Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Seherin von Garmisch

Titel: Die Seherin von Garmisch
Autoren: Martin Schueller
Vom Netzwerk:
mehr kennengelernt, oder?«
    »Leider nein«, antwortete Lortzig mit einem feinen
Lächeln. »Aber ich höre Wunderdinge über ihn.«
    »Ja … wir sind sehr froh, ihn bei uns zu haben. Er hat
auch das gefunden, warum ich jetzt hier bin.«
    Lortzig nickte verstehend.
    »Ihnen war klar, dass Ihre Abdrücke nach wie vor im ASIF gespeichert sind?«
    »Ja«, sagte Lortzig.
    »Trotzdem hatten wir den Eindruck, der Abdruck sei mit
voller Absicht da hinterlassen worden.«
    »Das ist auch gut möglich«, sagte Lortzig unverändert
freundlich. »Steht das so auch in Drägers Bericht?«
    »Der Bericht«, sagte Schwemmer, »ist noch nicht
abgeschlossen.«
    »Ah ja …« Lortzig sah ihn abwartend an.
    »Die Kugler-Geschichte hat Ihnen immer schwer im Magen
gelegen, nicht wahr?«
    »Das kann man so sagen«, antwortete Lortzig.
    Schwemmer nahm noch einen Schluck Kaffee.
    »Ich denke es mir so«, sagte er dann. »Sie haben
mitbekommen, was der alte Kunkel über seine Frau und die Beweise in ihrem Grab
erzählt. Das brachte Sie auf die Idee, Kugler einen Drohbrief zu schreiben. Und
wie beabsichtigt, bekam der es mit der Angst, dass jemand die Beweise ausgraben
würde, und hat selber gegraben. Sie haben sich auf dem Friedhof versteckt,
gewartet, bis er fertig war, ihn dann mit Chloroform betäubt und gefesselt
liegen lassen.«
    »Ja«, sagte Lortzig. »Das war der Plan, und er hat
funktioniert. Aber es waren zwei Drohbriefe.«
    »Warum zwei?«
    »Leider ist er ja beim ersten Mal von diesem eifrigen
Herrn Gärtner gestört worden. Er ist geflohen, bevor der Sarg auf war. Danach
schien er etwas den Mut verloren zu haben, deshalb hab ich ihn ein zweites Mal
aufgescheucht. Ich wollte ja nicht ewig die Nächte auf dem Friedhof
verbringen.«
    »Warum haben Sie nicht einfach selber gegraben?«
    »Das wäre eine Straftat gewesen.«
    »Was Sie jetzt getan haben, war auch eine.«
    »Ja. Aber eine unvermeidbare.«
    Lortzig griff nach seiner Tasse. Schwemmer kam die
Bewegung ein wenig fahrig vor. Offenbar war sein Amtsvorgänger nicht so ruhig
und entspannt, wie seine gelassene Rede vorgab.
    »Herr Lortzig, dass Sie mir jetzt den Schwarzen
Peter zugeschoben haben, finde ich akzeptabel – nicht schön, aber akzeptabel«,
sagte Schwemmer. »Aber Sie haben auch den Kollegen Dräger in ein schwieriges
Dilemma gebracht, und das hat der eigentlich nicht verdient.«
    »Es tut mir auch ehrlich leid. Aber ich habe keinen
besseren Weg gesehen.«
    »Sie hätten direkt zu mir kommen können. Wir hätten
einen Weg gefunden.«
    »Sie meinen, wir beide hätten das unter uns geregelt?«
    Schwemmer zuckte die Achseln. »Wenn Sie so wollen …
ja.«
    »Aber mit welcher Begründung hätten Sie dann die
Ermittlungen eingestellt, Herr Schwemmer? Das wäre doch schwerlich möglich
gewesen. Und wenn Dräger so gut ist, wie man mir berichtet, wäre er mir früher
oder später ja doch auf die Spur gekommen. Der Fingerabdruck war ein Statement.
Dräger sollte wissen, woran er ist. Und er soll sich bitte frei entscheiden,
was er in seinen Bericht schreibt. Richten Sie ihm das von mir aus, bitte?«
    Schwemmer nickte. »Was erwarten Sie jetzt von mir,
Herr Lortzig?«, fragte er.
    »Ich erwarte, dass Sie tun, was Sie für richtig
halten.«
    Schwemmer sagte nichts, nippte nur an seinem Kaffee.
    »Ist Schafmann eingeweiht?«, fragte Lortzig.
    »Nein. Warum hätte ich ihn damit belasten sollen?«
    »Ja. Das wäre tatsächlich unnötig«, sagte Lortzig.
»Ich habe Schafmann immer sehr geschätzt als Mitarbeiter. Stets einer der
Verlässlichsten in der Truppe.«
    »Ist er es, der Sie immer auf dem neuesten Stand über
meine Wache hält?«, fragte Schwemmer.
    »Trauen Sie ihm das zu?«
    »Ich bin Polizist. Genau wie Sie. Wir müssen immer
allen alles zutrauen. Auch wenn’s manchmal schmerzt.«
    »Da haben Sie natürlich recht. Deshalb mein Wort:
Nein. Auf Schafmanns Loyalität können Sie sich verlassen. Ein guter Polizist.
Hab ich ehrlich gesagt nicht erwartet, damals, als er bei uns anfing. Ich
dachte, der springt bald wieder ab. Er hat ja viel Musik gemacht. Wer weiß –
wenn er damit ein bisschen mehr Erfolg gehabt hätte …«
    »Ja … Ich war überrascht zu hören, dass er in einer
Punk-Band gesungen hat.«
    »Was für eine Art Band das war, entzieht sich meiner
Kenntnis. Sie hatte allerdings einen sehr seltsamen Namen.«
    »Welchen denn?«
    »›Männer beim Arzt‹.«
    Schwemmer sah ihn fassungslos an. »Sie nehmen mich auf
den Arm!«
    »Keineswegs. Und seien wir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher