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Die Sehnsucht der Pianistin

Die Sehnsucht der Pianistin

Titel: Die Sehnsucht der Pianistin
Autoren: Ruth Nachtigall Nora Roberts
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übte.“
    Vanessa schnippte ein imaginäres Staubkörnchen von ihrem Knie. „Ich kam zufällig vorbei.“
    „Du kamst, weil ich immer ohne Hemd trainierte und du meine nackte, schweißglänzende Brust sehen wolltest.“
    Sie lachte wegwerfend, aber was er sagte, war wahr. Sie sah ihn an. Sein Gesicht lag im Schatten, und er lächelte entspannt. Sie erinnerte sich, dass er sich schon immer gut entspannen konnte. Und schon immer hatte er sie zum Lachen bringen können.
    „Na ja, so toll war das nun auch wieder nicht – ich meine, deine schweißglänzende Brust.“
    „Ich habe etwas zugelegt“, sagte er leichthin. „Und ich trainiere immer noch.“ Diesmal schien sie gar nicht zu bemerken, dass er ihr Haar streichelte. „Ich erinnere mich an den Tag. Es war Ende des Sommers, vor meinem letzten Schuljahr. Innerhalb von drei Monaten hatte sich eine kichernde kleine Nervensäge in die anbetungswürdige ‘Sexy Saxton’ verwandelt, eine Fee mit wallender Mähne und fantastischen Beinen, die sie auch großzügig zur Schau stellte. Du warst eine Wucht und hast mir ganz schön den Mund wässrig gemacht.“
    „Dabei hast du die Augen immer nur nach Julie Newton verdreht.“
    „Nein, ich habe immer nur so getan, während ich in Wirklichkeit hinter dir her war. Und dann kamst du an jenem Tag zufällig vorbei. Du warst in Lesters Laden gewesen, denn du hattest eine Flasche Limo dabei. Ich habe das Bild noch genau vor Augen.“
    Vanessa hob die Brauen. „Hast du aber ein gutes Gedächtnis.“
    „Na hör mal, das war ein Wendepunkt in unserem Leben. Du sagtest: ‘Hallo, Brady, du siehst schrecklich erhitzt aus. Willst du einen Schluck?’“ Er grinste. „Ich habe fast in meinen Basketball gebissen. Und dann hast du mit mir geflirtet.“
    „Habe ich nicht.“
    „Du hast mit den Wimpern geklimpert.“
    Vanessa unterdrückte ein Kichern. „Ich habe niemals mit den Wimpern geklimpert.“
    „Und ob du das hast.“ Er seufzte wehmütig. „Es war phänomenal.“
    „Wenn ich mich recht erinnere, hast du fürchterlich angegeben. Du hast dich produziert wie ein echter Macho, Körbe geworfen und alles Mögliche veranstaltet. Und dann hast du mich gepackt.“
    „Daran erinnere ich mich. Es hat dir gefallen.“
    „Du hast gestunken wie ein Wiedehopf.“
    „Mag sein. Trotzdem war es mein schönster erster Kuss.“
    Und meiner auch, dachte Vanessa. Ihr war nicht bewusst, dass sie sich an seine Schulter lehnte. Sie lächelte selbstvergessen. „Wir waren so jung, und alles war so unkompliziert.“
    „Manche Dinge brauchen auch nicht kompliziert zu sein“, sagte er, war sich seiner Sache dabei aber gar nicht so sicher. „Sind wir wieder Freunde?“
    „Meinetwegen.“
    „Ich konnte dich noch gar nicht fragen, wie lange du bleibst.“
    „Das weiß ich noch nicht.“
    „Dein Terminkalender ist sicher vollgepackt.“
    „Ich habe mir ein paar Monate freigenommen. Vielleicht gehe ich für ein paar Wochen nach Paris.“
    Er nahm wieder ihre Hand und drehte sie um. Ihre Hände hatten ihn schon immer fasziniert, diese langen, schmalen Finger, die weichen Handflächen und die kurz gefeilten Nägel. Sie trug keine Ringe. Einmal hatte er ihr einen geschenkt. Er hatte das ganze Geld, das er den Sommer über mit Rasenmähen verdient hatte, für einen Goldring mit einem winzig kleinen Brillanten ausgegeben. Sie hatte ihn begeistert geküsst, als er ihn ihr gab, und geschworen, ihn nie wieder abzulegen.
    Kindheitsversprechen werden von Erwachsenen achtlos gebrochen. Es war ein dummer Wunsch, den Ring wieder an ihrem Finger zu sehen.
    „Weißt du, vor ein paar Jahren habe ich dich in der Carnegie Hall spielen sehen. Es war überwältigend. Du warst überwältigend.“ Zu ihrer und seiner eigenen Überraschung zog er ihre Finger an die Lippen. Dann ließ er sie hastig los. „Ich hoffte, dich zu treffen, aber wahrscheinlich hattest du keine Zeit.“
    Vanessa spürte den Druck seiner Lippen noch immer bis in die Zehenspitzen. „Wenn du angerufen hättest, dann hätte ich es schon einrichten können.“
    „Ich habe angerufen.“ Sein Blick suchte ihren. „Doch damals ist mir erst richtig aufgegangen, wie berühmt du geworden warst. Es ist mir nicht gelungen, bis zu dir durchzudringen.“
    „Das tut mir leid, wirklich.“
    „Ist nicht so schlimm.“
    „Doch, ich hätte dich gern wiedergesehen. Manchmal war mir dieses ständige Abgeschirmtwerden selbst zu viel.“
    „Mag sein.“ Er legte ihr die Hand unters Kinn. Sie war noch
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