Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Spur der verlorenen Kinder

Die Spur der verlorenen Kinder

Titel: Die Spur der verlorenen Kinder
Autoren: T.J. MacGregor
Vom Netzwerk:
Boden, schoss nach vorne. Das ist für Rusty, du Scheißkerl. Und sie stieß mit dem Messer zu, sie zielte auf seinen Nacken. Aber er musste sie im Rückspiegel gesehen haben, denn er zuckte plötzlich, und das Messer landete in seiner Schulter und traf auf Knochen. Er schrie, und der Bus kurvte wie verrückt nach links. Annie knallte wieder gegen die Seitentür. Sie tastete nach dem Griff, drückte ihn, aber er gab nicht nach. Die Tür klemmte, lieber Gott, sie klemmte. Ihre einzige Chance war jetzt das Rückfenster.
    Sie kroch panisch zum hinteren Ende des Busses, hinweg über die Vorräte, die Glasscherben, der Bus kurvte immer noch über die Straße. Sie schob sich durch das Fenster, die Scherben ratschten über Hände und Arme, über ihre Beine, und plötzlich packten Hände ihre Arme, und ihre Mutter rief: »Halt dich fest, Annie, halt dich an mir fest!«
    Dann mähte der Bus das Geländer der Brücke nieder und fuhr einfach weiter.
    Ihre Mutter zog sie hoch in ihre Arme, und sie sprang mit Annie vom Bus.

10
    Der Bus flog durch die windgepeitschte Dunkelheit, und Wheaton riss das Messer aus seiner Schulter, öffnete die Fahrertür und sprang.
    Es schien ewig zu dauern, obwohl er wusste, dass es nur Sekunden waren. Und in diesen wenigen Sekunden streckte er sich nach seinem jüngeren Selbst und fand den Jungen noch am Leben, er floh auf einem Boot, er raste in den Golf hinaus. Es war nicht so sehr eine neue Erinnerung wie in Wahrheit eine lebende, atmende Verbindung, Mann zu Junge, Junge zu Mann, eine Seele für beide, und er übergab ihm alles, was er wusste über das schwarze Wasser, den Korridor, die Zeit.
    Er schlug auf dem Wasser auf, das Wasser schloss sich über seinem Kopf. Lauf, schrie er seinem jüngeren Selbst zu. Das schwarze Wasser gehört dir.

11
    Der Himmel nahm die Farbe vulkanischer Asche an, als der Hubschrauber dort auf der Brücke landete, wo Wheatons Bus durch das Geländer geschossen war. Sheppard sprang heraus und rannte hinüber zu den Resten des Geländers. Er sah hinunter. Dunkle Schatten unter der Brücke. Er sah weder den Bus, noch Mira, Annie oder Wheaton.
    Wie der jüngere Wheaton schienen auch sie verschwunden zu sein.
    Verzweifelt und das Schlimmste befürchtend, eilte Sheppard die Brücke hinunter zu der winzigen Sandsichel, die sich darunter befand. Er rief, aber der Wind riss seine Stimme weg, als er um die Pfosten pfiff und hinaus zur See heulte. Dann sah er sie, auf dem Sand aneinandergedrückt.
    Sheppard rannte auf sie zu, und plötzlich wurde ihm klar, dass das Ding, was aus dem Wasser gestampft kam, Wheaton war, er umklammerte etwas mit der rechten Hand. Er lief zügig auf Annie und Mira zu, aber sie sahen ihn nicht. Sheppard rannte den Strand entlang, er wagte nicht zu schießen, denn er fürchtete, Mira oder Annie zu treffen, und er konnte nicht rufen, weil Wheaton, der ihn noch nicht gesehen hatte, ihn dann hören würde.
    Er war fünfzehn Meter von Mira und Annie entfernt.
    Zehn Meter.
    Sheppard wusste, dass er es nicht rechtzeitig schaffen würde. Er ließ sich auf die Knie fallen, zielte, drückte ab. Der Schuss peitschte durch die nasse Dunkelheit und verhallte unter der Brücke. Wheaton taumelte zurück, wandte sich um, taumelte erneut und brach dann im Sand zusammen. Sheppard lief zu Wheatons Körper, zielte mit der Sig auf seinen Kopf, trat ihm das Klappmesser aus der Hand. Mira und Annie erreichten Sheppard, der ihnen jedoch signalisierte zurückzubleiben. Annie gehorchte, Mira nicht.
    Sie kam zu Wheaton, kauerte sich hin, drehte ihn um. Seine Augen standen offen, er war noch am Leben, wenn auch knapp. Blut sickerte ihm aus den Mundwinkeln, aus den Nasenlöchern, sein Atem ging schleppend. »Den jungen Patrick verloren … was, Sheppard?«
    »Meine Hoffnung ist, Wheaton, dass er mit dir zusammen stirbt.«
    Wheatons blutiger Mund verzerrte sich zu einem grauenvollen Grinsen, dann endete sein Leben.

12
    Als Mira ihre Hand auf Wheatons Kopf legte, trat sein Geist, seine Seele, sein Phantom-Selbst aus seinem Körper aus und sah sich um. Sie zuckte zusammen und starrte ihn an. Er stand auf und wandte sich um. Er sprang zurück, als er sie sah, sein Blick huschte von ihr zu Sheppard, dann zu Annie, die in einiger Entfernung saß.
    »Was ist das?«, flüsterte Sheppard.
    »Er. Wheaton«, flüsterte sie zurück.
    Wheaton schaute schließlich hinunter auf seinen eigenen Körper, und ein Ausdruck allumfassenden Entsetzens erfasste sein Gesicht. »Du bist tot«, sagte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher