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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin
Autoren: Philippa Gregory
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ein?«
    Er warf mir einen bitteren Blick zu. »Du weißt mehr über ihre Machenschaften als alle anderen«, antwortete er. »Ihr drei habt ja immer zusammengehalten wie Pech und Schwefel. Man hätte dich mit den anderen Hofdamen verhören sollen.«
    »Es ist nichts geschehen«, beteuerte ich leidenschaftlich. »Nicht mehr, als Ihr selbst wißt, Sir. Nicht mehr, als Onkel selbst angeordnet hat. Er hat mich angehalten, Anne beizubringen, wie man den König bezaubern kann. Er hat ihr befohlen, um jeden Preis ein Kind zu empfangen. Er hat George angewiesen, stets zu ihrer Verfügung zu stehen, ihr zu helfen und sie zu trösten. Wir haben nur getan, was uns befohlen war. Das haben wir immer gemacht. Soll sie sterben, weil sie eine gehorsame Tochter war?«
    »Zieh nicht auch noch mich mit hinein«, fuhr er mich an. »Ich hatte mit diesen Befehlen nichts zu tun. Sie hat ihren eigenen Weg eingeschlagen und du und er mit ihr.«
    Ich begriff das Ausmaß seines Verrats. Er stieg vom Pferd, warf einem Stallknecht die Zügel zu und wäre einfach an mir vorübergegangen, wenn ich ihn nicht am Ärmel gepackt hätte. »Onkel wird doch eine Möglichkeit finden, sie zu retten?«
    Er kam mit seinem Mund ganz dicht an mein Ohr. »Sie muß weg«, sagte er. »Der König weiß, daß sie unfruchtbar ist, und will eine andere Frau. Diese Runde haben die Seymours gewonnen, das muß man ihnen lassen. Die Ehe wird für ungültig erklärt.«
    »Für ungültig erklärt? Mit welcher Begründung?« fragte ich.
    |679| »Verwandtschaft«, antwortete er knapp. »Da er dein Liebhaber war, kann er nicht ihr Ehemann werden.«
    Ich zwinkerte ungläubig. »Nicht schon wieder ich.«
    »Doch.«
    »Und was geschieht mit Anne?«
    »Sie kommt in ein Kloster, wenn sie ohne Aufstand geht. Sonst ins Exil.«
    »Und George?«
    »Exil.«
    »Und Ihr, Sir?«
    »Wenn ich dies überlebe, überlebe ich alles«, meinte er düster. »Wenn du nicht vorgeladen werden willst, um gegen sie auszusagen, solltest du dich jetzt besser nicht mehr blicken lassen.«
    »Aber ich könnte doch zu ihrer Verteidigung aussagen, wenn ich vor Gericht erscheine?«
    Er lachte kurz auf.
    »Es
gibt
keine Beweise zu ihren Gunsten«, stellte mein Vater fest. »In einem Hochverratsprozeß gibt es keine Verteidigung. Die beiden können nur auf die Milde des Gerichts hoffen und auf die Gnade des Königs.«
    »Sollte ich den König bitten, ihnen zu verzeihen?«
    Mein Vater schaute mich an. »Wenn du nicht Seymour heißt, bist du bei ihm nicht willkommen. Wenn dein Name Boleyn ist, droht dir das Henkersbeil. Geh ihm aus dem Weg, Mädchen. Wenn du deiner Schwester und deinem Bruder helfen willst, laß die Sache so ruhig wie möglich und so schnell wie möglich ihren Lauf nehmen.«
    William zog mich in den Schatten des Stallhofes zurück, als wir einen Trupp Reiter auf der Straße hörten. »Dein Onkel«, meinte er. »Komm, geh ihm aus dem Weg.«
    William führte mich zu einer Seitenpforte, und wir schlüpften hinaus, während auf dem Stallhof Fackeln aufleuchteten und die Soldaten nach Stallknechten brüllten, die seiner Lordschaft beim Absteigen helfen sollten.
    Ungesehen schlichen William und ich durch finstere Gassen nach Hause. Die Amme ließ uns ins Haus. Das Kind |680| schlummerte in der Wiege, und Henry war auf seinem kleinen Strohlager eingeschlafen, das Gesicht von roten Tudorlocken umrahmt.
    William zog mich in unser Himmelbett, schloß die Vorhänge und entkleidete mich, bettete mich auf die Kissen und hielt mich umfangen, sagte nichts, während ich mich an ihn klammerte. Die ganze Nacht hindurch wollte mir nicht warm werden.
     
    Das Oberhaus sollte im Königssaal des Tower über Anne zu Gericht sitzen. Man wagte nicht, sie durch die Stadt nach Westminster zu bringen. Die Stimmung in London, die bei ihrer Krönung gegen sie gewesen war, begann sich nun zu ihren Gunsten zu wenden. Cromwell war zu weit gegangen. Nur wenige Menschen wollten glauben, daß eine Frau so unzüchtig sein konnte, andere Männer zu verführen, während sie mit dem Kind ihres Ehemannes schwanger war, wie es das Gericht behauptete. Sie konnten sich nicht vorstellen, daß eine Frau, die mit dem König verheiratet war, sich unter den Augen ihres Gatten zwei, drei, vier Liebhaber nahm. Sogar die Frau, die damals während des Verfahrens gegen Königin Katherine Anne als Hure beschimpft hatte, war nun überzeugt, daß der König wahnsinnig geworden war und unter einem fadenscheinigen Vorwand wieder einmal eine rechtmäßige
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