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Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Titel: Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)
Autoren: Sara Gran
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geschnappt.«
    »Und dann hat Andray dich gefunden«, sagte ich.
    Terrell nickte. »Er kannte mich, und er kannte das Versteck. Er wusste, dass ich da schon als Kind immer hin bin. Andray wollte die Stadt nicht ohne mich verlassen. Er hat mich entdeckt, und ich habe ihm alles erzählt, und er … er hat sofort losgelegt. Zuerst sind wir zu Vic Willings Wohnung, wo er alles angefasst hat. Andray. Weil, er wusste ja, er ist nicht der Täter. Er wusste, damit lockt er alle auf eine falsche Fährte. Bloß, dass man ihn deswegen nicht verurteilen könnte. Und dann erzählt er mir, was ich getan habe. Was wir getan haben. Dass wir die ganze Zeit zusammen waren, hier und dort hingefahren sind. Er dachte sich die ganzen Kleinigkeiten aus, weil er wusste, so eine Geschichte würde niemand anzweifeln. Nicht, wo er so viele kleine Details eingestreut hatte. Dann haben wir uns ein Auto besorgt und gemacht, dass wir wegkamen. Wir sind nach Houston gefahren. Und die ganze Zeit fühle ich mich wie … wie hypnotisiert oder so. Aber Andray hat sich um alles gekümmert. Wie immer. Als wir zurückgekommen sind, hat er sich erkundigt, ob irgendjemand was wusste. Keiner hatte mich gesehen, wenigstens mein Gesicht nicht. Und als Sie angefangen haben rumzuschnüffeln, hat er alles getan, um Sie loszuwerden. Hat den Leuten verboten, mit Ihnen zu reden, hat versucht, Sie einzuschüchtern und aus der Stadt zu ekeln.«
    »Für dich wäre er ins Gefängnis gegangen«, sagte ich.
    Terrell nickte.
    »Ich weiß«, sagte er. Er holte tief Luft. »Und was kommt jetzt?«
    »Jetzt«, sagte ich, »überrede ich dich, dich zu stellen. Ich werde für deine Kaution aufkommen. Du wirst bis zur Gerichtsverhandlung eine, höchstens zwei Nächte hinter Gittern verbringen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall.«
    »Hast du in letzter Zeit genug geschlafen?«, fragte ich.
    Er antwortete nicht.
    »Gegessen?«
    Ich hatte bemerkt, wie spindeldürr Terrell war. Er sagte nichts.
    »Du bekommst dein Leben zurück«, sagte ich. »Ich weiß, es ist schrecklich. Ich weiß, dass du große Angst hast. Aber danach kannst du einen Neuanfang machen.«
    Er nickte.
    Wir saßen eine Weile reglos da.
    Manche hätten an seiner Stelle wunderbar geschlafen und gegessen. Manche hätten sich einfach verstellt. Aber er nicht. Nicht Terrell.
    »An dem Abend«, sagte Terrell, »bevor es passiert ist, meine ich. Als ich auf dem Weg zum Ufer durch die Stadt gelaufen bin. An dem Abend habe ich mich gefühlt wie ein Held. Ich dachte, ich würde Menschenleben retten. Ich hatte im Kopf ein Bild von mir. Es war wie im Film, verstehen Sie? In dem Film bin ich mit einem Boot rumgefahren, so wie er. Ich habe die Kinder vor dem Wasser gerettet, die Jungen. Alles kam mir so wirklich vor. Ich dachte, ich sehe die Zukunft.« Tränen liefen über sein Gesicht. »Ich war so … Scheiße.«
    Er wandte sich ab.
    »Du warst so glücklich?«, fragte ich.
    Terrell drehte sich wieder zu mir um und nickte weinend. »Ich habe mich richtig gut gefühlt, wissen Sie. So als hätte ich schon jemanden gerettet. So als wäre alles schon so gekommen, wie ich es in meinem Kopfkino gesehen habe, mit den geretteten Kindern und so. Ich verstehe nicht, wie …«
    Er weinte. In diesem Augenblick verstand ich, wie Vic sich bei seinem Tod gefühlt haben musste. Stolz. Zufrieden. Ganz bei sich, vielleicht zum ersten Mal im Leben.
    Aber Terrell hatte nichts davon.
    Im Truck war es kalt. Ich drehte die Heizung auf. Ich betrachtete den weinenden Terrell. Er ließ den Kopf hängen. Er wusste sich nicht mehr zu verteidigen. Er hatte seinen Stolz verloren.
    Die Tür war schon aufgestoßen. Terrell fehlte nur noch der entscheidende Hinweis.
    Es gibt keine Zufälle, nur Gelegenheiten.
    »›Stellen Sie sich vor‹«, zitierte ich Silette, »›dass sich alles, was wir als zukünftig wahrnehmen, längst ereignet hat und unsere Intuition nichts anderes ist als ein gutes Gedächtnis.‹«
    Terrell sagte nichts. Aber ich merkte, dass er zuhörte und sich beruhigte.
    »Es wird immer Überschwemmungen geben«, sagte ich und ergriff seine kalte, rauhe Hand. »Es wird immer Leute geben, die man retten muss. Und es wird nie, niemals genügend Retter geben.«
    Terrell nickte weinend. Er wusste, dass ich die Wahrheit sagte. Er wusste es, weil er immer wieder auf Rettung gehofft hatte und immer wieder ertrunken war. Niemand war je gekommen, um ihm zu helfen. Niemand außer Andray.

    Ich rief Mick an. Er kam zum Parkplatz, und
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