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Die Sehnsucht der Pianistin

Die Sehnsucht der Pianistin

Titel: Die Sehnsucht der Pianistin
Autoren: Ruth Nachtigall Nora Roberts
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warten, bis das Kind geboren war und mir dann das Sorgerecht entziehen lassen. Er schwor, dass er es sich zur Lebensaufgabe machen würde, mir auch noch dieses Kind wegzunehmen. Und dann hätte ich gar nichts mehr.“
    „Aber du … er konnte doch nicht …“
    „Ich war unerfahren in solchen Dingen, Vanessa. Ich wusste nicht, was er alles konnte. Ich wusste nur, dass ich am Ende nicht nur ein, sondern vielleicht sogar beide Kinder verlieren würde. Du solltest nach Paris gehen, all diese wunderbaren Dinge sehen und auf berühmten Bühnen spielen. Du solltest jemand werden.“ Die Tränen liefen ihr über die Wangen. „Gott ist mein Zeuge, Vanessa, ich weiß nicht, ob ich dich gehen ließ, weil ich glaubte, dass es dein Wunsch war, oder weil ich nur Angst hatte, etwas dagegen zu unternehmen.“
    „Das ist jetzt nicht mehr wichtig.“ Vanessa stand auf und trat zu ihrer Mutter. „Es spielt keine Rolle mehr.“
    „Ich wusste, dass du mich hassen würdest …“
    „Nein, das tue ich nicht.“ Sie legte die Arme um ihre Mutter und drückte sie an sich. „Das könnte ich gar nicht. Und das Baby?“, fragte sie leise. „Was ist dann geschehen?“
    Der alte Schmerz war wieder da, scharf und stechend. „Ich hatte eine Fehlgeburt, als ich im dritten Monat war. Du siehst, ich habe euch doch beide verloren. Ich durfte all die Kinder nicht haben, von denen ich geträumt hatte.“
    „Oh Mom.“ Vanessa drückte ihre Mutter fest an sich und ließ ihren eigenen Tränen freien Lauf. „Es tut mir leid. Es tut mir so leid. Es muss furchtbar für dich gewesen sein.“
    Loretta drückte ihre Wange an das Gesicht ihrer Tochter. „Es ist kein Tag vergangen, an dem ich nicht an dich gedacht und dich vermisst hätte. Wenn ich alles noch einmal tun könnte …“
    Vanessa schüttelte den Kopf. „Nein, wir können die Vergangenheit nicht zurückholen. Wir müssen von vorn beginnen“, sagte sie.

12. KAPITEL
    V anessa saß in ihrer Garderobe, umgeben von Blumen und deren berauschendem Duft. Aber sie beachtete sie kaum. Sie hatte so sehr gehofft, dass eines der üppigen Gebinde vielleicht von Brady geschickt worden wäre.
    Aber sie hätte es besser wissen müssen.
    Er hatte sie nicht zum Flugplatz gebracht. Er hatte auch nicht angerufen, um ihr Glück zu wünschen oder ihr zu sagen, dass sie ihm fehlen würde. Das war nicht sein Stil. Wenn Brady Tucker sauer war, dann war er sauer. Er machte auch keine Annäherungsversuche. Er war einfach sauer.
    Und das war sein Recht, wie sie zugeben musste.
    Schließlich war sie es, die ihn verlassen hatte. Sie war zu ihm gegangen, hatte sich ihm hingegeben, hatte ihn mit aller Leidenschaft und Hingabe geliebt, die eine Frau einem Mann entgegenbringen konnte. Aber sie hatte die Worte nicht ausgesprochen, und damit hatte sie sich ihm verweigert.
    Weil sie Angst hatte. Sie hatte Angst gehabt, einen schrecklichen, nicht wieder gutzumachenden Fehler zu begehen. Er würde nie verstehen, dass dies genauso um seinetwillen geschah wie um ihretwillen.
    Sie verstand jetzt so vieles besser, nachdem ihre Mutter mit ihr gesprochen hatte. Fehler konnten aus den redlichsten Motiven heraus gemacht werden. Es war zu spät, ihren Vater zu fragen, um seine Gefühle und Beweggründe zu verstehen.
    Sie konnte nur hoffen, dass es für sie selbst nicht auch zu spät war. Was war aus jenen Kindern geworden, die bis über beide Ohren ineinander verliebt gewesen waren? Brady hatte sein Leben, seinen Beruf und seine Antworten. Er hatte seine Familie, seine Freunde, sein Heim. Aus dem wilden, leichtsinnigen Jungen war ein zielstrebiger, integrer und vernünftiger Mann geworden.
    Und sie? Vanessa schaute auf ihre Hände hinab. Sie hatte ihre Musik. Sie war alles, was ihr je allein gehört hatte.
    Ja, sie verstand die Fehler ihrer Eltern nun besser, als es ihr lieb war. Sie hatten sie geliebt, beide auf ihre Weise, aber dadurch waren sie noch keine Familie geworden. Und es hatte auch keinen von ihnen glücklich gemacht.
    Während Brady seine Wurzeln in den fruchtbaren Boden seiner Heimatstadt grub, saß sie allein in einer mit Blumen gefüllten Garderobe und wartete auf ihren Auftritt.
    Es klopfte.
    „Herein.“
    „Vanessa!“ Prinzessin Gabriella, gekleidet in blaue Seide, trat ein.
    „Hoheit.“ Vanessa wollte aufstehen, doch Gabriella gebot ihr mit einer freundlichen Geste, sitzen zu bleiben.
    „Ich hoffe, ich störe Sie nicht.“
    „Natürlich nicht. Möchten Sie ein Glas Wein?“
    „Wenn Sie welchen haben.“
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