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Die sieben Häupter

Die sieben Häupter

Titel: Die sieben Häupter
Autoren: Tanja Belinda; Kinkel Richard; Rodik Ruben; Dübell Malachy; Wickenhäuser Mani; Hyde Tessa; Beckmann Horst; Korber Helga; Bosetzky Titus; Glaesener Rebecca; Müller Guido; Gablé Dieckmann
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Geschäft, denkt Ihr nicht?«
    Nach dem Festmahl blieb der Großteil der Gesellschaft in der Halle, um noch einen Becher Wein zu trinken, von den kandierten Früchten zu naschen und den Liedvorträgen des Grafen und der übrigen anwesenden Dichter zu lauschen. Wegen des hohen Festes verzichteten die Sänger heute darauf, ihre jeweilige Angebetete zu preisen, und beschränkten sich auf fromme Themen. Nicht wenige der Lieder handelten vom heiligen, gerechten Krieg gegen die Heiden und von den frommen, tapferen Rittern, die ins Morgenland zogen, um ihn auszufechten. Ludger hatte für Kreuzzugsdichtung nicht viel übrig, weil der heilige, gerechte Krieg ihn den Vater gekostet hatte, und so verabschiedete er sich schließlich von seinem sonderbaren Tischnachbarn, um sich ein ruhiges Plätzchen zu suchen und selbst noch ein Weilchen zu spielen.
    Sein Quartier lag in einem bescheidenen Kämmerlein im Dachgeschoß des Hauptgebäudes, und er teilte es mit zwei weiteren jungen Rittern aus dem Gefolge des Grafen. Aber daer sie beide in der Halle beim Würfelspiel gesehen hatte, war er zuversichtlich, die erhoffte Ruhe zu finden. Kaum hatte er sich zur Treppe gewandt, holte ihn jedoch ein sehr junger Knappe ein und faßte ihn schüchtern am Ärmel. »Vergebt mir, Herr Ludger, aber Vater Thaddäus wünscht Euch zu sprechen. Jetzt gleich, wenn es geht, läßt er ausrichten.«
    Ludger runzelte die Stirn. »Was will er von mir?«
    Der Junge schüttelte den Kopf. »Das hat er mir nicht gesagt. Könnt Ihr mitkommen?« fragte er mit bangem Blick. Vater Thaddäus flößte allen am Hof Respekt ein, aber vor allem die Knaben, die von ihm unterrichtet wurden, zitterten vor ihm.
    »Natürlich.« Ludger folgte dem Jungen. Dieser führte ihn nicht zurück in die Halle, wie er erwartet hatte, sondern in den Hof hinaus. Der Himmel war unverändert blau, aber ein scharfer Wind war aufgekommen, der Ludger daran erinnerte, daß der Winter noch nicht lange vorüber war. Die Narzissen, die hier und da in spärlichen Büscheln im Gras standen, neigten sich in den kräftigen Böen.
    Am westlichen Ende der inneren Mauer erhob sich das Torhaus, und dort erwartete Thaddäus ihn. Er hatte die Hände in die Ärmel seines makellosen schwarzen Habits gesteckt und erweckte den Anschein, er besitze die Geduld eines Engels. Der Stallknecht, der mit einem gesattelten Pferd an jeder Hand neben ihm wartete, trat hingegen rastlos von einem Fuß auf den anderen.
    Ludger neigte ehrerbietig das Haupt vor dem Benediktiner. »Ihr habt nach mir geschickt, Vater?«
    Thaddäus lächelte. »Ganz recht, mein Sohn. Mir kam plötzlich in den Sinn, wie erbaulich es wäre, ein Stück durch die Frühlingsluft zu reiten. Aber in diesen gefahrvollen Tagen täte ich das nur ungern ohne Begleitung. Wäret Ihr wohl so gut?«
    »Selbstverständlich, Vater.« Ludger glaubte ihm kein Wort. Er wußte nicht viel über den Geistlichen, aber eines stand fest:Thaddäus von Hildesheim war kein Mann, der sich plötzlichen Grillen hingab, und er war Ludger bislang auch nie als großer Pferdenarr aufgefallen. Kein Zweifel, der Mönch wollte irgend etwas von ihm.
    Der Stallknecht hievte Thaddäus in den Sattel, während der junge Ritter sich ohne Hilfe aufs Pferd schwang, und dann ritten sie Seite an Seite durchs Tor.
    Burg Anhalt lag inmitten dichter Tannenwälder auf der Kuppe eines steilen Hügels. Behutsam staksten die Tiere den felsigen Weg zwischen den beiden hohen Mauern entlang zum Ostende der Anlage, wo das Außentor lag. Ludger hatte schon oft gedacht, wie verflucht lästig es war, jedesmal den ganzen Weg von einem Ende der Burg zum anderen zurücklegen zu müssen, wenn man sie betreten oder verlassen wollte. Die entgegengesetzte Ausrichtung der Tore diente zweifellos dazu, mögliche Angreifer aufzuhalten, aber im Alltag war sie höchst unpraktisch.
    Als sie die Wache am äußeren Tor passiert und den Fuß des Hügels erreicht hatten, fragte Ludger: »Haben wir ein bestimmtes Ziel, Vater?«
    Der Mönch schüttelte den Kopf und machte eine vage Geste. »Laßt uns vom Dorf wegreiten. Ein Stück durch den Wald? Das Wiedererwachen der göttlichen Schöpfung begutachten? Das muß für einen Minnesänger wie Euch doch sehr anregend sein.«
    Ludger errötete. »So würde ich mich nie zu nennen wagen.«
    Thaddäus hob die Schultern. »Und dennoch höre ich, daß Ihr Fortschritte macht, wenn der Graf Euch gelegentlich nötigt, in der Halle vorzutragen.«
    Ohne Eile ritten sie den schmalen Pfad
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