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Die Stadt am Ende der Zeit

Die Stadt am Ende der Zeit

Titel: Die Stadt am Ende der Zeit
Autoren: Greg Bear
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Kapazität und Rechengeschwindigkeit diese Aufgabe für uns erledigen. Und damit verlassen wir das Gebiet der Philosophie und treten in das Reich der Science Fiction ein.
    Unsere moderne Quantenwelt schließt solche rationalen Vorhersagen offenbar aus. Man kann Ort und Impuls eines Teilchens nicht gleichzeitig bestimmen, wie wir erfahren mussten – und die bisherigen Experimente bestätigen Heisenbergs berühmte Unschärferelation. Diese Unbestimmbarkeit wurde
schon auf vielfältige Weise erläutert und beschrieben. Die »Viele-Welten«-Interpretation der Quantenmechanik besagt, dass es bei jeder Zustandsveränderung eines Teilchens eine sehr große, vielleicht sogar unendliche Anzahl von »Zweigen« oder alternativen Zuständen gibt, die zu einer sehr großen, vielleicht sogar unendlichen Anzahl alternativer Welten führen. (In dem vorliegenden Roman liegt dieses Konzept der Möglichkeit von »Schicksalswandlung« und »Glücksjagd« zugrunde – dem Springen von einer Weltlinie zur nächsten. Allerdings ist meine Version der »Viele-Welten«-Theorie nicht nur organischer, sondern auch viel verzwickter.) Nach dieser Theorie ist das Universum oder Multiversum eine riesige Ansammlung von Weltlinien, und jede Einzelne davon verzweigt sich wieder und wieder – ad infinitum .
    Bis ins Unendliche. Und dieser Gedanke ist viel erschreckender als der an eine Bibliothek von Babel.
    Noch beängstigender ist der Ausblick auf unendlich viele Universen, in denen unterschiedliche physikalische Gesetze und Konstanten herrschen. Etliche Physiker gehen allerdings davon aus, dass diese scheinbar unendlichen Universen aufgrund bestimmbarer Regeln in Wirklichkeit zu einer Endlichkeit kollabieren können: Übrig würden dann diejenigen bleiben, die den höchsten Grad von Logik und Simplizität aufweisen oder die »geringste Energie« erfordern. (Man könnte sie vielleicht auch als diejenigen bezeichnen, die man am leichtesten berechnen kann – was ja sehr praktisch wäre!)
    Andere Wissenschaftler haben die These vertreten, es könnten nur solche Universen Bestand haben, welche die Existenz von Beobachtern wie uns Menschen ermöglichen (das »anthropische Prinzip«). Alle anderen Universen oder Zweige seien
nur »virtuell« vorhanden, jedoch niemals ganz real, und verschwänden entweder schnell im Quantenschaum oder hätten einfach keine Bedeutung.
    In meinem Roman beschreibt ein Protagonist die »dunkle Materie« als etwas, das »nur darauf wartet, in Erscheinung zu treten«. Vielleicht hat sich in diesem Satz das »Viele-Welten«-Konzept niedergeschlagen, doch da meine Romanfigur viel größere praktische Erfahrung mit diesen Dingen hat als ich selbst, ist es nicht ganz einfach zu begreifen, was genau sie damit meint.
    Es gibt noch andere Arten von Universalbibliotheken. Beispielsweise kann man sich auch eine »Bilderbibliothek« vorstellen, in der alle möglichen Variationen einer Matrix von 1000 × 1000 Bildpunkten enthalten sind, wobei jedes Pixel eine Farbe aus 25 möglichen hat. Seltsamerweise würde diese Bilderbibliothek als Teilmenge auch die oben beschriebene Universalbibliothek von Texten umfassen, denn sie würde halbwegs hochauflösende Bilder jeder einzelnen Buchseite jedes einzelnen Buches einschließen (allerdings nicht die Kombination dieser Seiten, die man – zu einzelnen Büchern verbunden – in der Bibliothek von Babel finden würde).
    Umgekehrt würde die Universalbibliothek von Texten verbale Beschreibungen jedes einzelnen Farbbildes enthalten, und zwar in vielen verschiedenen Sprachen und Kodierungen!
    Bei solchen Überlegungen wird einem schnell klar, dass jene unerschrockenen Gemüter, die all das erforschen und lesen möchten, kein einziges Buch, Bild oder Kompendium einfach als unwichtig abtun könnten, so riesig diese Bibliotheken auch sein mögen. Scheinbar zufällige Zusammenstellungen von Buchstaben oder Bildpunkten könnten ja geheime Bedeutungen in
sich bergen, etwa die Koordinaten eines Bildes oder auch versteckte Hinweise auf andere Quellen innerhalb der Bibliothek, zum Beispiel den vollständigen Bestandskatalog. Innerhalb dieser scheinbar »lesbaren« Texte könnten Chiffren und Anhaltspunkte zu finden sein, die selbst Martin Gardners berühmten Dr. Matrix 3 über eine sehr lange Lebensspanne hinweg bei Laune hielten, denn sie würden seiner unersättlichen Neugier jede Menge Stoff liefern.
    Zweifellos würden viele Stränge auf nicht-alphabetische Texte verweisen und dabei kombinierte Symbole
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