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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition)
Autoren: Petra Durst-Benning
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allerdings nicht nur die Männer selbst bezahlen, sondern auch deren Familien: Denn das Stück Brot, der Korb mit Rüben, die Schwarte Speck oder auch die Heller oder gar Taler, die die Männer nach einem Besuch bei Sureya zurückließen, fehlten schließlich im eigenen Heim, wo es mehr als genug Mäuler zu stopfen gab. Dabei forderte Sureya nichts, sondern nahm, was ihr angeboten wurde, registrierte aber wie ein Buchhalter in einer Ecke ihres Gehirns genau Menge und Qualität der mitgebrachten Gaben. Und danach verteilte sie ihre Gunst. Die einzige Ausnahme war dabei Jerg. Ihm schenkte sie sich gerne und ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Jerg wäre es auch gar nicht in den Sinn gekommen, für den Körper einer Frau zu zahlen. Nicht einmal bei Sureya, von der er wohl wußte, wie sie ihren Lebensunterhalt verdiente. Jerg war der einzige Genuß, den Sureya sich leistete. Neben all den Schlappschwänzen, die Sureya auf ihren Decken bedienen mußte, genoß sie es, von Zeit zu Zeit selbst von einem rechten Mannsbild bedient zu werden. Doch niemals lief sie dabei Gefahr, zugunsten dieser Schwärmerei ihren Verstand auszuschalten.
    Mit einer fahrigen Bewegung setzte sie sich nun erneut auf. Seit Jerg gegangen war, wurde sie von etwas geplagt, das unaufhörlich an ihr nagte und fraß. Etwas, wofür sie anfangskeinen Namen finden konnte. Doch nun fiel es ihr wie Schuppen von den Augen: Die zu Eis erstarrten Haare, die vor Kälte blau angelaufenen Wangen und die steifen Hände – all das konnte er sich doch unmöglich auf dem kurzen Weg von seinem zu ihrem Haus zugezogen haben! Wo war der Bursche gewesen, bevor er zu ihr kam? Doch sooft sich Sureya diese Frage auch stellen mochte, sie fand keine Antwort.
    Endlich fiel sie in einen unruhigen Schlaf. Bevor sie die Augen schloß, nahm sie sich jedoch vor, Jerg in der nächsten Zeit etwas genauer zu beobachten …

3.
    Am nächsten Morgen wurde Jerg durch die keifende Stimme seiner Schwägerin Lene geweckt. In der Nacht zuvor war es ihm gelungen, unbemerkt ins Haus und auf seine Schlafstätte zu schleichen. In solchen Momenten dankte er Gott für Margas tiefen Schlaf, den für gewöhnlich nicht einmal das schlimmste Unwetter oder eine Herde vorbeitrampelnder Rinder unterbrechen konnte.
    »Und wenn du es dann übers Herz gebracht hast, deinen nichtsnutzigen Herumtreiber von Mann zu wecken, könnten wir vielleicht mit der Morgenmahlzeit beginnen, oder wartet die gnädige Dame vielleicht auf besseres Wetter?« Schon am frühen Morgen trachtete Lene mit beißendem Spott danach, Marga zu verletzen! Sein schlechtes Gewissen trieb Jerg aus dem Bett. Mit einem Schwung war er auf den Beinen und durchquerte mit flinken Schritten den Raum, in dem vier Erwachsene, drei Kinder und das Vieh miteinander hausten. Von hinten legte er seine Arme um Marga, die am Feuer stand und in einem großen Topf Haferbrei rührte. Während sie sich zu ihm umdrehte, begannen ihre Augen zu strahlen,als hätte sie einen wertvollen Schatz entdeckt. Jerg strich ihr zärtlich eine Haarsträhne aus der Stirn und herzte sie.
    »Na, Schönste aller Schönen, werden deine Ohren schon am frühen Morgen vom Grollen einer dunklen Gewitterwolke gestört?« Marga mußte an sich halten, um nicht lauthals zu lachen, gestattete sich aber wenigstens ein breites Grinsen. Gewitterwolke! Wenn Lene einmal loslegte, glich das viel eher einem nicht enden wollenden Unwetter!
    »Dir werden deine Sprüche noch vergehen, lieber Jerg!« Mit diesen Worten drängte Lene sich mit ihrem verschwitzten Leib, der schon am frühen Morgen nach gebratenen Zwiebeln roch, zwischen die beiden. »Spätestens dann, wenn der Jost noch ein weiteres Mal auftaucht und wir wieder nicht wissen, wo du dich zu so später Stunde herumtreibst.«
    Mit Genugtuung beobachtete sie, wie Jerg augenblicklich von Marga abließ: »Der Jost war hier?« Der Verwalter von Burg Taben konnte unmöglich von seinem gestrigen Vorhaben Wind bekommen haben – oder vielleicht doch? »Was hat er denn gewollt?« Mittlerweile war Cornelius dazugekommen, der draußen hinterm Haus seine Notdurft verrichtet hatte. »Wollte uns sagen, daß wir uns heute früh vor dem Burgtor einfinden sollen. Jagdfronen sind angesagt, weil der Herzog ganz überraschend mit einer Jagdgesellschaft angereist ist. Keiner hat’s gewußt, auch die Burgbediensteten waren nicht vorbereitet, aber unser hochwohlgeborener Herr liebt nun einmal Überraschungen.«
    Erleichtert atmete Jerg auf. »Jagdfronen, sagst
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