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Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Titel: Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)
Autoren: Sara Gran
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Nachteil des Detektivinnenlebens. Der Job saugt einen aus. Keiner kommt auf die Idee zu sagen, hey, die arme Ermittlerin braucht mal eine Pause. Hey, wir geben der Ermittlerin einen Drink aus. Keine Dankeskarten, keine Blumen, keine Musiktelegramme, und in der Hälfte der Fälle wird man nicht einmal bezahlt.

59
    E ines Abends kurz vor Constances Tod blieben wir lange wach.
    Wir lagen in ihrem Salon, jede auf einem der großen Samtsofas, und unterhielten uns.
    Ich wusste natürlich nicht, dass sie bald sterben würde. Ich ahnte nur eine Veränderung. Ich spürte es im Blut und hatte im Schlaf Visionen.
    An jenem Abend war sie in ungewöhnlich offenherziger Stimmung gewesen. Normalerweise lehrte sie anhand von Beispielen und Metaphern, von Träumen und Anweisungen, aber an jenem Abend tranken wir Wein, und sie beantwortete meine Fragen direkt. Ihr weißes Haar türmte sich auf ihrem Kopf, und sie trug einen schwarzen Seidenpyjama aus Hongkong. Sie roch immer nach Veilchen, manchmal auch nach einem besonderen Pariser Shampoo, das sie gern benutzte, und nach dem altmodischen Make-up, das sie in der Canal Street kaufte.
    Bevor ich Constance begegnet war, hatte ich im Leben nur wenig Schönes erlebt.
    Nachdem ich sie kennengelernt hatte, wusste ich das Schöne viel besser zu erkennen und mich für ein paar Minuten daran zu erfreuen, bevor es wieder davonflog und im Jenseits verschwand, wo immer das auch war. Das hier war einer der guten Momente, alles war so schön: ihre Frisur, ihr Duft, die Villa, der schlafende Mick im Gästezimmer.
    Wir waren eine Familie.
    Ich liebte New Orleans. Ich dachte, ich sei endlich angekommen. Ich liebte die Stadt so sehr, dass es weh tat.
    »Die Wahrheit ist ein seltsames Geschöpf«, sagte Constance. »Just wenn man glaubt, man hätte sie erwischt, entschlüpft sie einem.«
    »Wozu dann die Mühe?«, fragte ich. »Wozu immer neue Rätsel lösen? Hören sie denn nie auf?«
    Constance lachte. »O nein«, sagte sie, »nein. Die Rätsel enden nie. Und manchmal denke ich, vielleicht haben wir noch kein einziges wirklich gelöst. Wir schützen vor, es zu verstehen, nur weil wir es nicht mehr ertragen können. Wir schließen die Akte und schließen den Fall, aber das bedeutet noch lange nicht, dass wir die Wahrheit aufgedeckt haben, Claire.«
    »Was hat es dann zu bedeuten?«, fragte ich schließlich irritiert.
    »Es bedeutet«, antwortete Constance, »dass wir diesen bestimmten Fall nur aufgeben, um die Wahrheit woanders zu suchen.« Sie gähnte. »Genug für heute, Liebes. Du solltest dich wirklich ein wenig ausruhen. Wir sehen uns morgen früh.«
    Ich sah sie nie wieder.
    »Gute Nacht«, sagte ich.
    Ich stand auf und wollte gehen.
    Aber dann packte mich ein fremdartiges Gefühl, und ich drehte mich noch einmal um. Tränen liefen mir übers Gesicht.
    »Ich …«, fing ich an.
    »Ja?«, sagte Constance.
    Ich stand im Dunkeln. Sie konnte nicht sehen, dass ich weinte.
    »Ich … ich möchte mich bedanken«, sagte ich. Mir wurde klar, dass ich das noch nie getan hatte. »Für alles. Herzlichen Dank.«
    Constance sah mich lächelnd an.
    »Gern geschehen, Liebes«, sagte sie. »Sehr, sehr gern geschehen.«
    Ich nickte. Dann drehte ich mich um und ging zur Tür. Ich sollte sie nie mehr lebend sehen.
    »Und ja, Claire«, rief Constance mir nach, »ich liebe dich auch.«

Dank
    I ch danke Dan Conaway, Andrea Schulz, Angus Cargill, Megan Abbott, Mark Levine, Suzanne Gran, Warren Gran, Dawn Asher und Bobby Urh für ihre Zeit, Großzügigkeit, Hilfe und Liebenswürdigkeit für dieses Buch – und für mich – während all der Zeit, die es zum Schreiben brauchte.

Über Sara Gran
    Bevor Sara Gran, geboren 1971 in Brooklyn, hauptberuflich Schriftstellerin wurde, hat sie in einer Vielzahl von Berufen gearbeitet, die aber allesamt mit Büchern zu tun hatten. Nach ausgedehnten Weltreisen lebt sie nun in Kalifornien.
    Die Stadt der Toten ist ihr erster Roman bei Droemer.

Über dieses Buch
    Hurrikan Katrina hat New Orleans verwüstet. Tausende Menschen sind obdachlos, die Häuser stehen unter Wasser und zahllose Bürger gelten als vermisst. Zu diesem Zeitpunkt kommt Privatdetektivin Claire DeWitt in ihre Heimatstadt zurück. Sie hat einen neuen Auftrag: Claire soll in diesem Chaos den verschollenen Bezirksanwalt Vic Willing finden. Kein Problem für die beste Detektivin der Welt, und so nimmt eine höchst ungewöhnliche Ermittlung ihren Lauf. Denn mit Hilfe ihres französischen Detektivhandbuchs, ihrer
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