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Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren
Autoren: Iain Banks
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der Wunde. Der König heulte.
    »Und hier sind wir beim Herzen der Sache«, sagte tyl Loesp. Er brummte und drehte die Hand in der Brust des Mannes. Der König schrie ein letztes Mal, beugte den Rücken und sackte dann in sich zusammen. Der Körper zuckte noch mehrmals, und Geräusche drangen zwischen den Lippen hervor. Doch sie ergaben keinen Sinn, und nach einigen Sekunden herrschte Stille.
    Ferbin starrte durch den Spalt im Boden nach unten. Er fühlte sich erstarrt, wie jemand, der in Eis gefangen war. Keine seiner bisherigen Erfahrungen und Erlebnisse hatten ihn auf dies vorbereitet.
    Es knallte plötzlich, und der Priester stürzte wie ein gefällter Baum. Tyl Loesp ließ seine Pistole sinken. Blut tropfte von der Hand, die sie hielt.
    Der Arzt räusperte sich und trat von seinem Assistenten fort. »Der Junge ebenfalls«, sagte er zu tyl Loesp und wandte den Blick von seinem Helfer ab. Er schüttelte den Kopf und
zuckte mit den Schultern. »Er hat ebenso wie wir für die Leute des Königs gearbeitet.«
    »Herr, ich …«, begann der Junge, und dann erschoss ihn tyl Loesp wie zuvor den Priester. Die erste Kugel traf ihn im Bauch, wodurch er zusammenklappte, die zweite im Kopf. Der Doktor schien zu glauben, dass er als Nächster an die Reihe kam, aber tyl Loesp schenkte erst ihm ein Lächeln und dann auch den beiden Männern an der Tür. Er bückte sich, nahm ein Handtuch vom Hosenbund des toten Assistenten, wischte Pistole und Hand damit ab und tupfte dann ein wenig Blut von Arm und Ärmel.
    Er sah die anderen an. »Dies musste getan werden, wie wir alle wissen«, sagte er. Voller Abscheu sah er auf den König hinab, wie ein Arzt auf einen Patienten, der so dreist gewesen war, trotz guter Behandlung zu sterben. »Normalerweise reden Könige als Erste und in aller Ausführlichkeit von allumfassendem Schicksal und der Notwendigkeit, einem höheren Zweck zu dienen«, sagte er, wischte und tupfte noch immer mit dem Tuch. »Gehen wir einfach davon aus, dass wir all die hochtrabende Rhetorik gehört haben, einverstanden? Wir haben es mit folgender Situation zu tun: Der König erlag seinen Wunden, die er sich auf höchst ehrenvolle Weise zuzog, und vor seinem letzten Atemzug schwor er dem Feind blutige Rache. Der jämmerliche Prinz ist tot, und der jüngere befindet sich in meiner Obhut. Diese beiden hier fielen einem Heckenschützen zum Opfer. Und wir brennen das Gebäude nieder, sicherheitshalber. Kommt jetzt; der Lohn wartet auf uns.«
    Er warf das blutige Handtuch aufs Gesicht des erschossenen Assistenten und fügte mit einem aufmunternden Lächeln hinzu: »Ich glaube, hier sind wir fertig.«

2
    Palast
    O ramen befand sich in einem runden Zimmer im Schatten flügel des königlichen Palastes in Pourl, als die Leute zu ihm kamen und sagten, dass sein Vater und sein älterer Bruder tot waren und er, wenn es so weit war, der neue König sein würde. Dieses Zimmer hatte er immer gemocht, denn die Wände beschrieben einen fast perfekten Kreis. Wenn man genau in der Mitte stand, konnte man das Echo der eigenen Stimme auf eine sehr besondere und interessante Weise hören.
    Er sah von seinen Papieren auf und musterte den Grafen, der hereingeplatzt war und ihm die Nachricht gebracht hatte. Der Mann hieß Droffo und stammte aus Shilda, wenn sich Oramen richtig entsann. Hinter dem Adligen kamen zwei Palastbedienstete herein. Sie schienen gelaufen zu sein, denn sie atmeten schwer, und ihre Gesichter waren gerötet. Oramen lehnte sich zurück und stellte fest, dass es draußen dunkel geworden
war. Offenbar hatte ein Diener die Lampen im Zimmer entzündet.
    »Tot?«, wiederholte er. »Beide? Sind Sie sicher?«
    »Wenn die Berichte den Tatsachen entsprechen, Sir. Sie stammen vom Oberkommando und von tyl Loesp höchstpersönlich. Der König … Die Leiche des Königs wird auf eine Lafette zurückgebracht, Sir«, sagte Droffo. »Es tut mir leid, Sir. Es heißt, ein Artilleriegeschoss hat den armen Ferbin in Stücke gerissen. Es tut mir so leid, Sir, mehr als ich mit Worten ausdrücken kann. Sie sind tot.«
    Oramen nickte nachdenklich. »Aber ich bin nicht der König?«
    Der Graf – für Oramen hatte es den Anschein, dass er halb für den Hof und halb für den Krieg gekleidet war – wirkte einen Moment verwirrt. »Nein, Sir. Nicht bis zu Ihrem nächsten Geburtstag. Tyl Loesp wird in Ihrem Namen regieren. So wie ich das sehe.«
    »Ich verstehe.«
    Oramen atmete mehrmals tief durch. Auf diese Möglichkeit hatte er sich nicht
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