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Die Stadt in den Sternen (German Edition)

Die Stadt in den Sternen (German Edition)

Titel: Die Stadt in den Sternen (German Edition)
Autoren: Thomas R. P. Mielke
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auf der Erde noch weitere Überlebende gab.
    Er preßte sein Gesicht in die harten Hände und schloß die Augen. Das Feuer brannte langsam herunter. Irgendwo im Raum war ein feines Sirren. Reanny achtete nicht darauf. Als das Unsichtbare seine Schultern berührte, zuckte er zusammen. Er sprang auf, wich einen Schritt zurück und streckte mit einer abwehrenden Geste die Hände aus. Er kniff mehrmals die Augen zusammen, während er versuchte, das senkrecht im Raum stehende Flimmern zu definieren.
    Das Geschrei der Männer hinter den Ställen war verstummt. Nur unten am Strand heulte ein Walroß durch die Nacht. Reanny nahm es wie durch eine dicke Watteschicht in sich auf. Die feuchten Holzscheite im Feuer knackten, glimmende Funken sprangen durch den Raum. Mit vorgebeugten Schultern, die Hände nach unten, stand Peter Reanny direkt vor dem Feuer. Die Flammen erwärmten seinen Rücken, und doch spürte er, wie eine immer stärker werdende Kälte durch seinen Körper kroch.
    Durch das senkrechte Flimmern erkannte er die schweren Bohlen der Holztür. Sie wurden unscharf, verwischten und lösten sich auf. Eine schemenhafte Kreatur nahm langsam vor ihm Gestalt an. Doch ehe er erkannte, was in das Blockhaus eingedrungen war, hörte er das Stampfen und Poltern der zurückkehrenden Männer. Im gleichen Augenblick riß der flimmernde Schleier auf. Für Sekundenbruchteile sah Reanny den mattschimmernden Gegenstand. Er sah aus wie der große Trog, an dem die Tiere von Semisopochnoi getränkt wurden. Ein scharfer, peitschender Knall hüllte Reanny ein. Etwas fuhr in seinen Körper, lähmte ihn und schaltete sein Bewußtsein aus. Er merkte nicht mehr, daß er in das Flimmern hineingezogen wurde.
    Sie suchten bis zum Morgengrauen nach ihm. Als die dichte Wolkendecke über den Inseln das erste Tageslicht hindurchließ, stand fest, daß außer Peter Reanny auch noch Wilson und Murray verschwunden waren.
    *
    Der schlanke, hochgewachsene Mann blickte sich vorsichtig um. Er trug einen leichten, enganliegenden Overall und einen weiten, fließenden Umhang aus dunklem Stoff. Er sah über das Geländer der Brücke auf die dunkle Fläche des Flusses. Vorsichtig suchte er den Himmel ab. Die Sterne standen klar und wie leuchtende Nadelspitzen am schwarzen Firmament.
    Vorsichtig ging der Mann weiter. Er setzte einen Fuß vor den anderen und bemühte sich, kein Geräusch zu machen. Er hatte gewartet, bis die Scheinwerfer von Notre Dame ausgeschaltet worden waren. Erst als die hohen weißen Bögen der Kathedrale in der Dunkelheit verschwanden, war seine Zeit gekommen. Er ging über den leeren Quai de Montebello und verschwand in den engen Gassen von Saint Germain.
    Zwei Schatten lösten sich aus der Dunkelheit eines schlecht beleuchteten Hauseingangs. Sie blieben ein Stück zurück, ohne den Kontakt mit dem schlanken Mann zu verlieren. Sie verfolgten ihn bis zum belebten Boulevard Saint Germain.
    Der Mann mit dem dunklen Umhang bog in eine Nebenstraße ein. Wieder blickte er sich kurz um. Dann bückte er sich vor einer halbhohen Tür, klopfte kurz und wartete. Stimmen und Musikfetzen drangen von allen Seiten auf die Straße. Historische Restaurants und gemütliche Bars wechselten einander ab. Die Menschen trieben auf breiten Fließstraßen durch das laute, fröhliche Stadtviertel.
    Endlich wurde die nur eineinhalb Meter hohe Tür an der Hauswand geöffnet. Der Schlanke bückte sich, zog den Kopf ein und kletterte über ein paar steile Stufen nach unten. Eine kleine, spärlich erleuchtete Halle nahm ihn auf. Links lagen zwei Räume mit mehreren weißgedeckten Tischen. Livrierte Kellner huschten mit hochbeladenen Tabletts hin und her. Die Kerzen auf den Tischen flackerten.
    Der schlanke Mann wandte sich nach rechts. Mit einem schnellen Handgriff öffnete er eine glatte, ovale Tür. Er schaltete einen Leuchtstreifen an der schrägen Decke der Kellertreppe ein. Im gleichen Augenblick hörte er, daß sich hinter ihm die halbhohe Tür erneut öffnete. Mit einer kurzen Bewegung sah er sich um. Er erkannte die weichen Stiefel an den Beinen der beiden Männer sofort. Er riß die ovale Tür hinter sich zu und stürmte die Kellertreppe hinab. Ohne sich umzudrehen, lief er durch einen verwinkelten Gang. Nach knapp vierzig Metern erreichte er einen Raum, in dem nur ein einziger Tisch stand. Ein Mädchen mit großen, leuchtenden Augen blickte ihm entgegen.
    »Was ist los, Nail?« rief sie und sprang auf.
    »Sie sind hinter mir her. Wir müssen die anderen
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