Stundenplan, die Kostümierung erinnerte stark an Krieg der Sterne, das Ergebnis allerdings eher an einen Video-Gag. Einen Moment fragte er sich sogar, ob er in die Dreharbeiten zu einer dieser Reality-Shows geraten war: »Dreißig Männer auf einer einsamen Insel! Ihre Aufgabe: Leben wie die Mönche im Jahr 1000! Seien Sie dabei, wenn sie Kräuter essen, im Schlamm kämpfen und nach Mitternacht noch in der Kirche singen! Jeden Samstag wird von den Zuschauern abgestimmt, wer der neue Abt wird!« Und so weiter . . .
    Aber wo war die versteckte Kamera?
    Gegen Mittag – sein Magen schrie vor Hunger – tauchte endlich die Bohnenstange auf. Um seine Hand hatte der Mönch eine Art Schnur mit kleinen Haken daran gewickelt.
    »Saum«, wisperte er, »wir gehen zum Fischen!«
    »Zum . . .«
    Aua! Die Mönche nahmen ihn beim Wort! Sie zählten darauf, dass er ihnen Fisch besorgen würde! Sie wollten nicht enttäuscht werden . . .
    »Schnell!«
    Sam gehorchte. Schweigend folgte er Bruder Ranald dicht auf den Fersen. Sie machten einen Bogen um die Gruppe bewaffneter Mönche und verließen das Lager auf der rückwärtigen Seite. Sobald sie außer Hörweite waren, reichte die Bohnenstange ihm ein Stück Brot mit Käse, das er aus seinem Ärmel hervorzog. »Hier, iss. Du bist es sicher nicht gewöhnt, nur eine Mahlzeit am Tag zu bekommen.«
    Hungrig stürzte Sam sich auf den goldbraunen Laib, etwas weniger gierig auf den knochenharten blassen Käse.
    »Du darfst ihn nicht kauen«, riet ihm die Bohnenstange, »lass ihn auf der Zunge zergehen.«
    Sie entfernten sich schnellen Schrittes vom Kloster, und als sie schließlich durch saftig grüne Wiesen und an niedrigen Steinmauern entlanggingen, wagte Sam endlich seine Frage zu stellen: »Wohin gehen wir?«
    »Du bist kein Fischersohn, nicht wahr?«, kam es anstelle einer Antwort.
    »Also, ich . . .«
    »Es hat keinen Zweck zu
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