Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
mich aufpassen.«
    »Nein, ich habe keine Angst, dich mit Leo und Julio allein zu lassen. Als ich so alt war wie du, Angela, war ich schon längst allein unterwegs.«
    Dann wandte sie sich wieder an Collas.
    »Ich muss noch einmal auf mein Zimmer und ein paar Sachen holen, dann komme ich mit Euch mit.«
     
    Collas verließ die Stadt durch die Porte Saint-Maurice in der Nähe des Gasthauses, fuhr außen an der Stadtmauer entlang bis zur Place de la Madeleine und dann durch die Porte Saint-André in die Rue Royale, die ins Quartier Sainte-Catherine führte.
    Diese Gegend kannte Alix nicht. An Lille hatte sie bisher nur düstere Erinnerungen, aber die wollte sie heute alle vergessen und sich endlich richtig freuen. Wie lange schon war sie nicht mehr so glücklich gewesen? Für sie hatte das Leben stets aus einer ständigen Folge von Glück und Unglück bestanden, aber seit Jacquous Tod reihte sich ein trauriger Tag an den anderen. Da riss der Himmel plötzlich auf und versprach ihr die schönsten Aussichten!
    Collas hielt die Kutsche auf der Grande-Place vor einem prächtigen
Privathaus an. Dann sah er zu den Fenstern hinauf und rief mit lauter Stimme, so als wolle er sich von seiner eigenen Wichtigkeit überzeugen:
    »Das ist die Residenz des Vogts von Lille. Er ist ein guter Freund von Alessandro Van de Veere, und hat ihn zu sich eingeladen. Mein Herr kann sich in seinem Haus aufhalten so lange er will.«
    Alix deutete ein Lächeln an und ließ sich von Collas aus der Kutsche helfen. Ihr Herz schlug heftig in Erwartung der ganz besonderen Augenblicke, die ihr gleich bevorstanden. Sie wusste noch gar nicht, wie sie sich verhalten sollte.
    Und dann ging alles so schnell. Sie hatte keine Ahnung, wie sie in die geräumige, abgeschlossene Wohnung gelangt war, die im Westflügel der Residenz lag, als plötzlich Alessandro vor ihr stand und ihr die Hand reichte.
    »Meine liebe Alix, mir scheint, wir haben ein hartes Stück Arbeit hinter uns. Jetzt seid Ihr endlich Webermeisterin und könnt Geschäfte machen, mit wem Ihr wollt.«
    »Danke, Alessandro, danke! Ihr und Jean de Villiers, dem ich ohnehin so viel verdanke, habt mich gerettet. Jetzt gehört Ihr beide zu meinen allerbesten Freunden. Danke.«
    Er nahm ihre Hände und schob sie sanft zur Treppe, ehe sie den großen Raum überhaupt richtig sah, in den man sie geführt hatte. Jetzt ging sie die hohen Marmorstufen zur Empfangshalle hinunter, der Bankier legte ihr den Arm um die Schultern, und schon fand sie sich draußen vor dem Haus wieder.
    »Kommt, Alix, wir wollen das Ereignis in einem Gasthaus feiern, das ich gut kenne. Ich möchte nicht hier im Haus bleiben. Es gehört mir nicht, und auch wenn man mich herzlich eingeladen hat, fühle ich mich doch nicht wohl.«
    Er sah sich nach den Ställen um und rief:

    »Collas! Fahr’ uns zum ›Hexenkessel‹. Da gibt es ausgezeichnetes Bier. Es wird Euch schmecken, Alix.«
    Dort machte er dem Kutscher ein Zeichen, das wohl bedeuten sollte, dass er den Rest des Abends zur freien Verfügung hatte.
    »Du kannst nach Hause fahren, Collas. Wir gehen zu Fuß zurück. Es ist sommerlich warm und am Ufer der Deûle wunderschön. Die Sterne werden uns den Weg zeigen.«
    Wenig später saßen sie in dem großen, lärmenden Gasthaus. Alle aßen und tranken, redeten durcheinander und lachten aus vollem Hals und bestellten neues Bier, sobald der Krug geleert war. Die Kellner brachten die Speisen auf großen Tabletts herein, die sie zu zweit tragen mussten - einer vorn und einer hinten. Eine Bedienung stellte sie dann mit lautem Getöse auf die Tische. Vor lauter Rauch sah man kaum die Hand vor Augen, aber aus den Kesseln, die über dem Feuer hingen, duftete es appetitlich.
    Alessandro und Alix wurden zwischen zwei Gäste geklemmt, die unter lauten Begeisterungsrufen Hühnerschenkel verspeisten, die nur so vor Fett trieften. Das Bier schmeckte tatsächlich köstlich, und Alix stürzte es schnell hinunter, bis sie ganz benommen wurde und den Kopf auf die Schulter ihres Begleiters legte.
    »Kommt, Alix, ich glaube, wir sollten an die frische Luft gehen.«
    »Nein, Alessandro! Ich hätte so gern noch einen kleinen Schluck Bier!«
    Aber er wollte ihr den vollen Schoppen aus der Hand nehmen und erhob sich.
    »Nein, jetzt ist es genug. Ich habe Collas nach Hause geschickt, das heißt, wir müssen jetzt laufen.«
    »Ich bin aber so müde. Bitte tragt mich.«
    Was war nur mit Alix los? Wahrscheinlich hatte sie mehr getrunken
als gewohnt. Jetzt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher