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Die Schwingen des Todes

Die Schwingen des Todes

Titel: Die Schwingen des Todes
Autoren: Faye Kellerman
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Schwiegervater hocherfreut, dass sein Sohn schließlich doch noch Interesse am Familienunternehmen zeigte.«
    »Okay. Und wie steht's mit dem Unternehmen? Ist es solvent?«
    »Akiva hat genau die gleichen Fragen gestellt. Natürlich hat es harte Zeiten gegeben. Die Branche ist zurzeit etwas nervös, in der gesamten Wirtschaft sieht es nicht gerade rosig aus. Aber soweit ich weiß, sind die Läden alle liquide.«
    »Irgendwelche undurchsichtigen Kredite?«, fragte Decker.
    »Nicht dass ich wusste.«
    »Irgendwelche Fehlinvestitionen?«
    »Das müsstest du Chaim fragen.«
    »Werd ich«, entgegnete Decker. »Und ich garantiere dir, dass die Polizei das Gleiche tun wird.«
    »Warum sollte der Mord irgendetwas mit dem Geschäft zu t un haben? Die Läden haben immer nur mit einer geringen Gewinnmarge gearbeitet. Da gibt es nichts, worüber es sich zu spekulieren lohnt.«
    »Ihr Bruder versucht nur die Lage der Dinge einzuschätzen«, sagte Hershfield. »Wenn ich offen mit Ihnen reden darf, Rabbi... Sie wissen doch, dass Chassidim in der Region, in der Ihr Bruder lebt, in die Schlagzeilen geraten sind, weil sie Mittel für öffentliche Schulen veruntreut haben und das Geld den örtlichen jeschiwas zukommen ließen. Ist einer Ihrer beiden Schwager vielleicht in der Lokalpolitik tätig?«
    »Nicht dass ich wüsste. Das sind beides hart arbeitende Männer, Mr. Hershfield. Sie verdienen ihr Geld im Schweiße ihres Angesichts.«
    »Vor zwei Jahren wurde Yosi Stern wegen Drogenhandels angeklagt. Ich war damals nicht sein Anwalt - wenn ich es gewesen wäre, säße er heute nicht im Gefängnis. Er hat Chassidim dazu benutzt, Ecstasy aus Holland einzuschmuggeln, und das Drogengeld anschließend in örtlichen jeschiwas und Geschäften der Chassidim gewaschen. Was wissen Sie darüber?«
    »Nichts«, sagte Jonathan.
    »Und die Familie Ihrer Frau?«
    »Mein Schwiegervater würde so etwas niemals zulassen«, erwiderte Jonathan. »Er war im Konzentrationslager. Nur durch seinen unerschütterlichen Glauben an Gott hat er nicht den Verstand verloren. Er ist nicht nur ein sehr religiöser, sondern auch ein guter Mensch.«
    »Was sich nicht immer gegenseitig bedingt«, sagte Decker.
    Hershfield stand auf und nahm sich etwas Kaffee. »Wie wär's mit einer kleinen Pause. Jemand ein Bagel?«
    Jonathan ließ den Kopf in die Hände sinken, aber Decker erhob sich. »Ich habe Hunger.« Er strich sich etwas Frischkäse a uf ein Mohnsamenbagel. »Kann man sich hier irgendwo frisch machen?«
    Hershfield drückte auf eine in der Vertäfelung eingelassene Tür, hinter der ein Waschbecken zum Vorschein kam. Er hielt einen Becher hoch, ein traditionelles Gefäß zur rituellen Reinigung. »Ich bin für alles gerüstet.«
    Decker wusch sich und aß seinen Bagel, während er Jonathan ermutigte, das Gleiche zu tun. Fünfzehn Minuten später, nachdem sie den Dankessegen gesprochen hatten, ließ Hershfield sich wieder - ganz Anwalt - in seinen Sessel sinken.
    »Ich habe einen Entschluss gefasst«, verkündete er. »Und ich denke, das Ergebnis wird Ihnen gefallen. Wenn Sie einen Rechtsbeistand benötigen, bin ich bereit, Sie in meinen Terminplan hineinzuquetschen. Aber nur unter einer Bedingung.«
    »Und die wäre?«, fragte Jonathan.
    »Wenn Ihre Familie mich beauftragt, dann wird sie mit mir zusammenarbeiten müssen. Das bedeutet, dass Fragen, die ich stelle, wahrheitsgemäß beantwortet werden müssen.« Warnend wedelte er mit dem Zeigefinger vor Jonathans Nase. »Wir sind hier nicht auf dem Basar, Rabbi. Hier geht es nicht darum, so lange herumzufeilschen, bis wir eine Version der Geschichte finden, die uns beiden zusagt. Ich muss genau wissen, was los ist, damit ich Ihrer Familie nach bestem Wissen und Gewissen helfen kann. Manche unserer schwarz behüteten Brüder übersehen gern, dass zwischen Anwalt und Klient ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht. Sie scheinen es als Zumutung zu empfinden, wahrheitsgemäß zu antworten. Mit solchen Klienten verhandle ich nicht. In meinem Alter muss ich mir diesen zores nicht mehr antun. Habe ich mich deutlich ausgedrückt?«
    Jonathan nickte. »Ja.«
    Hershfield stand auf. »Ich muss am Vormittag noch ein paar w ichtige Dinge erledigen. In der Zwischenzeit wäre es für alle Beteiligten das Beste, wenn Ihre Familie von Unterredungen mit der Polizei absehen würde, solange ich nicht dabei bin.« Er wandte sich an Decker. »Ich bin mir sicher, dass Sie das nicht betrifft, Lieutenant, aber ein paar Ihrer hiesigen
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