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Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)

Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)

Titel: Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)
Autoren: Nick Brownlee
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nach einer Weile verblassen.
    Zum Beispiel, wenn man angeschossen worden war.
    Früher hatte er einmal geglaubt, dass ihm jede Nacht seines Lebens das weiße, verängstigte Gesicht eines achtzehnjährigen Kleingangsters aus Ost-London namens Ronnie Cavanagh nachspuken würde. Damals sah er die geladene Pistole jede Nacht ebenso deutlich vor seinem inneren Auge wie an jenem Tag vor fünf Jahren, und er hörte die Explosion, als Cavanagh abdrückte. Doch jetzt kam es ihm fast so vor, als hätte die Kugel jemand anders zerfetzt. Manchmal musste Jake mit den Fingern über die unregelmäßige Narbe auf dem Bauch fahren, um sich zu überzeugen, dass das alles wirklich passiert war.
    Tage wie dieser halfen dabei natürlich. Das Meer war die reinste Therapie und die Yellowfin eine Vertraute. Deswegen hatte er damals die Polizeitruppe verlassen und war ins nächste Flugzeug nach Kenia gestiegen, nachdem er in den Kleinanzeigen Harry Philliskirks Annonce gelesen hatte, in der ein gleichgesinnter Geschäftspartner gesucht wurde.
    Und wenn alle Stricke rissen, war da immer noch ein Ernie in seinem Kampfstuhl, der ihn auf Trab hielt.
    »Entschuldigung«, meldete sich eine Stimme von hinten, »aber ich glaube, ich hab einen Hai gefangen.«
    »Okay.«
    Jake steckte sich eine Zigarette an. Seine finanziellen Sorgen wären längst Vergangenheit, wenn er einen Dollar für jedes Mal bekommen würde, da er diesen Satz hörte. Für die Europäer mit ihren teigigen Gesichtern, die ihr Lebtag nichts anderes als tiefgefrorenen Kabeljau und Schellfisch gesehen hatten, fühlte sich schon das Gewicht eines anbeißenden Fächerfischs an wie ein Weißer Hai. Harry hatte sie »Ernies« getauft. »Jeder von denen hält sich für Ernest Hemingway«, meinte er immer. »Und jede Sprotte, die sie aus dem Wasser ziehen, verwandelt sich in einen Hundertvierzig-Kilo-Marlin, sobald sie am Montagmorgen wieder ins Büro kommen.«
    »Äh … entschuldigen Sie …«
    »Ja, ich komm schon.«
    Jake tröstete sich mit dem Gedanken, dass dies vorerst der letzte Ernie war, den er unter die Fittiche nehmen musste. Morgen wollte er mit der Yellowfin zu Missy Merediths Werkstatt fahren, um sich zu erkundigen, wie viel neues Leben eine Totalüberholung so einem Kahn nach fünfzehn Jahren harter Arbeit einhauchen konnte. Mit zwei neuen Turbodiesel-Motoren, neuen Kabeln, gereinigter Hydraulik und einer Brücke mit UKW-Funkgerät, GPS und Sonarsystem zur Ortung von Fischen sowie funkelnagelneuen Geräten im Wert von mehreren hundert Dollar würde ihm die Yellowfin plötzlich vorkommen wie ein ganz neues Boot.
    Danke, Martha.
    Er zog kräftig an seiner Zigarette und konnte förmlich hören, wie ihn Martha Bentley fürs Rauchen ausschimpfte. Er musste in sich hineinlachen, als er sich ihre selbstgerechte Miene vorstellte. Keine Frage, er vermisste sie – und das nicht nur, weil sie versprochen hatte, ihm aus der Patsche zu helfen, indem sie die Lebensversicherungssumme ihres ermordeten Vaters in sein dahinsiechendes Charter-Unternehmen steckte.
    Nicht zum ersten Mal überlegte er, was wohl passieren würde, wenn sie in ein paar Wochen wieder aus New York zurückkam, um ihre Investitionen zu überwachen. In der kurzen Zeit ihrer Bekanntschaft hatte er unzweifelhaft feststellen können, dass die Chemie zwischen ihnen stimmte, und außerdem musste er zugeben, dass er sich selten so wohl gefühlt hatte in Gesellschaft einer Frau. Aber hieß das auch, dass sie jemals mehr werden würden als Geschäftspartner?
    »Entschuldigung – aber ich glaube echt , Sie sollten mal herkommen und sich das angucken.«
    »Bin schon unterwegs, Kumpel.«
    Gott, wem wollte er hier eigentlich was vormachen? Mit seinen fünfunddreißig Jahren war Jake mehr als zehn Jahre älter als sie. Ein dämlicher Exbulle, der in seinem Leben ein paarmal zu oft versagt hatte. Martha hingegen war klug, frech und schön – und diese Art weiblicher Wesen kannte er nur aus Filmen über kluge, freche Frauen, denen er nach Möglichkeit aus dem Weg ging.
    Manches ließ man eben lieber im Reich der Phantasie.
    »Mr.Jake – ich glaube, der Boss braucht Hilfe.«
    Der Ruf von Sammy, dem Schiffsjungen, riss ihn aus seinen Träumen, und er blickte von der Brücke nach unten. Der Ernie war ein englischer Lehrer mittleren Alters, dem langsam, aber sicher die Haare ausgingen. Seine Frau und seine Tochter hatten ihm einen halbtägigen Angelausflug mit dem zukünftigen Schwiegersohn geschenkt, damit die beiden sich ein
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