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Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren
Autoren: Iain Banks
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späten Nachmittags aufragen, als der müde Mersicor noch langsamer wurde. Er hielt vor dem Gebäude an, stieg ab und ließ die Zügel los. Eine weitere laute Explosion erschreckte das Tier, und mit einem klagenden Blöken trabte es davon. Ferbin hätte vielleicht entschieden, ihm zu folgen, wenn seine Hose nicht voller Kot gewesen wäre.
    Durch eine schief in den Angeln hängende Tür watschelte er ins Gebäude, auf der Suche nach Wasser und einer Möglichkeit, sich zu säubern. Sein Diener hätte gewusst, worauf es nun ankam. Choubris Holse hätte ihn schnell in Ordnung gebracht, mit reichlich Gebrumm und Gegrummel, aber doch auf eine sehr tüchtige Weise, und ohne verborgenen Spott.
    Ferbin begriff plötzlich, dass er unbewaffnet war. Der Mersicor hatte sich mit seinem Gewehr und dem Zeremonienschwert auf und davon gemacht. Und die Pistole, das Geschenk seines Vaters … Er hatte geschworen, sie erst dann beiseitezulegen, wenn der Krieg zu Ende war, und jetzt steckte sie nicht mehr im Halfter.
    Er fand Wasser und einige alte Lappen, säuberte sich damit, so gut es ging. Seine Feldflasche hatte er noch, aber sie war leer, enthielt keinen Wein mehr. Ferbin füllte sie in einer tiefen Mulde im Boden, durch die Wasser floss, spülte seinen Mund aus und trank. Er versuchte, sein Spiegelbild in dem dunklen Wasser zu erkennen, doch das gelang ihm nicht. Er tauchte die Hände hinein, strich mit den Fingern durchs lange, blonde Haar und wusch sich dann das Gesicht. Immerhin galt es, auf das Erscheinungsbild zu achten. Von König
Hausks drei Söhnen hatte er die größte Ähnlichkeit mit ihrem Vater: groß, blond, attraktiv, mit einem stolzen, männlichen Gebaren (so meinten die Leute; er selbst kümmerte sich nicht um solche Angelegenheiten).
    Jenseits des dunklen, verlassenen Gebäudes tobte weiter die Schlacht, als Pentrls Licht vom Himmel wich. Ferbins Zittern hörte nicht auf, und er roch nach Blut und Exkrementen. Es war undenkbar, dass ihn jemand in diesem Zustand fand. Und der Lärm! Man hatte ihm gesagt, dass die Schlacht schnell zu Ende gehen würde, mit einem Sieg, aber sie dauerte noch immer an. Vielleicht verloren sie. Wenn das der Fall war, sollte er sich besser versteckt halten. Ferbin dachte an die Möglichkeit, dass sein Vater auf dem Schlachtfeld gefallen war – sein Tod hätte ihn zum neuen König gemacht. Eine zu große Verantwortung; er durfte sich erst zeigen, wenn er sicher sein konnte, dass sie den Sieg errungen hatten. Er suchte sich oben einen Platz zum Schlafen, fand aber keine Ruhe. Immer wieder sah er, wie General Yilim direkt vor ihm auseinanderplatzte und ihn mit einem Regen aus Fleischbrocken überschüttete. Er übergab sich noch einmal und trank anschließend aus der Feldflasche.
    So dazusitzen, den Mantel eng um sich geschlungen … Allein dadurch fühlte er sich etwas besser. Bestimmt kam bald alles in Ordnung, sagte er sich. Er würde abseits der Dinge bleiben, für den einen oder anderen Moment, bis er sich beruhigt und wieder gefasst hatte. Und dann würde er sich einen Überblick über die Lage verschaffen. Er war noch nicht bereit, König zu sein. Als Prinz hatte ihm das Leben gefallen. Es machte Spaß, Prinz zu sein, doch als König schien man hart arbeiten zu müssen. Außerdem: Sein Vater hatte allen
Leuten, die ihm begegneten, den starken Eindruck vermittelt, dass er mit absoluter Gewissheit ewig leben würde.
    Irgendwann musste Ferbin eingenickt sein. Von unten kommende Geräusche weckten ihn: Geklapper und Stimmen. Im Halbschlaf glaubte er, einige von ihnen zu erkennen. Sofort fürchtete er, entdeckt zu werden, vom Feind gefangen oder vor den Soldaten seines Vaters in Verlegenheit gebracht. Wie tief er in so kurzer Zeit gefallen war! Vor der eigenen Seite ebenso viel Angst zu haben wie vor dem Feind! Stiefel mit Metallbeschlägen klackten auf den Stufen. Entdeckung stand unmittelbar bevor!
    »In den oberen Stockwerken ist niemand«, ertönte eine Stimme.
    »Gut. Legt ihn dorthin. Doktor …« (Es folgten Worte, die Ferbin nicht verstand. Er dachte noch immer darüber nach, wie er im Schlaf der Entdeckung entgangen war.) »Nun, geben Sie sich alle Mühe. Bleye! Tohonlo! Reitet los und holt Hilfe, auf mein Geheiß.«
    »Sir.«
    »Sofort.«
    »Priester, Bereitschaft.«
    »Der Gepriesene, Sir …«
    »Wird zweifellos zu gegebener Zeit bei uns sein. Derzeit sind Sie dran.«
    »Natürlich, Sir.«
    »Was die anderen betrifft … Hinaus mit euch. Wir brauchen hier
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