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Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Titel: Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)
Autoren: Jane Johnson
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Sultan noch mehr erbost. »Du lachst?«, brüllt er, woraufhin ich noch lauter lache. Ich sehe, wie ben Hadou mich fassungslos anstarrt. Nicht nur, dass Rafik seinen hinterhältigen Schachzug vollzogen hat, noch ehe wir Gelegenheit hatten, die heikle Angelegenheit des seit Langem verblichenen Druckers anzusprechen und wie wenig von seinem knochigen Schädel übrig geblieben ist, was den Rachedurst des Sultans nicht befriedigen wird – jetzt hat auch noch sein Stellvertreter den Verstand verloren. Er sieht mich eindringlich an, als könnte er mich damit wieder zur Vernunft bringen, doch dafür es ist bereits zu spät.
    Der Sultan ist aufgesprungen. »Sharif!«, schreit er, und der Kaid kriecht förmlich vor. Der Sultan versetzt ihm einen Tritt, damit er aufsteht. »Ist das wahr?«, kreischt er. »Haben diese Männer Schande über ihre Religion, ihr Land und mich gebracht?«
    Sharifs Blick schweift verzweifelt von al-Attar zu mir und wieder zurück. Er weiß nicht, was er sagen soll, um nicht alles noch schlimmer zu machen. Ich sehe, wie gespannt die versammelten Minister alles beobachten. Hyänen, die nervös darauf warten, dass die Löwen zu Ende fressen, um sich dann heranzuschleichen und sich ihren Anteil zu holen. Solange das Blut eines anderen fließt, sind die Übrigen sicher, zumindest vorerst.
    Ismail nähert sein Gesicht dem von Sharif. »Hat man dir in London die Zunge abgeschnitten?«
    »N-nein, Erhabener«, stottert er.
    »Dann beantworte die Frage. Haben diese Männer mit Frauen angebändelt und das Vertrauen, das ich in sie setzte, verraten?«
    »Euer S-Sklave Nus-Nus ist … ein … ein Eunuch, Herr.«
    Ismail sieht ihn an wie eine Küchenschabe, die er gleich zertreten wird. Er will den Dolch aus seiner Scheide ziehen, doch der verfängt sich in seiner Schärpe, und er geht in die Luft. »Ich töte euch alle, jeden Einzelnen von euch!« Schließlich bekommt er den Dolch frei und hält ihn Sharif an den hageren Hals. »Sprich die Wahrheit!« Speichelfetzen sprühen auf das emporgewandte Gesicht des Kaid.
    »I… äh … habe g-gesehen, wie Nus-Nus ein G-Glas Wein getrunken hat«, bringt er schließlich heraus und verdreht die Augen wie ein Opferlamm am Aid el-Kebir. »Und … und …« Er versucht, sich an irgendeine andere kleine Sünde zu erinnern, die gegen die Regeln des Islams verstößt, etwas Belastendes, aber nicht allzu Ernstes. »Und … ach ja … Kaid b-ben Hadou hat ein B-Bildnis von sich malen lassen.«
    »Zwei«, setzt Rafik gehässig hinzu.
    »Hundesohn!« Der Sultan schiebt Sharif beiseite und stürzt sich auf ben Hadou, der schützend die Hände hebt. »Allah verbietet Abbildungen von Menschen! Du bist des Todes, weil du diese Schande über mich gebracht hast, den Vertreter des Islams, den Verteidiger unseres Glaubens!« Er stößt ihm den Dolch in das Bein, und ben Hadou geht mit einem Schrei zu Boden. Einen Augenblick herrscht Totenstille, als wäre Ismails plötzlicher Blutdurst gestillt, doch dann schreit er nach seiner Wache: »Führt sie alle ab, in die Löwengrube mit ihnen!«
    Ich dachte, es wäre mir egal, ob ich lebe oder sterbe. Doch gefangen in einer Grube mit sieben hungrigen Löwen und der Aussicht, bei lebendigem Leib zerfleischt zu werden, sieht alles anders aus.
    »Bleibt zusammen!«, ruft ben Hadou uns zu. Ich habe meinen Turban um seinen Schenkel gewickelt, doch der Blutverlust hat ihn bereits stark geschwächt. »Wenn wir uns trennen, machen wir es ihnen leicht, dann werden sie uns einen nach dem anderen angreifen. Bewerft sie mit Sand und Steinen, mit allem, was ihr findet.«
    »Werft ihn den Löwen zum Fraß vor!«, ruft Samir Rafik und zeigt auf Sharif, der gewiss keine Hilfe dabei sein wird, die Raubtiere abzuschrecken. Er ist vor Angst gelähmt und starrt mit weit aufgerissenen Augen ins Leere. »Das wird sie eine Weile ablenken.«
    Einen Herzschlag lang sieht es so aus, als würde al-Attar die grausame Option in Betracht ziehen, doch dann wird mir bewusst, dass der Blutverlust seine Gedanken fast bis zum Stillstand verlangsamt hat.
    »Fuchtelt mit den Armen und schreit sie an«, rufe ich, während ich mich daran erinnere, was man uns als kleinen Kindern beigebracht hat. Wir wuchsen in einem Gebiet auf, in dem noch Löwen nach Beute jagten. Doch diese Taktik dient dazu, ein einzelnes Tier abzuschrecken, nicht ein ganzes Rudel von sieben hungrigen Bestien. Es hält sie nur wenige Minuten in Schach, bis sie merken, dass ihnen vom Lärm keine Gefahr droht, dann
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