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Die sizilianische Oper

Die sizilianische Oper

Titel: Die sizilianische Oper
Autoren: Andrea Camilleri
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trinke nur Wein!«
      Der Einwurf hatte sogar die Musik übertönt. Doch der Chor ließ sich nicht aus dem Takt bringen und sang weiter.
    Das bereitet Pläsier.
      An dieser Stelle wurde der Mandelhändler Don Gregorio Smecca, ein höchst gewissenhafter Mann, richtiggehend böse.
    »Aber wieso wiederholen die sechs Idioten da immer das gleiche? Glauben die vielleicht, wir sind Hornochsen? mit einer Stimme, die sogar das tosende Meer übertönt hätte.
      »Weil sie arbeiten gehen«, kam prompt die Antwort Sciaverios.
    »Erzähl doch keinen Mist!«
    »He, dann frag sie am besten selbst!«
      Sciacchitano stand auf und wand sich an die sieben auf der Bühne.
      »Ich bitte um Verzeihung, aber wollt ihr mir vielleicht sagen, wie die Dinge hier stehen? Warum seid ihr bloß so vergnügt auf dem Weg zur Arbeit?«
      Auf der Bühne kam jetzt ein gewisses Durcheinander auf. Zwei aus dem Chor schirmten mit der Hand die Augen gegen das Licht, um zur Galerie zu schauen, aber der Dirigentenstab rief sie gleich wieder zur Ordnung.
      Der Präfekt Bortuzzi auf seinem königlichen Rang witterte Gefahr und spürte, wie ihm das Blut zu Kopf stieg. Wütend winkte er den Kommissar Puglisi zu sich, der hinter ihm stand.
    »Verhaften Sie sofort diese Arschlöcher! Aber schnell!«
      Puglisi fehlte der Mut, seinen Befehl auszuführen. Er wußte, daß es an diesem Punkt nur einer Winzigkeit bedurfte, um einen Aufstand ausbrechen zu lassen.
    »Sehen Sie, Exzellenz, Sie mögen mir verzeihen, hinter dem, was die da tun, steckt keinerlei Böswilligkeit oder Befehls.

    Inzwischen war Daniele Robinson, der Besitzer der Brauerei, über die kleine Treppe auf der linken Seite heruntergekommen. Er war noch heiterer als die anderen und gab endlich eine Erklärung ab. Dieses sei nämlich ein Festtag, weil er heute eine gewisse Effy heiraten wollte. Die Nachricht ließ alle vor Freude beinahe ohnmächtig werden. Bob hub an:
    Wen besser hätt' er erwählen können,
    wen gütiger im Herzen und schöner?
      Die sechs mit den Schürzen ließen sich auch dieses Mal vernehmen und wiederholten prompt:
    Wen gütiger im Herzen und schöner?
      Don Gregorio Smecca konnte nicht mehr länger an sich halten.
      »Schon wieder diese Erzlangweiler! Ich geh' jetzt, gute Nacht.«
      Er stand auf und ging weg, ohne seiner Frau weitere Erklärungen zu liefern.
    Unterdessen besangen die Frohnaturen auf der Bühne
    Effy als einen »kostbaren Edelstein« und als »Wahrzeichen der Liebe«. Daniele Robinson begann nun, an alle Geld zu verteilen, und gab Anweisungen für die Vorbereitungen zu einem großen Fest.
    das Essen zubereitest?« fragte Gammacurta mit ernsthafter Miene seine Gattin.
    »Jawohl.«
      »Was haben denn Kessel bitte mit Pfeifen und Flöten zu tun?«
      Endlich wurde es etwas ruhiger im Theater. Die Arbeiter waren alle hinausgegangen, um die Instrumente zu suchen und die Nachbarn einzuladen. Auch wenn Daniele jetzt niemanden mehr zur Seite hatte, begann er, Bob merkwürdige Zeichen zu machen, als wolle er ihm etwas Geheimnisvolles mitteilen. Bob trat näher, und sein Herr verriet ihm, daß im Laufe des Tages sein Zwillingsbruder eintreffen würde, den er schon seit zwei Jahren nicht mehr gesehen hatte. Er heiße Giorgio und sei Soldat und habe keinen sehr friedfertigen Charakter. Bob zeigte sich skeptisch:
    Und wird er kommen?
    Daniele wurde nachdenklich und erwiderte:
    Ich hoffe es, wenn jener schreckliche Beruf,
    seinen Hintern hinzuhalten …
    Die Männer im Saal hielten den Atem an, als sie von dem kuriosen Beruf des Zwillingsbruders Giorgio hörten. Manche glaubten, nicht richtig gehört zu haben, und erkundigten sich bei ihren Platznachbarn. Wie es die Musik wollte, wiederholte Daniele in einer höheren Tonlage die Stelle mit der Beschäftigung seines Bruders. unterdrückter Schluckauf oder als würde ein Motor angeworfen, als grunzte ein Schwein und so weiter. So kam es, daß die gesungene Erklärung von Giorgios seltsamem Beruf völlig unterging:
    … seinen Hintern hinzuhalten,
    sich zu opfern fürs Vaterland.
      Das Gelächter, das der Cavaliere Mistretta zu unterdrücken suchte, erregte das größte Aufsehen. Der Cavaliere litt nämlich unter Asthma und bekam keine Luft mehr. Um wieder welche zu bekommen, tat er einen Atemzug, der dem Klang eines Nebelhorns zum Verwechseln ähnlich war. Trotz des mächtigen Tons bekam er noch immer keine Luft und begann, mit den Armen herumzufuchteln, und verpaßte dabei den
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