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Die Seemannsbraut

Die Seemannsbraut

Titel: Die Seemannsbraut
Autoren: Alexander Kent
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den Weg für die anderen frei, wie sie es immer getan hatte.
    Laut sagte er: »Es gibt keine bessere als dich, old Lady!«
    Im nächsten Augenblick war sie verschwunden. Nur Schaum und Treibgut blieben zurück, als sie kopfüber ihre letzte Reise zum Meeresgrund antrat.

Epilog
    Am Rand der Klippe hielt Bolitho inne und spähte über die Bucht von Falmouth. Es lag noch kein Schnee, aber der Wind, der das Kliff umbrauste und unten Gischt hochriß, war bitterkalt. Die niedrigen, dickbäuchigen Wolken versprachen Graupel noch vor der Dunkelheit.
    Bolitho fühlte den Wind an seinen mit Salz und Regen getränkten Haaren zerren. Er hatte eine kleine Brigg beobachtet, die sich vom Heiford River durchschlug, sie aber aus den Augen verloren in dem winterlichen Dunst, der wie Rauch von der See hereinkam. Kaum zu fassen, daß morgen der erste Tag eines neuen Jahres war und daß er selbst nach seiner Rückkehr noch immer ein Gefühl des Verlustes und der Ungläubigkeit verspürte. Als
Hyperion
untergegangen war, hatte er sich damit zu trösten versucht, daß weder ihr Ende noch der Tod so vieler Männer vergebliche Opfer gewesen waren. Hätte sich das spanische Geschwader der Vereinigten Flotte Villeneuves in Cadiz anschließen können, wäre Nelson wohl in die Rolle des Verlierers gedrängt worden.
    Bolitho hatte sich schließlich auf der Fregatte
Tybalt
zur Reise nach Gibraltar eingeschifft und Herrick die Führung des Geschwaders überlassen, obwohl die meisten Schiffe unverzüglich eine Werftliegezeit benötigt hätten.
    Beim Felsen hatten ihn die Ereignisse dann überrascht. Die Vereinigte Flotte war ausgebrochen, ohne auf weitere Unterstützung zu warten. Aber – ob nach Anzahl der Schiffe unterlegen oder nicht – Nelson hatte einen überragenden Sieg errungen. In einer einzigen Schlacht hatte er zwei Drittel der spanisch-französischen Flotte vernichtet oder gekapert und dadurch jede Hoffnung Napoleons vereitelt, in England Fuß zu fassen. Aber die Schlacht vor Kap Trafalgar hatte Nelson das Leben gekostet. Trauer senkte sich über die ganze Flotte, und auch an Bord der
Tybalt,
wo keiner der Männer Nelson jemals gesehen hatte, waren alle so erschüttert, als ob sie einen Freund verloren hätten. Der Sieg selbst wurde völlig von Nelsons Tod überschattet, und als Bolitho schließlich Plymouth erreichte, entdeckte er, daß die Trauer auch in England die gleiche war.
    Zu Bolithos Füßen kochte die See. Er wickelte sich enger in seinen Umhang.
    Er dachte an Nelson, den Mann, den er so gern getroffen hätte, um mit ihm von Seemann zu Seemann zu reden. Wie ähnlich ihrer beider Leben verlaufen war, gleich Parallelen auf dem Papier. Er entsann sich, Nelson einmal gesehen zu haben, während des unglückseligen Angriffs auf Toulon, aber nur aus der Ferne, an Bord des Flaggschiffs. Er hatte Bolitho zugewinkt, ein eher schmächtiger junger Kapitän, der später die Welt verändern sollte. Sonderbar, das Flaggschiff, auf dem sich Nelson damals Befehle holte, war seine spätere
Victory.
Bolitho gedachte auch der wenigen Briefe, die er von ihm erhalten hatte, alle während der letzten Monate auf der
Hyperion.
In seiner eigenartig schrägen Handschrift, die er sich nach dem Verlust des rechten Arms angewöhnt hatte: »Dort werden Sie entdecken, wie eifrig sie ihre Kriege mit Worten und Papier ausfechten, statt mit Kanonen und hartem Stahl …« Nelson hatte gegen hochtrabenden Pomp nie ein Blatt vor den Mund genommen.
    Und dann jener Hinweis, so schicksalhaft für Bolitho, als er
Hyperion
zum Flaggschiff verlangt hatte und sie ihm nur widerstrebend gegeben wurde: »… Man gebe Bolitho jedes Schiff, das er verlangt. Er ist Seemann, kein Landmann.« Bolitho war froh, daß wenigstens Adam ihn getroffen hatte.
    Er schaute zurück auf den windumtosten Felsenpfad, der nach Pendennis Castle führte. Die Befestigungsanlagen waren teilweise von Dunst oder niedrigen Wolken verborgen, der Rest sah grau und bedrohlich aus. Er wußte nicht mehr, wie lange er schon spazieren gegangen und warum er überhaupt hierher gekommen war. Auch nicht, ob er sich jemals so allein gefühlt hatte.
    Wieder in England, hatte er der Admiralität einen kurzen Besuch abgestattet. Aber kein hoher Beamter war für ihn erreichbar gewesen, angeblich waren alle mit den Vorbereitungen für Nelsons Beisetzung beschäftigt. Bolitho hatte die Abfuhr ignoriert, London den Rücken gekehrt und war nach Falmouth gefahren. Von Catherine lagen keine Briefe vor. Es war, als
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