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Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Titel: Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson
Autoren: Clarke Arthur C.
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verschwunden. Oder vielmehr, es gab ihn noch nicht. Dies war Diaspar vor dem Wechsel, Diaspar, das der Welt und dem Universum offenstand. Der Himmel über der Stadt, der Himmel dieser jüngeren Erde, war blassblau und mit kleinen Wolkenfetzen betupft, die langsam im Wind tanzten.
    Zwischen diesen Wolken bewegten sich handfestere Himmelsreisende. Hoch über ihm flogen die Schiffe, die Diaspar mit der Außenwelt verbanden. Jeserac starrte lange auf das Geheimnis und das Wunder eines offenen Himmels, und für einen Augenblick streifte Angst seine Seele. Er fühlte sich nackt und ungeschützt, denn er wusste: Die ungetrübte blaue Kuppel über seinem Kopf war bloß eine hauchdünne Schale, hinter der das Weltall mit all seinen Mysterien und Bedrohungen lauerte.
    Doch die Angst war nicht stark genug, seinen Willen zu lähmen. In einem Winkel seines Verstandes wusste Jeserac, dass dieses Erlebnis ein Traum war, und ein Traum konnte ihm nichts anhaben, bis er wieder in der vertrauten Stadt erwachte.
    Er begab sich zur Mitte der Stadt, an die Stelle, an der sich in seiner Zeit das Grabmal Yarlan Zeys befunden hatte. Jetzt gab es dort kein Standbild mehr – nur ein niedriges, rundes Gebäude mit vielen Eingängen. Vor einem dieser Eingänge wartete ein Mann auf ihn.
    Jeserac hätte von dessen Anblick erschüttert sein müssen, aber im Moment konnte ihn gar nichts überraschen. Irgendwie schien es richtig und natürlich, dass er dem Mann gegenüberstand, der Diaspar erbaut hatte.
    »Sie wissen sicher, wer ich bin«, sagte Yarlan Zey.
    »Natürlich; ich habe Ihre Statue sehr oft gesehen. Sie sind Yarlan Zey, und das ist Diaspar vor einer Milliarde Jahren. Ich weiß, dass ich träume und dass wir beide nicht wirklich hier sind.«
    »Dann brauchen Sie sich vor nichts zu fürchten. Folgen Sie mir und denken Sie daran, dass Ihnen nichts passieren kann; Sie können in Diaspar in Ihrer eigenen Zeit aufwachen, wann immer Sie wollen.«
    Gehorsam folgte Jeserac Yarlan Zey in das Gebäude. Eine Erinnerung oder das Echo einer Erinnerung warnte ihn vor dem folgenden Geschehen, und er wusste, dass er einst entsetzt davor zurückgewichen wäre. Aber jetzt spürte er keine Furcht. Er fühlte sich nicht nur durch das Wissen geschützt, dass diese Erfahrung nicht real war, auch die Anwesenheit Yarlan Zeys schien ihn vor möglichen Gefahren zu schützen.
    Die Gleittreppen, die in die Tiefe führten, wurden nur von wenigen Menschen benutzt, und als sie kurz darauf schweigend neben dem langen, stromlinienförmigen Zylinder standen, waren sie ganz allein. Dieser Zylinder, das wusste Jeserac, konnte ihn aus der Stadt hinaustragen – eine Reise, die früher allein schon sein Vorstellungsvermögen überstiegen hätte. Als sein Führer auf die offene Tür deutete, zögerte er nur einen Augenblick an der Schwelle. Dann betrat er das Fahrzeug.
    »Sehen Sie?«, sagte Yarlan Zey lächelnd. »Entspannen Sie sich und denken Sie daran, dass Sie in Sicherheit sind – dass Ihnen nichts geschehen kann.«
    Jeserac glaubte ihm. Er fühlte nur leichte Besorgnis, als der Tunneleingang sich auf sie zubewegte und die Maschine schneller wurde. Alle Angst war durch die Aufregung, mit dieser legendären Gestalt aus der Vergangenheit reden zu können, völlig vergessen.
    »Finden Sie es nicht seltsam«, begann Yarlan Zey, »dass wir uns in der Erde verkriechen, obwohl uns der Himmel offensteht? Das ist der Anfang jener Krankheit, deren Ende Sie in Ihrer Zeit beobachten können. Die Menschheit versucht sich zu verbergen; sie fürchtet sich vor dem, was da draußen im Weltraum liegt, und bald wird sie alle Türen, die ins All führen, verschlossen haben.«
    »Aber ich habe doch Raumschiffe im Himmel über Dias par gesehen«, warf Jeserac ein.
    »Sie werden sie nicht mehr lange sehen. Wir haben die Verbindung mit den Sternen verloren, bald werden auch die Planeten verlassen sein. Wir brauchten Jahrmillionen, bis wir in den Weltraum fliegen konnten – aber nur ein paar Jahrhunderte, um wieder heimzukommen. Und in nicht allzu ferner Zukunft werden wir auch fast die ganze Erde aufgegeben haben.«
    »Warum habt ihr das getan?«, fragte Jeserac. Er kannte die Antwort, aber irgendwie fühlte er sich zu dieser Frage gezwungen.
    »Wir brauchten eine Zuflucht, die uns vor zwei Ängsten schützte – der Angst vor dem Tod und der Angst vor dem Weltraum. Wir waren ein krankes Volk und wollten mit dem All nichts mehr zu tun haben – daher taten wir so, als existierte es nicht. Wir
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