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Die Sehnsucht der Konkubine

Die Sehnsucht der Konkubine

Titel: Die Sehnsucht der Konkubine
Autoren: Kate Furnivall
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mit dir reisen zu können, mein Liebes, aber das würde dich nur noch mehr in Gefahr bringen.«
    »Du wirst dich mit mir treffen?«, fragte sie. »Du wirst dort sein?«
    »Ich verspreche es.«
    »Und du wirst es dir nicht anders überlegen und wieder mit deinen Kommunisten losziehen?«
    »Nein. Diesmal nicht.«
    Ihre Blicke begegneten sich, und sie glaubte ihm. Es war ein Risiko, aber sie hätte nicht damit leben können, es nicht einzugehen. Er beugte sich vor, sah in ihren Augen, dass sie ihm glaubte, und küsste sie auf den Mund, ohne auf die anderen im Auto zu achten.
    »Nun«, sagte er leise, »und wo wartet dein Kosakenbär auf dich?«
    Es hatte aufgehört zu schneien. Während Lydia die Borodino-Brücke im Südwesten Moskaus betrat, rumpelten Automobile mit Schneeketten an ihr vorbei, und eine blasse, wässrige Sonne stand tief am Horizont, als fehlte ihr die Kraft, höher zu steigen. Sie spürte, wie Erleichterung sie durchflutete, als sie den Kosaken sah, der auf sie wartete und die Zähne bleckte, als sie auf ihn zukam. Hatte er befürchtet, sie würde nicht kommen? Dass sie sich nicht an ihre Verabredung halten würde, hier inmitten der schmiedeeisernen Platten, die an die Helden des Krieges von 1812 erinnerten?
    »Noch bin ich nicht in Lubjanka eingelocht«, sagte sie mit einem Lächeln.
    Lubjanka war das schlimmste Gefängnis in ganz Moskau, ein ansehnliches Gebäude aus gelbem Backstein, in dessen Kerkern Menschen mit Verhörmethoden auseinandergenommen wurden, die niemand für möglich gehalten hätte.
    »Erwähne bloß nicht dieses stinkige Loch«, brummte er und musterte sie mit seinem schwarzen Auge. »Du siehst furchtbar aus.«
    Darauf ging sie nicht ein. »Hallo, Elena.«
    Die Frau stand neben ihm, die Arme verschränkt, und starrte entsetzt auf die stacheligen Haarreste, die unter Lydias Mütze hervorschauten, aber sie gab keinen Kommentar ab. »Du bist gekommen«, war alles, was sie sagte.
    »Also, Liew. Ihr fahrt in die Ukraine?«
    » Da . Da gibt es wenigstens noch richtige Menschen. Scheiß auf Moskau. Das ist nicht mehr als eine Sowjetmaschine hier.«
    Lydia streckte eine Hand aus und legte die Fingerspitzen an seine granitharte Brust. »Pass gut auf dich auf, mein Freund.« Sie blickte zu ihm hoch. »Fühlst du dich besser?«
    »Wie ein Lämmchen im Frühling.«
    Sie lachte.
    »Und du?«, fragte er und zog die raupendicken Augenbrauen zusammen.
    »Mehr wie eine alte Ziege.«
    Er nickte, nestelte nachdenklich an seinem Bart herum, und sie bemerkte erst jetzt, dass er so versengt war, dass er auf einer Seite ganz schief aussah. Plötzlich tauchte hinter seinem Rücken ein schmales Gesicht auf.
    »Was war das denn für ein Auto, mit dem du gekommen bist?«
    »Edik! Was machst du denn hier? Und Misty.« Sie knuffelte die Ohren des Welpen. »Das Auto gehört einigen eher unangenehmen Kumpanen meines chinesischen Freundes.«
    Popkow zog eine finstere Miene. »Sie haben ihn mitgenommen?«
    Sie nickte und starrte auf Popkows alte Lederstiefel hinab, die mit dem Emblem eines heulenden Wolfs verziert waren. »Liew«, sagte sie leise. »Du hast das mit Alexej schon die ganze Zeit gewusst, stimmt’s?«
    Er brummte.
    »Dass er nicht mein Bruder ist. Du hast es die ganze Zeit gewusst. Und deshalb warst du auch so ekelhaft zu ihm.«
    Er brummte abermals.
    »Du hättest es mir sagen sollen.«
    » Njet . Ich konnte nicht. Es hat dich glücklich gemacht.«
    Ihr wurde die Kehle eng. Sie sagte nichts mehr. Ein Pferdewagen fuhr an ihnen vorbei, sprühte eine Wolke aus schmutzigem Schnee auf sie, und Misty bellte. Die Erde drehte sich immer noch.
    »Ich will Weizen anbauen«, verkündete Popkow.
    »Du?«, Lydia lächelte. »Ein Bauer?«
    »Wir werden es lernen«, pflichtete ihm Elena hoffnungsvoll bei. »Edik wird uns dabei helfen, nicht wahr, mein Junge?« Sie stupste ihn zwischen die knochigen Rippen und lachte.
    »Wenn ihr mich zwingt«, grinste er.
    Lydia schaute die kleine Familie an, sah den warmen Stolz auf Liews geschundenem Gesicht, und sie beneidete sie. »Werdet glücklich«, sagte sie leise, doch es fiel ihr schwer, ihren alten Freund gehen zu lassen. Liew schaute sie an, wandte kurz den Blick ab, um einen beladenen Frachtkahn zu beobachten, der die Moskwa entlangtuckerte, und sah wieder zu ihr.
    »Was ist denn, Liew?«
    Der Kosak straffte seine Schultern und brummte etwas Unverständliches in seinen Bart.
    »Es ist so«, sagte Elena steif. »Ohne dich will er nicht fahren.«
    Lydia schloss die
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