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Die Spur des Tieres

Die Spur des Tieres

Titel: Die Spur des Tieres
Autoren: Vampira VA
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wollen. Warum sonst hätte ausgerechnet er auf das Treiben dieser Männer aufmerksam werden sollen, als er in Sorge um seine Geliebte Kristine in deren Elternhaus eingedrungen war und dort die ganze Familie in große Spinnenkokons eingewoben vorgefunden hatte .?
    Spinnen .
    Diese Tiere (die Tobias erst seit jener Nacht als garstiges Getier empfand) spielten scheint's eine höchst wichtige Rolle in der Sach', die sich ihm zu Füßen zutrug und noch lange nicht zu Ende war.
    Die Frau, die mit einem der drei unheimlichen Kerle dort am Altar im Sturmwind aus dem Nichts gekommen war, hatte gerade auf Beliers Geheiß hin das Kirchenportal geöffnet - - und nun floß es im Mittelgang dahin wie ein zäher Strom aus körnigem Brei.
    So wenigstens erweckte es den Eindruck von Tobias' erhöhter Warte aus.
    Tatsächlich aber war es eine Flut von Hunderten, vielleicht Tausenden Spinnen, die allesamt dem Altar zukrochen, und jede von ihnen zog von draußen her einen glitzernden Faden nach sich, die nicht abrissen, obschon sie sich ineinander verwickelten und verknoteten.
    Trotzdem Tobias jedes Wort und selbst die Stimme Charles Beliers zutiefst anwiderte, seitdem er um dessen wahres Wesen wußte, empfand er eine Art absurder Dankbarkeit dafür, daß der gebrechliche Tuchhändler nun endlich wieder sprach. Denn das knackende und knisternde Schaben, mit dem die Spinnenleiber aneinanderrie-ben und das die Kirche wie ein jenseitiges Flüstern erfüllte, war noch um vieles grausiger anzuhören.
    »Seht sie euch an«, sagte Belier heiser und voll von unbegreiflicher Ehrfurcht, während er mit zittriger Geste den Gang hinabwies. »Sind sie nicht wunderbar anzuschauen?«
    Er wandte sich den Dreien zu, die bislang nur stumm dagestanden hatten. Stumm, aber keineswegs unauffällig. Im Gegenteil - Tobias Augenmerk hatte ihnen die ganze Zeit über sogar in besonderer Weise gegolten.
    Denn von ihnen ging spürbar der verdorbene Brodem aus, der das Gotteshaus erfüllte und mehr noch entweihte, als es die Verhüllung aller christlichen Symbole vermochte. Ihre Ankunft hatte die Kirche vollends ihres eigentlichen Sinns beraubt und sie zu einem Ort gemacht, der ganz und gar unheilig war - mehr noch: Die Gegenwart der Drei hatte alles, wofür dieses Bauwerk stand, ins Gegenteil verkehrt. Und das mochte man durchaus wörtlich nehmen können.
    Dabei war an den drei Gestalten dem bloßen Augenschein nach nichts wirklich Absonderliches. Freilich, es waren finstere Gesellen, denen Verschlagenheit und Boshaftigkeit wie mit flammender Schrift auf die Stirne geschrieben stand. Aber trotzdem konnte man Männern ihrer Art auch draußen überall begegnen.
    Und noch etwas fiel Tobias an den Dreien auf: Sie wirkten, trotz der fast greifbaren Bedrohung, die ihnen anhing, müde. Regelrecht erschöpft sogar, beinahe schon krank. In recht ähnlicher Weise wie Charles Belier, auch wenn sie nicht in solchem Maße vom Siechtum gezeichnet waren wie der Tuchhändler.
    Aber wenn Tobias Stifter den Alten recht verstanden hatte, dann waren die Drei aus eben diesem Grunde nach Heidelberg gekommen: Damit ihre Schwäche eine Ende fand .
    Belier trat nun also zu den drei Männern hin, faßte zwei von ihnen an den Schultern und drängte sie dem dritten zu.
    »Es ist soweit«, sagte er. »Stellt euch hin, wie es sein muß, auf daß es beginnen kann - eine neue Zeit soll anbrechen.«
    Er schöpfte sichtlich Atem, ehe er weitersprach, laut und erfüllt von unheimlicher Kraft.
    »EURE Zeit, VATER!«
    Die drei Männer stellten sich mit den Gesichtern zueinander hin und reichten sich die Hände. Ihre Finger verschlangen sich ineinander - doch nur für einen Augenblick. Dann - verschmolzen sie miteinander! Als bestünden sie aus weichem Wachs, wurden je zwei Hände eins. Und schließlich verschwanden ihre Hände vollends, so daß ihre Arme wie miteinander verwachsen waren. Aber auch die bildeten sich zurück, soweit, bis die Drei buchstäblich Schulter an Schulter dastanden!
    Ganz nah waren ihre Gesichter nunmehr beieinander, und auch mit deren Zügen geschah Unfaßbares. Als zerrten unsichtbare Finger an den Wangen, Nasen und Lippen, wurden sie aufeinander zugezogen und wuchsen zusammen, bis sie eine fleischfarbene Einheit waren, deren Form sich fortwährend veränderte, als kochte sie in höllischer Hitze.
    Derweil drehte Charles Belier sich dem Spinnenheer zu, das wie vor einer imaginären Schwelle Halt gemacht hatte, kaum einen Schritt von den Stufen zum Altarraum entfernt.
    Belier
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