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Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)

Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)

Titel: Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)
Autoren: Nick Brownlee
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Cashew-Bäumen. Die ganze Szenerie war so alltäglich, dass das, was nun gleich passieren sollte, noch viel irrealer schien.
    Jake sah den Körper aus dem Augenwinkel. Mit einer Hand packte er Jouma am Arm und riss ihn zur Seite. Der Reflex kam instinktiv und rettete dem kleinen Inspector wahrscheinlich das Leben – denn Lol Quarrie wog über hundert Kilo und hätte ihn zermalmt, wenn er auf ihm gelandet wäre. Stattdessen schlug der Körper hart auf dem Zementboden auf, keine anderthalb Meter vor ihren Füßen.
    Später sollte Jake es seltsam finden, dass er nicht in erster Linie darauf geachtet hatte, wie Lol Quarries Schädel zerplatzte und ihn mit Blut und Hirnmasse bespritzte, sondern vielmehr darauf, wie eigenartig es doch war, dass das schicke Sakko und die Flanellhose des toten Mannes so schmutzig und seine Fingernägel zu blutigen Stumpen abgebrochen waren.

Zweiter Tag
    3
    S ie kann nicht sagen, wie viele Tage sie schon allein hier unten im Dunkeln sitzt. Vielleicht drei. Vielleicht auch zehn. Normalerweise wären Hunger und Durst ein guter Anhaltspunkt, aber sie hat sich ein Leben lang dazu erzogen, Essen und Trinken mit Gleichgültigkeit zu betrachten. Beides ist zwar lebenswichtig, aber andererseits braucht man nur sehr wenig, um zu überleben.
    Alles, was darüber hinausgeht, ist Völlerei, und Völlerei ist Sünde.
    Sünde. Ist sie deswegen hier gelandet? Als Strafe für ihre Todsünden? Wenn ja, dann ist dieser Ort sehr passend gewählt. In der erdrückenden, totalen Finsternis kann sie nur dem Geräusch des tropfenden Wassers lauschen und über ihre Verfehlungen nachdenken.
    Mittlerweile fühlt sie auch keinen Schmerz mehr. Ihre Hände, die über ihrem Kopf an eine Art Metallhaken gefesselt sind, sind schon vor einer geraumen Weile abgestorben. Ihre Knie sind aufgescheuert von dem rauhen Steinboden, auf dem sie kniet, und inzwischen ebenfalls taub. Die feuchte Kühle auf ihrer nackten Haut nimmt sie schon gar nicht mehr wahr. Das Einzige, was sie im Moment ein wenig unangenehm findet, ist der dumpfe Muskelschmerz im Nacken, der daher rührt, dass sie ihren Kopf aufrecht halten will.
    »Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.«
    Die Worte des Psalms 121 trösten sie in diesen Stunden der Not, wie alle Psalmen, die sie seit ihrer Einkerkerung aus dem Gedächtnis und in ihrer numerischer Reihenfolge aufgesagt hat, vorwärts und rückwärts, immer und immer wieder.
    »Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele.«
    Aber in ihren pragmatischeren Momenten fragt sie sich doch, wer sie hier gegen ihren Willen gefangen hält – und warum. Dann geht sie abermals die Ereignisse durch, die zu dem Moment führten, in dem sie in diesem pechschwarzen Gefängnis aufwachte.
    Sie sieht sich durch die engen, belebten Gassen der Altstadt eilen, leicht gebückt in ihrer schweren rot-weißen Kutte. Die Leute grüßen sie mit ehrerbietigem Nicken und Lächeln, aber sie hat keine Zeit für sie. Sie ist schon ein bisschen spät dran für ihre Verabredung. Ja – das ist es! Eine wichtige Verabredung, die letzte in ihrem gedrängten Terminkalender. Sie kann es nicht ausstehen, zu spät zu kommen. Für sie ist Pünktlichkeit das Zweitwichtigste auf der Welt – gleich nach Gott.
    Wo ist sie jetzt? Genau. Der überlaufene Platz im Schatten des portugiesischen Forts. Schnell, schnell. Sie überquert den Platz und schlängelt sich zwischen den Touristenmengen durch. Hundert Meter weiter sieht sie das weiße Minarett der Mandhry-Moschee in der Mbaraki Road aufragen. Wenn man noch ein Stück weitergeht, gelangt man zum Government Square und dem Dhau-Hafen, und dort muss sie hin.
    »Schwester Gudrun.«
    Sie bleibt stehen. Die Stimme ist nicht mehr als ein heiseres Zischen, das man in dem ganzen Treiben kaum wahrnimmt. Oder hat sie es sich nur eingebildet?
    Nein – da ist es wieder. Heiser und keuchend.
    »Hier, Schwester.«
    Die Stimme kommt aus einem Durchgang zwischen zwei Gebäuden, wo die Mbaraki Road auf den Platz mündet. Die Gasse ist so schmal, dass man sie um ein Haar übersehen könnte. Jedes bisschen gesunder Menschenverstand in ihr brüllt, dass sie ihre Schritte nicht dort hinlenken, sondern zu ihrer Verabredung weitergehen soll.
    Aber irgendetwas an der rauhen Stimme kommt ihr bekannt vor …
    »Wer spricht da? Wer sind Sie?«
    »Kommen Sie näher, Schwester.«
    Als sie in den Durchgang tritt, sieht sie eine
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