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Die sieben Häupter

Die sieben Häupter

Titel: Die sieben Häupter
Autoren: Tanja Belinda; Kinkel Richard; Rodik Ruben; Dübell Malachy; Wickenhäuser Mani; Hyde Tessa; Beckmann Horst; Korber Helga; Bosetzky Titus; Glaesener Rebecca; Müller Guido; Gablé Dieckmann
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frostig. »Wie ich sagte: Ein heller Kopf. Ich behaupte nicht, Eure Bedenken seien gänzlich unbegründet …«
    »Das erleichtert mich.«
    »… aber Ihr werdet es dennoch tun.«
    »Wenn Ihr Euch da nur nicht täuscht.«
    Thaddäus’ Lächeln wurde eine Spur echter, als finde er Gefallen an diesem Wortwechsel. »Ihr sagtet, ich könne Euch beim Grafen in Ungnade stürzen, aber Ihr würdet es gewiß überleben. Nun, mein Sohn, ich fürchte, in genau diesem letzten Punkt irrt Ihr. Denn ich weiß, daß Ihr die angeblich so tugendsame Irmgard besprungen habt.«
    Ludger spürte, wie sein Gesicht kalt wurde. Er brauchte sein Entsetzen nicht zu spielen. Kopfschüttelnd wich er einen Schritt zurück. »Wie … wie könnt Ihr es nur wagen, der Gräfin solch eine abscheuliche Sünde zu unterstellen?«
    Thaddäus winkte gelangweilt ab. »Das Heucheln könnt Ihr Euch sparen, Bürschchen. Ich sagte, ich weiß es.«
    Ludger stieß hörbar die Luft aus und ließ die Arme sinken. »Woher?« Es klang tonlos.
    »Sie hat es gebeichtet.«
    Oh, mein Gott, sie muß wahnsinnig sein, dachte Ludger fassungslos.
    Es war in einer lauen Augustnacht im vergangenen Jahr passiert. Er hatte gerade angefangen, die ersten, noch ungeschickten Verse an sie zu richten. Und als er in der Nacht vor St. Bernhard allein Wache am Torhaus schob, hatte sie plötzlich vor ihm gestanden. Im ersten Moment hatte er sie gar nicht erkannt, denn sie trug das Haar offen. Selbst im fahlen Mondlicht schimmerte es wie gesponnenes Gold. Sie hatte ihn bei der Hand genommen und ins Torhaus geführt, ohne ein Wort. Wie ein Traumwandler war er ihr gefolgt. Drinnen war es nahezu finster gewesen, und als sie die Arme um seinen Hals schlang und sich an ihn preßte, hätte er sich einbilden können, es sei irgendeine leichtfertige Schäferstochter, die gekommen war, um ihm die einsame Nachtwache zu versüßen. Bis Irmgard die Lippen auf seine drückte. Nie zuvor hatte erso weiche Lippen gespürt. Ihr Kuß hatte ihn betört, und mit einem Gefühl der Verwegenheit hatte er seinen Mantel im Bodenstroh ausgebreitet und sie darauf hinabgezogen.
    Es war eine seiner kostbarsten und gleichzeitig schrecklichsten Erinnerungen. In seinen kühnsten Träumen hätte er sich nie vorzustellen gewagt, sie könne ihn erhören. So etwas passierte einfach nicht. Er hatte nie begriffen, warum sie es getan oder wie sie es auch nur angestellt hatte, unbemerkt aus dem Schlafgemach und in den Hof zu gelangen. Es war einfach geschehen. Und er hatte immer gewußt, daß ihn das eines Tages teuer zu stehen kommen würde.
    »Aber Ihr … Ihr würdet das Beichtgeheimnis brechen«, wandte er matt ein.
    Thaddäus nickte bedächtig. »Wollt Ihr wirklich Eurer Leben darauf verwetten, daß ich davor zurückschrecke?«
    »Nein.« Ludger riß sich zusammen, sah Thaddäus einen Moment in die Augen und schüttelte den Kopf. »Ich möchte lieber nicht darauf wetten, daß Ihr vor irgend etwas zurückschreckt. Also? Was hat es auf sich mit diesem Geheimnis? Was ist es, wonach ich suche?«
    Wieder schien Thaddäus unsicher, was er sagen oder wie er dies »Ding« beschreiben sollte. Für einen Augenblick kam es Ludger gar so vor, als sei es Furcht, mit welcher der Mönch rang. Schließlich schaute Thaddäus verstohlen über die Schulter, und obwohl weit und breit keine Menschenseele zu entdecken war, flüsterte er: »Drachensamen.«

2. Kapitel
    Burg Meißen, April 1223
    D rachensamen …«, murmelte Roswitha von Eichholz versonnen. Sie ließ sich das Wort auf der Zunge zergehen, knuffte ihr Kissen zurecht und setzte sich auf. »Was ist das?«
    Bernhard von Aken sah sie mit großen Augen an. »Wie kommst du auf das Wort?«
    Sie lächelte über seine entsetzte Miene, nahm sein Ohrläppchen zwischen die Zähne und flüsterte: »Du hast es im Schlaf gesagt, mein Bester.«
    »Ach du meine Güte, das fehlte noch …«
    »Also? Es klingt sehr geheimnisvoll. Was ist es?«
    Bernhard richtete sich ebenfalls auf, lehnte den Rücken an das reichgeschnitzte Kopfteil des Bettes und schaute in den durchhängenden Baldachin hinauf. »Das kann ich dir nicht sagen.«
    Sie hob die schmalen Schultern. »Nun, ich werde dich einfach noch einmal fragen, nachdem du wieder eingeschlafen bist.«
    Plötzlich umklammerte seine Faust ihren Oberarm. »Vielleicht sollte ich dich lieber aus meinem Bett werfen«, knurrte er. »Dann wären meine Geheimnisse sicher, und du könntest sehen, wo du den Rest der Nacht bleibst.«
    Roswitha lachte ungläubig.
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