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Die Sehnsucht der Pianistin

Die Sehnsucht der Pianistin

Titel: Die Sehnsucht der Pianistin
Autoren: Ruth Nachtigall Nora Roberts
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Führerschein gemacht und bin bis nach Frederick gefahren, um zum Friseur zu gehen. Ich hatte mir einen Blütenzweig hinters Ohr gesteckt. Oh ja, ich weiß, er war unzuverlässig und leichtfertig. Das hat mein Vater mir oft genug gesagt. Allerdings hätte ich nie gedacht, dass er mich so gemein versetzen würde.“
    „Aber Vanessa …“
    „Zwei Tage lang habe ich das Haus nicht verlassen. Ich war ganz krank vor Enttäuschung. Und dann noch meine Eltern, die sich ständig in den Haaren lagen. Es war … oh, es war grässlich! Dann nahm mein Vater mich mit nach Europa, und das war’s dann auch.“
    Nachdenklich biss Joanie sich auf die Lippe. Sie hätte die Sache aufklären können, aber das war wohl etwas, das Brady selbst tun musste. „Vielleicht steckte etwas ganz anderes dahinter“, war alles, was sie sagte.
    Vanessa hatte sich wieder beruhigt und setzte sich. „Es spielt auch keine Rolle mehr. Schließlich ist es schon eine Ewigkeit her.“ Dann lächelte sie. „Übrigens, ich glaube, ich habe mich abreagiert, als ich ihn in den Magen boxte.“
    Joanie grinste in schwesterlicher Schadenfreude. „Das hätte ich gern gesehen.“
    „Es ist kaum zu glauben, dass er Arzt ist.“
    „Ich denke, das hat ihn selbst am meisten überrascht.“
    „Komisch, dass er nie geheiratet hat …“ Sie runzelte die Stirn. „Oder so.“
    „Auf das ‘oder so’ wollen wir mal nicht näher eingehen“, sagte Joanie augenzwinkernd. „Aber geheiratet hat er nicht. Es gibt allerdings eine ganze Reihe Frauen in der Stadt, die seit seiner Rückkehr chronische Gebrechen entwickeln.“
    „Das kann ich mir vorstellen.“
    „Wie dem auch sei, mein Vater ist im siebten Himmel. Hast du ihn schon gesehen?“
    „Nein, ich wollte zuerst zu dir.“ Sie nahm Joanies Hände. „Das mit deiner Mutter tut mir so leid. Ich habe es erst gestern erfahren.“
    „Am Anfang war es ziemlich hart. Dad war so verloren. Ich glaube, das waren wir alle.“ Sie erwiderte Vanessas Händedruck. „Ich weiß, dass du deinen Vater verloren hast, und verstehe gut, wie schlimm das für dich gewesen sein muss.“
    „Er war schon lange krank gewesen, aber ich wusste nicht, wie ernst es war, bis … nun ja, bis es fast vorbei war.“ Ihr Magen meldete sich wieder, und sie rieb automatisch mit der Hand darüber. „Es hat mir ein wenig darüber hinweggeholfen, die restlichen Engagements zu erfüllen, weil ich wusste, dass ihm das sehr wichtig gewesen wäre.“
    „Ich weiß.“ Joanie wollte noch etwas sagen, als es in der Sprechanlage auf dem Tisch knackte. Man hörte einen leisen Jammerlaut, dann ein Gurgeln und dann ein kindliches Gebrabbel. „Sie ist aufgewacht und bereit, sich auf den Kriegspfad zu begeben.“ Lächelnd sprang Joanie auf. „Ich bin gleich wieder da.“
    Allein gelassen stand Vanessa auf und begann durchs Zimmer zu wandern. Es war mit so vielen persönlichen, anheimelnden Dingen angefüllt. Bücher über Landwirtschaft und Kindererziehung, Hochzeits- und Babyfotos. Sie entdeckte eine alte Porzellanvase, die sie schon als Kind im Haushalt der Tuckers gesehen hatte. Durchs Fenster konnte sie die Scheune sehen und die Kühe, die in der Mittagssonne dösten.
    Wie im Roman, dachte sie. Wie in den Träumen ihrer Kindheit.
    „Vanessa?“
    Sie wandte sich um und erblickte Joanie im Türrahmen, ein pausbäckiges, dunkelhaariges Baby auf dem Arm.
    „Oh, Joanie, ist die Kleine goldig!“
    „Ja.“ Joanie küsste Lara aufs Köpfchen. „Das ist sie. Willst du sie mal halten?“
    „Und ob ich will.“ Vanessa kam durchs Zimmer und nahm das Baby auf den Arm. Nach einem langen, argwöhnischen Blick lächelte Lara und strampelte mit den Beinchen. „Bist du süß“, murmelte Vanessa zärtlich. Dann hob sie die Kleine über ihren Kopf und drehte sich mit ihr. Lara jauchzte begeistert.
    „Sie mag dich.“ Joanie nickte zufrieden. „Ich habe ihr immer erzählt, dass sie ihre Patentante bald kennenlernen wird.“
    „Ihre Patentante?“ Verwirrt setzte Vanessa das Kind auf ihrer Hüfte ab.
    „Natürlich.“ Joanie fuhr Lara übers Haar. „Ich habe dir gleich nach ihrer Geburt geschrieben. Mir war klar, dass du es bis zu ihrer Taufe nicht schaffen würdest. Deshalb haben wir eine Vertretung für dich bestellt. Aber ich wollte, dass du und Brady ihre Pateneltern werdet.“ Als Joanie Vanessas verblüfften Gesichtsausdruck sah, runzelte sie die Stirn. „Hast du den Brief etwa nicht bekommen?“
    „Nein.“ Vanessa drückte die Wange an das kleine
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