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Die Spur fuehrt nach Tahiti

Die Spur fuehrt nach Tahiti

Titel: Die Spur fuehrt nach Tahiti
Autoren: Alfred Weidenmann
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schneeweißen Jacken, rechts eine riesige Reklamefront von Mitsubishi und links von Toyota. In der Mitte der Längswand hing eine Fahne mit der roten Sonne im weißen Feld. Die Sessel für die Passagiere waren breit und braun gepolstert. Aber die meisten von ihnen setzten sich nicht. Nach dem langen Flug vertraten sie sich lieber die Beine.
    Die jungen Burschen der Fußballmannschaft standen in einer Gruppe zusammen. Der Längste von ihnen versetzte gerade einem Kleineren einen Schubs, und der versetzte wieder dem andern einen Schubs. Jetzt geriet das gesamte Team ins Kichern, und dann wieherte es schallend los.
    Ein paar japanische Geschäftsleute saßen auf den Barhockern und guckten in ihre Zeitungen, die sie von rechts nach links lasen und von oben nach unten. Wenn sie eine Seite umblätterten, taten sie das von hinten nach vorn.
    Die Air-France-Maschine war auf die Minute pünktlich.
    Man hatte sehen können, wie sie durch den Regen angekommen war und wie ihre Triebwerke das Wasser über den Beton gefegt hatten.
    Die leise Musik, die bisher aus dem Lautsprecher gekommen war, wurde ausgeblendet, und eine weibliche Stimme sagte es zuerst auf japanisch und dann noch in ein paar anderen Sprachen: „Ihr Flugzeug nach Tahiti ist zum Einsteigen bereit.“

Unerwartete Hilfe

    Diesmal war das Flugzeug so voll wie eine Ölsardinenbüchse.
    Ekke hatte einen Platz so etwa in der Mitte erwischt, und wenn er aus dem Fenster blickte, war eine der Tragflächen direkt vor ihm. In den zwei Sitzen nebenan saßen eine Frau und ein Mann, die beide zu der Reisegruppe gehörten, die ja schon seit Frankfurt mit dabei war.
    Die Frau hatte ein damenhaftes Gesicht, einen ziemlich komplizierten Haaraufbau und einen Mund, der immer so aussah, als pfeife sie gerade irgendeine lustige Melodie vor sich hin. Der Mann dagegen hatte ein absolut humorloses und viereckiges Gesicht mit einer goldgefaßten Brille.
    Die Maschine flog über einer flachen Wolkendecke, die bis zum Horizont ging. Die Sonne war schon bis zur Hälfte in sie eingetaucht, man hatte die Bordbeleuchtung eingeschaltet und servierte das Abendessen.
    „Oh, schönen Dank, meine Liebe“, sagte die Dame neben Ekke Krumpeter, als die Stewardeß das kleine Tischchen vor ihr umklappte und ein Tablett mit Hummersalat, einem Kalbssteak und Gemüse draufstellte. Alles sehr hygienisch in durchsichtiges Zellophan eingepackt.
    „Und was trinken Sie?“ fragte die junge Stewardeß von der Air France. „Wein, Champagner oder einen Obstsaft?“
    „Wenn Sie mich so fragen, dann schädige ich die Fluggesellschaft und nehme Champagner“, kicherte die Dame.
    Der Mann neben ihr begnügte sich mit Mineralwasser.
    „Vielen Dank, aber ich hab’ beim besten Willen keinen Appetit“, Krumpeter schüttelte den Kopf, als die Stewardeß auch ihm ein Tablett herüberreichen wollte. „Vielleicht später einen Kaffee.“ Er blieb sitzen, wie er saß, die langen Beine ausgestreckt und die Füße übereinandergelegt.
    Schon seit dem Start in Tokio konnte er an nichts anderes denken als an die Paßkontrolle und den Zoll, die ihn in Papeete erwarteten. Seine Phantasie hüpfte hin und her wie ein aufgeregter Wellensittich in seinem Käfig. Einmal stellte er sich vor, wie alles gutging, aber fast im gleichen Moment legte ihm ein dunkelhäutiger Polizist, an dessen Koppel Handschellen baumelten, seine Hand auf die Schulter. Und gleich hinterher malte er sich aus, wie ihm genau derselbe Polizist freundlich lächelnd seinen Paß zurückgab. Er hatte ein quälendes Gefühl im Magen, und er hätte jetzt keinen und auch nicht den kleinsten Bissen schlucken können. Es war ein Märchen, daß man seine Angst beherrschen konnte. Angst war Angst, und sie bewirkte einen trockenen Mund und das wilde Verlangen davonzulaufen. Aber das konnte er jetzt nicht mehr.
    „Wir starten mittags in Tokio und sind morgens am gleichen Tag in Tahiti“, sagte zwischendurch die Dame von der Reisegesellschaft zu ihrem Nachbarn. „Das geht um alles in der Welt nicht in meinen Kopf.“ Sie nippte an ihrem Champagnerglas. „Man kann doch nicht einen Tag früher ankommen, als man abgeflogen ist.“ Wenn sie sich bewegte, gab es jedesmal ein sanftes Geklingel von einem halben Dutzend Emailreifen, die sie an den Handgelenken trug.
    „Die Zeitverschiebung, meine Gnädigste, und die Datumsgrenze“, erwiderte der Mann mit dem viereckigen Gesicht, während er in seinem Hummersalat herumstocherte. „Wir überfliegen die Datumsgrenze“,
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