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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin
Autoren: Philippa Gregory
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meinte William weise und führte sie aus dem Raum. Als sie fort war, kam er zu mir zurück und nahm mich auf den Schoß. Ich schmiegte mich an ihn wie ein kleines Kind, ließ mich von ihm umarmen und wiegen.
    »Sie wird das Leben in einem Kloster verabscheuen.«
    »Sie wird ertragen müssen, was immer der König für sie bestimmt«, meinte er. »Exil oder Kloster, sie wird froh darüber sein.«
     
    Am nächsten Tag saß das Oberhaus über meinen Bruder zu Gericht, ehe ihnen womöglich der Geschmack an so vielen |683| Lügen verging. Man beschuldigte ihn genau wie die anderen Männer, Annes Geliebter gewesen zu sein und sich mit ihr gegen den König verschworen zu haben. Wie die anderen leugnete er alles. Außerdem wurde gegen ihn vorgebracht, er hätte Henrys Vaterschaft bei Prinzessin Elizabeth angezweifelt und über die Impotenz des Königs gelacht. George konnte dies, durch einen heiligen Eid gebunden, nicht leugnen. Der stärkste Beweis gegen ihn war die schriftliche Aussage von Jane Parker, seiner Ehefrau.
    »Sie hören auf eine zornige Ehefrau?« fragte ich William. »Wenn es um Leben und Tod geht?«
    »Er ist schuldig«, sagte er schlicht. »Ich bin nicht einer seiner vertrauten Freunde, aber sogar ich habe ihn über Henry lachen hören, habe vernommen, wie er sagte, der Mann könnte keine rossige Stute bespringen, ganz zu schweigen von einer Frau wie Anne.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das ist unzüchtig und indiskret, aber …«
    Er nahm mich bei der Hand. »Es ist Hochverrat, meine Liebste«, sagte er sanft. »Man würde nicht erwarten, daß jemand dafür vor Gericht muß, aber wenn es einmal so weit gekommen ist, dann ist es Verrat, genauso wie es Verrat war, als Henry More die Herrschaft des Königs über die Kirche anzweifelte. Dieser König kann bestimmen, für welche Vergehen man gehängt wird und für welche nicht. Wir haben ihm diese Macht gegeben, als wir dem Papst das Recht absprachen, die Kirche zu regieren. Wir haben Henry das Recht verliehen, alles zu beherrschen. Und nun verfügt er, daß deine Schwester eine Hexe und dein Bruder ihr Geliebter ist, daß sie beide Feinde des Reiches sind.«
    »Aber er wird sie ungeschoren lassen«, beharrte ich.
     
    Jeden Tag ging mein Sohn Henry zum Tower und traf sich dort mit seiner Schwester, um sich zu überzeugen, daß es ihr gut ging. Jeden Tag folgte ihm William auf dem Hin- und Rückweg, versicherte sich, daß ihn niemand beobachtete. Man hatte offenbar keine Spione auf Henry angesetzt. Es war, als hätten sie |684| sich an Boshaftigkeit verausgabt, als sie die Königin bespitzelten und in die Falle lockten, als sie George mit seinen lächerlichen Indiskretionen belauschten und ihn ebenso in die Falle lockten.
    Eines Tages Mitte Mai begleitete ich Henry und besuchte mein kleines Mädchen vor den Toren des Tower. Man konnte hören, wie die Nägel in das Schafott geschlagen wurden, auf dem man meinen Bruder und vier weitere Männer hinrichten würde. Catherine war gefaßt, wenn auch ein wenig blaß.
    »Komm mit mir nach Hause«, drängte ich sie. »Dann können wir nach Rochford reiten, wir alle zusammen. Hier ist für dich nichts mehr zu tun.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Laß mich hierbleiben«, sagte sie. »Ich möchte bleiben, bis Tante Anne in ein Kloster entlassen wird und alles vorüber ist.«
    »Geht es ihr gut?«
    »Ja. Sie betet die ganze Zeit, und sie bereitet sich auf ein Leben hinter Klostermauern vor. Sie weiß, daß sie die Königinnenwürde abtreten muß. Sie weiß, daß sie Prinzessin Elizabeth aufgeben muß. Sie weiß, daß sie nicht mehr länger Königin sein kann. Aber seit das Verfahren vorbei ist, ist es besser geworden. Sie belauschen und bespitzeln sie nicht mehr wie vorher. Sie ist ruhiger geworden.«
    »Hast du George gesehen?« fragte ich. Ich versuchte meiner Stimme einen hellen Klang zu verleihen, aber der Schmerz schnürte mir die Kehle zu.
    Catherine schaute zu mir auf, die dunklen Boleyn-Augen voller Mitleid. »Das hier ist ein Gefängnis«, sagte sie sanft. »Ich kann keine Besuche machen.«
    Ich schüttelte den Kopf über meine eigene Dummheit. »Als ich mich früher einmal hier aufhielt, war es nur eines von vielen Schlössern des Königs. Ich konnte gehen, wohin ich wollte. Ich hätte begreifen sollen, daß jetzt alles anders ist.«
    »Heiratet der König nun Jane Seymour?« fragte Catherine mich. »Sie will es wissen.«
    »Du kannst ihr sagen, daß das sicher ist«, meinte ich. »Er ist jeden Abend in ihrem Haus.
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