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Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle
Autoren: Stephen R. Lawhead
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einem aus der Sammlung gepflückten Band – aus dem Staub.
    Wenn man eine kleine Abschweifung gestattet, dann kann nun berichtet werden, dass das fragliche Buch lange Zeit ein Bestandteil der Familienbibliothek eines unbedeutenden Adligen aus dem Süden gewesen war. Entsprechend der Anweisung waren aus dem Nachlass des Verstorbenen diese Bücher zusammen mit seiner Sammlung von römischen Gläsern und von Tafelsilber aus der Tudorzeit zum Museum gelangt. Man glaubte, dieses Buch stammte aus dem späten sechzehnten Jahrhundert; es handelte sich um einen kleinen, gepflegten, ledergebundenen Band mit einem handgeschriebenen Text, der von seinem Autor als Inconssensus Arcanus oder Verbotene Geheimnisse betitelt wurde.
    Dieses spezielle Werk wurde nicht wegen seines historischen Wertes, der minimal war, und auch nicht wegen seines Informationsgehaltes hoch geschätzt – der sogar noch geringer war, da es völlig unleserlich war. Das Buch wurde nur deshalb aufbewahrt, weil alles, was auf den Seiten mit dem dicht geschriebenen, mysteriösen Text entziffert werden konnte, der Name Roger Bacon war: Und das war kein anderer als der berühmte im Mittelalter lebende und an der Universität von Oxford lehrende Professor. Der Priester und Wissenschaftler – der berühmte Doctor Mirabilis – war der Autor von vielen gelehrten Büchern, einschließlich des legendären Opus Minus Alchemaie .
    Jede Seite des Buches der verbotenen Geheimnisse , als das es bekannt wurde, war voller seltsamer Bildsymbole, die den Buchstaben eines unbekannten Alphabets ähnelten – des Alphabets einer Sprache, die niemand auf Erden jemals gesprochen gehört hatte. Ein geheimer Code? Eine okkulte Sprache? Wer wusste das schon? Douglas Flinders-Petrie hatte eine recht zuverlässige Vermutung, dass es sich weder um eine Sprache noch um einen Code handelte. Es war vielmehr nach seiner wohlüberlegten Meinung eine vollkommen symbolische Schrift, die Bruder Bacon irgendwann um das Jahr 1250 herum entwickelt hatte – dieselbe Symbologie, die seinen Urgroßvater Arthur Flinders-Petrie bei der Erstellung der Meisterkarte inspiriert hatte.
    Kurz gesagt, Douglas war der Auffassung, dass das uralte Manuskript ein Verzeichnis von Experimenten und Koordinaten darstellte. Die Wiedergabe von Experimenten beschrieb demzufolge ausführlich alchemistische Prozesse; und die genannten Koordinaten waren die der Ziele von Ley-Linien. Ergo hatte Roger Bacon – zusätzlich zu seinen anderen, höher gelobten Leistungen – ebenfalls das Ley-Reisen entdeckt.
    Über diese Angelegenheiten könnte noch viel mehr gesagt werden; man hat jedoch das Gefühl, dass dies für den Moment völlig genügt. Auf jeden Fall ist es genug, um damit voranzukommen. Also behalten wir diese Einzelheiten fest in unserem Gedächtnis und kehren zu unserer Geschichte zurück, worin Freitag sich freinimmt.

ERSTES KAPITEL

    C assandra Clarke verdiente ihre Brötchen, indem sie Knochen ausgrub. Sie verbrachte jeden Sommer ihres Berufslebens damit, dass sie in Gräben verschiedener Tiefen hockte – mit einer Kelle in der einen Hand und einem Handbesen in der anderen – und die Skelettüberreste von lange verstorbenen Kreaturen ausgrub, von denen viele nur der Wissenschaft und einige überhaupt keinem bekannt waren. Das Graben lag ihr im Blut: Ihre Mutter war Alison Brett Clarke, eine Paläontologin von Weltruhm. Dennoch hatte Cassandra nicht die Absicht, ihr ganzes Leben mit einer Schutzbrille aus Plexiglas, Staub in den Haaren und einem feuchtem Taschentuch über der Nase zu verbringen. Ihr Ehrgeiz ging weit darüber hinaus, in Kisten Fossilien zu verpacken, die sorgfältig katalogisiert und dann in irgendeinem muffigen Museumsuntergeschoss weggeschlossen werden sollten.
    Ihr Vater war der Astrophysiker J. Anthony Clarke III., dessen Theorie über den Ursprung des Universums durch Quantenschwankungen in einem Plasmafeld ihm eine Nobelpreisnominierung einbrachte. Er liebte es, den Leuten zu erzählen, dass seine altkluge Tochter mit ihren Füßen im Schmutz und mit ihrem Kopf in den Sternen geboren worden war. Diejenigen, die diese witzige Bemerkung hörten, nahmen an, es handelte sich um eine Anspielung auf ihre Herkunft und auf die Tatsache, dass sie so viel Zeit damit zubrachte, in Bodenlöchern herumzuwühlen. Das stimmte schon, doch es war auch eine heimliche Andeutung auf den Hang zu fantastischen Erfindungen, durch den sich seine geliebte Cassie auszeichnete.
    Als Kind leitete Cass von einem
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