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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition)
Autoren: Petra Durst-Benning
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du? Überraschender Besuch von Herzog Ulrich?«
    »Sag mal, hörst du schlecht? Oder hast du gestern abend soviel gesoffen, daß du am hellichten Morgen immer noch nicht ganz klar im Kopf bist?« fuhr Cornelius seinen jüngeren Bruder verärgert an.
    Kein Außenstehender hätte die beiden für Brüder gehalten. Körperlich waren sie zwar von gleicher Statur: Beide hatten lange, kräftige Beine und einen so breiten Oberkörper,daß sich zwei Weibsbilder dahinter verstecken konnten. Doch damit hörten die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Im Gegensatz zu Jergs schwarzen Locken waren Cornelius’ Haare von einer fahlgelben, rotstichigen Farbe, die sich in seinem Bart und seinen buschigen Augenbrauen noch stärker wiederholte. Seine Haut, hell wie die der meisten Rothaarigen, war durch die tägliche Arbeit auf dem Feld gegerbt wie altes Rindsleder. Rötliche Flecken sprenkelten sein Gesicht von der Stirn über die Nase bis hinab zum Kinn, welches sich resolut nach vorne streckte. Seine Augen waren vom gleichen tiefgründigen Dunkelblau wie die von Jerg, doch während dessen Gesicht durch den Kontrast zwischen den dunklen Haaren und den blauen Augen fesselte, wirkte Cornelius’ Erscheinung auf den ersten Blick gewöhnlich und alltäglich. Wer sich jedoch die Mühe machte, ein zweites Mal hinzusehen, konnte darin ein fast unendliches Maß an Geduld, Liebe und Verständnis entdecken. Im Augenblick fehlte es ihm aber an allen drei Dingen gleichermaßen.
    »Wo warst du eigentlich? Als der Jost das wissen wollte, habe ich ihm geantwortet, du wärst im Wirtshaus, aber er sagte, dort seien sie schon gewesen, hätten dich aber nicht gesehen. Dann müßtest du wohl gerade auf dem Heimweg sein, habe ich zu ihm gesagt.« Umständlich band er sich seine Hose zu. »Das hat dem nicht gepaßt, daß du nicht zu Hause warst, das kann ich dir sagen …« Mit zusammengekniffenen Augen beobachtete Cornelius Jergs Reaktion, die nicht auf sich warten ließ.
    »Das wird ja immer schöner! Was geht’s den Hanswurst an, womit ich mir die Zeit vertreibe? Natürlich war ich im Wirtshaus! Den Jost habe ich auch gesehen, aber erst, als er mit seinen Männern wieder davonritt, weil ich gerade draußen war, um mein Bier loszuwerden. Wo soll ich sonst schon gewesen sein?«
    Obwohl Jerg im Brustton der Überzeugung geantwortet hatte, blickte Cornelius seinen Bruder eigentümlich an, sagteaber nichts mehr. Was er zu sagen hatte, war weder für Lenes noch für Margas Ohren gedacht, und so sparte er es sich für später auf, wenn er mit Jerg allein war.
    Während sich alle über den dicken, heißen Haferbrei hermachten, den Marga in einem großen Topf in die Tischmitte gestellt hatte, verteilte Cornelius die Arbeit für den kommenden Tag. Jetzt, da beide Männer wieder einmal für Burg Taben eingespannt waren, mußten die Frauen ihr Tagwerk, so gut es eben ging, mit verrichten. Cornelius bemühte sich, jeder der Frauen eigene Aufgaben zuzuweisen, so daß sie nicht den ganzen Tag miteinander verbringen mußten. Vieles hätte zwar nach der Kraft von vier Händen verlangt oder wäre zu zweit in der halben Zeit erledigt gewesen, doch Cornelius kannte die Spannungen zwischen Lene und Marga und wollte auf seine Art dazu beitragen, diese zu entschärfen.
    »Lene, du gehst mit dem Handwagen zur Sämerei. Der Karl weiß Bescheid. Dem habe ich gestern schon gesagt, daß ich heute vorbeikomme und unsere Hafer-und Gerstensaat abhole. Bezahlt ist’s schon.« An Jerg gewandt fügte er knurrend hinzu: »Wird auch von Jahr zu Jahr teurer, das Saatgut. Aber du weißt ja, was Vater immer gesagt hat: ›Guter Samen ist schon ein halbes Amen‹.« Marga wies er an, die Kühe und Ziegen auf das Gewandn Asang zu treiben. Ihr unglücklicher Blick entging ihm nicht, er wußte, daß sie auch nach Jahren auf dem Hof ihre Angst vor den Kühen noch nicht überwunden hatte, doch darauf konnte er keine Rücksicht nehmen. Würde er Marga zu Karl schicken, würde dieser ihre Unerfahrenheit nur ausnutzen und ihr minderwertiges Saatgut mitgeben, welches er, Cornelius, dann wieder zurückbringen müßte. Während er aufstand, um sich seine dicke Schaffelljacke vom Haken zu holen, fuhr er fort: »Alles andere muß wohl warten. Hoffentlich brauchen sie uns morgen nicht auch noch. Alle anderen haben ihre Äcker schon gelüftet und gelockert, nur unser Stück liegt noch brach! Wenn wir die Gerste und den Hafer nicht bis SanktBenedicti ausgesät haben, werden wir das bei der Ernte büßen
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