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Die sizilianische Oper

Die sizilianische Oper

Titel: Die sizilianische Oper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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ist einem Freund von mir passiert, den ich hier im Saal an der Seite seiner Gnädigsten sitzen sehe. Er hatte zwei Frauen, vertraute er mir an: mit der einen redete er, mit der anderen trieb er es. Von der, mit der er sich unterhielt, bekam er eine Tochter. Da muß ich mich jetzt aber fragen: mit welchem Organ redete mein Freund eigentlich?«

    Der Makler Patanè in der vierten Reihe erkannte sich sofort in den Worten des Rektors wieder, und ein gewaltiger Schrecken überkam ihn, der sich in einem Schlag auf den Magen ausdrückte. Vor Schmerz krümmte er sich zusammen.
    »Geht es dir nicht gut?« fragte seine Frau ihn.
    »Nichts, nichts, eine Spur von Sodbrennen. Das Zicklein
    »Verzeiht, ich nehme den Faden der Ariadne, vielmehr den der Rede, wieder auf, das ist ja dasselbe. Jawohl. Der rote Faden, mit dem man ans Ende der Rede gelangt, besteht aus Konjunktiven. Ist euch das noch nie aufgefallen? Wenn jemand es schafft, sich an einem festzuhalten und den nachkommenden zu folgen, dann findet er den Weg aus dem Labyrinth heraus. Ach ja, Ricci. Luigi Ricci ist vor ein paar Jahren in keiner geringeren Stadt als in Prag verschieden. Auf dem gesamten Erdenrund hat er Schaden angerichtet. Auch mit Hilfe seines Bruders. Kommen wir also zu diesem Bierbrauer von Preston. Er wurde 1847 in Florenz uraufgeführt. Und da haben wir es wieder. In Florenz, habt ihr verstanden? Seht ihr, wie sich der Kreis schließt? Aus Florenz stammt Luigis Vater, in Florenz fand die erste Aufführung statt, und aus Florenz kommt einer – wir wissen ja wer –, der uns regiert. Soweit ich weiß, hat der Verfasser des Librettos, ein gewisser Francesco Guidi, von einem französischen Autor namens Adolphe Adam abgeschrieben, der 1838 eine komische Oper in der OpéraComique aufgeführt hat …
    Halt, keine Bewegung! Ich habe den Faden verloren. Also Guidi hat von Adam eine Oper mit französischem Libretto, aber mit dem gleichen Titel abgeschrieben. Genug jetzt. An dieser Stelle scheint mir, es handelt sich um eine Abschreiberei auf Teufel komm raus, sowohl was der Verzweiflung eine Entscheidung: ich gehe ihm jetzt nach bis auf die Toilette, und sobald er sich auf den Thron gesetzt hat, haue ich ihm den Revolverknauf so auf die Rübe, daß er für immer stumm bleibt. Er wollte gerade aufstehen, als der Marchese Coniglio della Favara vor ihm auftauchte.
      »Haben Sie Dank, Don Memè«, sagte er lächelnd, »ich hatte gar nicht gewußt, daß Sie trotz allem auf unserer Seite stehen.«
      »Dieser Trottel hat recht«, schoß es Don Memè erschrocken durch den Kopf, und das Blut wollte ihm gefrieren.
      So wie die Dinge standen, würde der Präfekt allen Ernstes glauben, daß er ihn hereingelegt hatte. Er hatte sich für einen Vortrag stark gemacht, der sich als böser Scherz entpuppte, weil er eindeutig zugunsten der Bierbrauer-Opposition ausfiel.
    Süffisant lächelte der Marchese ihm lange zu und ließ ihn schließlich stehen, um mit anderen Gästen zu sprechen. Der Vortrag fand im Musiksaal seines Palazzos in Montelusa statt, worum Ferraguto ihn ausdrücklich gebeten hatte. Und der Marchese hatte sich nicht gedrückt. Als er Don Memè nämlich einmal einen Gefallen abgeschlagen hatte, gingen, welch seltsamer Zufall, zweihundert Olivenbäume auf seinem Landgut in Flammen auf.
    Ausdrucksweise empört waren und ihre Ehemänner im Schlepptau hatten. Diese gaben nur unwillig dem Begehren ihrer Frauen nach. Viel lieber wären sie dageblieben, um den Ausgang der Komödie mitzukriegen. So waren gerade noch dreißig Personen übrig.
      Don Memè war unschlüssig, ob er zu Carnazza gehen und ihn umbringen oder ob er seelenruhig in der selbstproduzierten Scheiße untergehen sollte. Bei diesen Überlegungen widmete er sich ausgiebig dem Anblick der Deckenfresken. Mit einem Mal zuckte er zusammen. Aus seinem Dämmerzustand erwachend, fragte er sich besorgt: wie lange war der Rektor eigentlich schon draußen? Er kam nicht zum Antworten, denn schon baute sich der Marchese erneut vor ihm auf.
      »Sie verzeihen, verehrtester Ferraguto, aber glauben Sie nicht, daß der Studienrat Carnazza meine und die Geduld meiner Gäste mißbraucht?«
    »Zum Teufel mit dem Marchese«, dachte Don Memè.
    »Der will mein Verderben bis zum Ende auskosten!«
    Auf dem Abtritt war der Rektor nicht. Ja, der Diener, den man vor der Klotür aufgestellt hatte, erklärte, daß der Rektor Carnazza diesen Ort überhaupt nicht betreten hatte. Er fragte einen anderen Diener am Ende

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