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Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Titel: Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)
Autoren: Sara Gran
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ich merkte, dass er mir etwas Wichtiges mitteilen wollte, »es ist ja nicht so, als wäre es nie passiert.« Die Vögel kämmten mit ihren Schnäbeln sein weißes Haar. »Das wäre sinnlos. Es ist passiert, alles davon, aber aus irgendeinem Grund lebt man trotzdem weiter. Man erinnert sich bis ins kleinste Detail daran und lebt trotzdem weiter.«
    Vic wirkte ganz zufrieden, ich hingegen wurde von einem bitteren Gefühl gepackt. Eifersucht.
    Ich schlug die Augen nieder. Meine Hände waren blutverschmiert.
    »Deine Zeit wird kommen«, sagte Vic. »Man hat dich nicht vergessen, Mädchen. Aber du musst Geduld haben. Mehr Geduld als alle anderen vielleicht. Am Ende erwartet dich eine Sensation, das verspreche ich.«
    Als ich aufwachte, wusste ich, der Fall des grünen Papageien war abgeschlossen.
    Und ich wusste auch, dass ich, genau wie Jack Murray gesagt hatte, einmal durch die Hölle musste, wollte ich mein eigenes Rätsel lösen.

58
    N ach einer Tasse Kaffee fuhr ich zum Industriekanal, um meinen Revolver hineinzuwerfen und die Waffen, die ich Andray abgenommen hatte. Zurück im Hotel, verfasste ich einen Brief, in dem ich erklärte, wer was warum getan hatte, den ich zusammen mit einer Rechnung über meine Dienstleistung in einen an Leon adressierten Expressumschlag steckte.
    Als ich meine Sachen gepackt hatte und reisefertig war, setzte ich mich noch einmal aufs Bett und rief in Washington, D. C. an.
    Meinen ursprünglichen Flug nach New Orleans hatte ich verpasst wegen des Falles, den ich damals aufklärte. Es war um einen Mitarbeiter der nationalen Sicherheitsbehörde gegangen und um eine Frau, die nicht seine Gattin war.
    Den Rückflug würde ich auf keinen Fall verpassen. Ich hatte mir einen Gefallen aufgespart für schlechte Zeiten, und die Zeiten waren grottenschlecht. Ich wollte so schnell wie möglich von hier weg und nach Kalifornien zurück.
    »Tut mir leid«, sagte der Mann am Telefon gutgelaunt, »wenn Sie keinen Termin haben, kann ich Sie unmöglich mit der Frau Senatorin verbinden.«
    Ich hatte seit drei Jahren nicht mehr mit der Senatorin gesprochen. Damals hatte ich ein Rätsel gelöst, das niemand sonst für sie hatte lösen können. Sie wollte mir nichts schuldig sein, aber sie war es dennoch.
    »Würden Sie«, sagte ich, »ihr bitte sagen, dass ich am Apparat bin?«
    »Tut mir leid, ich …«
    »Sie könnten es wenigstens versuchen«, sagte ich. »Sicher wird sie mit mir reden wollen. Schreiben Sie es einfach auf. Schreiben Sie es auf einen Zettel und …«
    »Die Frau Senatorin kann wirklich nicht …«
    »Doch, sie kann.«
    »Sie wird nicht …«
    »Doch, sie wird«, sagte ich.
    Keine Minute später hatte ich die Senatorin am Telefon.
    »Tut mir leid, Claire«, sagte sie. »Er ist eine Aushilfskraft.«
    »Ist schon gut«, sagte ich. »Hören Sie, Sie müssen mir einen Gefallen tun.«
    »Schießen Sie los«, sagte sie nüchtern.
    Ich erzählte ihr von den Problemen, die ich beim Hinflug gehabt hatte.
    »Und da dachte ich, vielleicht können Sie mir helfen?«, schloss ich. »Ich dachte, vielleicht kann ich einfach wieder ein Flugzeug besteigen, Sie wissen schon, so wie jeder andere auch.«
    »Natürlich«, sagte sie, »kein Problem. Wird erledigt.«
    »Danke«, sagte ich. »Vielen Dank. Ich bin Ihnen wirklich dankbar. Es ist leider nur so. Ich habe einen Flug für heute Abend gebucht. Einen Heimflug, von New Orleans aus. Vom Louis Armstrong Airport. Und den möchte ich wirklich nicht verpassen.«
    Sie schwieg eine Sekunde zu lang, aber dann gab sie die richtige Antwort. »Selbstverständlich«, sagte sie. »Ich werde mich drum kümmern. Ich werde persönlich am Flughafen anrufen, gleich im Anschluss an unser Gespräch.«
    »Danke«, sagte ich, »herzlichen Dank. Und eigentlich«, fügte ich hinzu, »eigentlich ist es ja wirklich nicht zu viel verlangt.«
    Die Senatorin hatte sich an mich gewandt, als niemand sonst ihr helfen wollte, als sie niemandem mehr vertrauen konnte. Ist schon seltsam, wie schnell die Leute vergessen. Und wie wütend sie werden, wenn man sie daran erinnert. Man könnte meinen, ich wäre damals diejenige gewesen, die ihre Tochter in die Opiumhöhle verschleppt hatte.
    »Sie haben recht«, sagte sie zähneknirschend. »Natürlich haben Sie recht, Claire. Ich werde mich drum kümmern. Auf der Stelle.«
    Wir bedankten uns noch einmal, und dann legte ich auf.
    Ich nahm meinen Koffer. Ich fühlte mich, als wären meine Knochen aus Blei und mein Blut aus Öl.
    Das ist der
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