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Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle
Autoren: Stephen R. Lawhead
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Dumm und Dümmer ist das Roadmovie zugleich ein Symbol und ein Fest für den angeborenen spirituellen Wunsch, sich zu verändern und transformiert zu werden. Wie der Physiker Werner Heisenberg – ein Mann, der etwas vom schwer fassbaren Wesen der Realität und ihrer Auswirkungen auf den menschlichen Geist wusste – es einmal ausgedrückt hat: »Die menschliche Rasse scheint nichts mehr zu lieben als einen langen Umweg.«
    Die Straße und die dazugehörenden Umwege, Gefahren und Katastrophen können wirkungsvolle Mittel für die Veränderung sein. Als ich mich im Arabischen Frühling des Jahres 2011 den Vororten von Damaskus näherte, konnte ich mich mühelos an die Reise des Mannes erinnern, der als heiliger Apostel Paulus eine weltberühmte historische Persönlichkeit wurde. Damals im ersten Jahrhundert war er jedoch zunächst als Saulus bekannt. Er befand sich auf dem Weg von Jerusalem aus – und sein Herz war voller Hass –, als er urplötzlich von einem Licht niedergeworfen wurde, das so mächtig war, dass es sich nicht ignorieren ließ. Saulus stürzte zu Boden, und Gott sprach zu ihm. Ironischerweise bestand der Zweck seiner Reise darin, die Männer und Frauen zu zerstören, die von sich behaupteten, einer Gruppe anzugehören, die »Der Weg« hieß: ein Name, der denjenigen gegeben worden war, die wir jetzt Christen nennen.
    Sobald Saulus in Damaskus eintraf, wurde er zu einer Straße geführt – und entsprechend der Apostelgeschichte, die Lukas zugeschrieben wird, war es die »Straße, die man die ›Gerade‹ nennt«. Erblindet, gedemütigt und verzweifelt darum bemüht, aus dem schlau zu werden, was ihm geschehen war, wurde Saulus durch einen Mann namens Hananias zum neuesten Bekehrten von »Dem Weg«. Als ich selbst durch diese berühmte »Gerade Straße« schlenderte, wurde mir klar, dass meine frühe Vertrautheit mit der Bibelgeschichte von der dramatischen Reise des Paulus über Straßen und Wege einen Beitrag zu der Idee geleistet hat – wenn nicht gar sie inspiriert hat –, Ley-Linien als Portale zwischen verschiedenen Seinsbereichen zu verwenden. Dieser Eindruck wurde, wie ich annehme, von meiner Umgebung noch verstärkt: Damaskus ist eine der zeitlosen Städte der Welt: ein Ort, wo jedes der aufeinander folgenden Weltreiche seine unauslöschlichen Zeichen und Überreste hinterlassen hat – ein Ort, wo eine Reisende oder ein Reisender leicht zu der Auffassung gelangen könnte, dass sie oder er sich zweitausend Jahre zurück in der Vergangenheit befindet.
    Die Geschichte, die sich in den fünf Bänden des Romanzyklus Die schimmernden Reiche entfaltet, hat sich im Verlaufe von mehr als fünfzehn Jahren vor meinem inneren Auge entwickelt. Ebenso wie die Figuren in der Geschichte – quasi als eine Recherche, um in der Erzählung eine präzisere Atmosphäre erschaffen zu können – bin ich durch schluchtartige Gassen in London spaziert, zwischen parallelen Reihen von Sphinxen in Ägypten geschritten, in der Toskana, wie der gegenwärtige Name für das alte Etrurien lautet, in die tief in der Erde liegenden, heiligen Kalktuff-Straßen hinabgestiegen und den geraden Pfaden durch die Dordogne, durch Syrien, Arizona, Osteuropa und zuletzt durch den Libanon gefolgt. Meine Füße genau dorthinzusetzen, wo zahllose andere Menschen ihre gesetzt haben – oft über viele Jahrtausende hinweg –, versetzt mich in die Lage, mir mühelos vorstellen zu können, am anderen Ende des Durchgangs als eine andere Person in einer anderen Zeit aufzutauchen.
    Darin besteht natürlich die Notwendigkeit und der Reiz einer Pilgerschaft: sich im Verlaufe der Reise zu verändern. Während sich die Landschaft nähert und dann später verschwindet, stellt sich der Reisende seinen Hoffnungen und Ängsten, seinen Fragen und Bedenken … und anschließend lässt er sie hinter sich, wenn er, wie gehofft wird, zu einem Ort der Erleuchtung und des Willkommenseins gelangt.
    Als ich in Spanien auf dem Jakobsweg ging – der altehrwürdigen Pilgerroute, die beinahe überall in Europa anfängt, bevor sich schließlich die verschiedenen Wege auf der französischen Seite der Pyrenäen zu einem einzigen vereinigen, der nach Nordspanien hinüberführt – sah und erlebte ich selbst die Macht des Pilgerpfades. Am Beginn der Reise trugen viele meiner Gefährten auf der Pilgerschaft riesige, hoch aufragende Rucksäcke, die prall gefüllt waren mit den lebensnotwendigen Gütern für unterwegs: mit Schaumpolstern und Schlafsäcken,
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