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Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)
Autoren: Christine Feehan
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äußerst angenehme Ausdrucksweise. Was Astralträume anging, war dieser ihr bisher faszinierendster. Je länger sie blieb, desto realer erschien ihr dieser Mann.
    »Von einem solchen Phänomen habe ich bisher noch nichts bemerkt«, erwiderte er, und seine Augen blitzten vor Belustigung. »Doch ich werde in Zukunft darauf achten.«
    Die Vorstellung, dass Frauen sich in ihn verliebten, irritierte Joie auf einer sehr ursprünglichen weiblichen Ebene, was sie erstaunte, weil es so gar nicht zu ihr passte. Sie arbeitete jeden Tag mit Männern zusammen und war nicht ein einziges Mal auf die Idee gekommen, dass sie auf Dauer einen an ihrer Seite haben wollte. Wie merkwürdig, dass sie ausgerechnet während einer Astralreise einem Mann begegnete, den sie attraktiv fand. Ihr gefielen seine sexy Stimme und sein kraftvoller, durchtrainierter Körper. Der Fremde war eindeutig Europäer, und obwohl sein Haar länger war, als sie es bei Männern normalerweise mochte, stand es ihm außergewöhnlich gut und passte zu seinem aristokratischen Gesicht.
    Sein Alter konnte sie nicht bestimmen, doch er war ein Krieger. Die Art von Mann, die sie wirklich reizte. Als sie merkte, wie sie ihn anstarrte, rang sie sich zu einem Lächeln durch und versuchte zu vermeiden, dass ihre Zähne klapperten. Die Kälte in ihrem Innersten war schlimmer geworden, als wäre ihre Kerntemperatur beängstigend gefallen.
    »Sie sind zu charmant, um es nicht bemerkt zu haben«, erklärte sie. »Auf mich wirken Sie jedenfalls wie ein sehr erfahrener Mann.« Sie sah sich um. »Hübsche Höhle. Ich mag Höhlen. Und diese sieht wie ein großartiger Ort zum Erforschen aus.«
    »Ich glaube nicht, dass diese Höhle schon entdeckt worden ist«, entgegnete er freundlich.
    »Tatsächlich? Dann sind Sie also gewissermaßen mit verbundenen Augen hineingestolpert? Interessante Art der Höhlenforschung. Wo bin ich? Ich würde gern noch mal hierher zurückkommen.«
    »Wie konnten Sie diese Höhlen finden, wenn Sie nichts von ihnen wussten? Sind Sie mit verbundenen Augen durch die Luft geflogen und haben sich einfach treiben lassen?«
    Sie grinste ihn an. »Das tue ich manchmal, wenn ich nicht sein will, wo ich bin. Eine schlechte Angewohnheit von mir.«
    Traian betrachtete sie prüfend. Sie war schön, auch wenn ihre Gestalt bisweilen zu verblassen schien. »Sie befinden sich in einem Netzwerk von Eishöhlen in den Karpaten, einem Gebirge, das als die Heimat meines Volkes gilt. Wie die Wildnis der Wälder und die Tiefen dieser Erde.«
    Joie runzelte die Stirn. »Ich mag die Art, wie Sie reden, wirklich, sehr altmodisch und höflich, aber Sie schaffen es auch immer wieder, meinen Fragen auszuweichen. Die Karpaten sind nämlich zufällig eine sehr lange Gebirgskette und verlaufen durch viele Länder.«
    Solange Traian sich zurückerinnern konnte, war Täuschung ein wesentlicher Bestandteil seiner Lebensart gewesen. Karpatianer hinterließen keine Spuren, keine Anhaltspunkte, nichts, was darauf hindeuten könnte, dass sie nicht menschlich waren. Und schon gar nicht gaben sie die Lage ihres Heimatlandes preis. Deshalb zögerte Traian, ihre Frage zu beantworten, denn der Prinz befand sich in der Nähe und musste um jeden Preis beschützt werden.
    Die Gestalt der Frau begann zu flimmern, und ihr Lächeln schwand. »In dieser Klinik tun sie irgendetwas Scheußliches mit mir; ich kann die Projektion nicht halten.«
    Traian setzte sich auf und unterdrückte ein Stöhnen, als die Glut unter seiner Haut wieder zu brennen begann. »Bitte gehen Sie noch nicht!«
    »Tut mir leid.« Sie blickte auf ihren Arm herab, und als sie sich Traian wieder zuwandte, waren ihre Augen feucht von Tränen. »Sie reinigen meine Wunde. Es tut irre weh.«
    »Ich muss Sie finden können. Wo sind Sie?«
    Sie runzelte erneut die Stirn. »Ich weiß nicht. Im Krankenhaus.«
    »Rumänien. Diese Höhlen liegen in Rumänien. Ich darf Sie nicht verlieren«, sagte er und streckte die Hand aus, um sie aufzuhalten.
    Sie versuchte es. Er konnte sehen, wie sehr sie sich bemühte. Aber ihr Körper zerfiel bereits, und was sie ihm noch sagte, konnte er nicht hören.
    »Ich muss Sie wiedersehen. Verraten Sie mir Ihren Namen! Ihren Namen, schnell!« Damit würde er sie finden können.
    Sie öffnete den Mund, aber kein Laut kam über ihre Lippen, und dann war sie auch schon fort. Spurlos verschwunden. So einfach. Von einer Sekunde auf die andere. Allein saß Traian im Dunkel der Höhle und staunte darüber, wie sich das Leben
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