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Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht

Titel: Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht
Autoren: Anne Bishop
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eines Lächelns verzog, schien alle möglichen Sinnenfreuden zu versprechen. Wahrscheinlich war dies genau der Ausdruck, den die terreilleanischen Königinnen, die sich seiner bedient hatten, gesehen hatten, bevor er sie umbrachte.
    Dann strichen seine Lippen über ihre Wange und verharrten dort, während seine gefesselte sexuelle Hitze über sie hinwegrollte.
    »Einen schönen Abend noch, Cousine«, sagte er.
    Er lehnte sich zurück – und glitt aus dem Zimmer.
    Hatte er sich der Kunst bedient, um die Tür aufzumachen und zu schließen? Oder war er mithilfe der Macht, die in seinem Innern hauste, einfach durch das Holz geglitten? Sie wusste es nicht, und es war ihr auch gleichgültig. Sie war ein wenig außer Atem – und mehr als nur ein wenig verängstigt. Als der Sadist benutzte Daemon Sex als Furcht erregende Waffe. Sie hatte das Gefühl, diese Seite seines Temperaments gestreift zu haben, hatte aber nicht die leiseste Ahnung, aus welchem Grund er wütend auf sie sein sollte.

    Vielleicht war es nichts. Wahrscheinlich war noch nicht einmal sie gemeint gewesen. Er war bloß sauer auf Rainiers Familie.
    Apropos.
    Sie schüttelte den sexuellen Dunstschleier ab – für den sie ohnehin nicht in der Stimmung war – und warf einen Blick auf die Uhr. Rainier war spät dran. Wie wunderbar! Da sie nun wusste, dass das Buch amüsant sein sollte, wollte sie noch ein wenig darin lesen. Und sie wollte weiterblättern und noch ein paar der anderen dummen Dinge entdecken, die dieser Jarvis Jenkell in seiner Ignoranz über die Angehörigen des Blutes schrieb.
    Sie griff nach dem Buch und versuchte weiterzublättern.
    Versuchte weiterzublättern.
    Versuchte weiterzublättern.
    »Dieser verfluchte Hurensohn! «
     
    Auf den Treppenstufen des Stadthauses griff Daemon in sein schwarzes Jackett. Dann hielt er inne. Es verblüffte ihn, nach einem Zigarettenetui gegriffen zu haben, das er schon seit etlichen Jahren nicht mehr bei sich trug.
    Er konnte sich nicht mehr entsinnen, wann er aufgehört hatte, seine schwarzen Zigaretten zu rauchen. Irgendwann im Laufe der Jahre, als sein Geist zerstört gewesen war, und er auf den Pfaden des Wahnsinns umherwandelte, welche die Angehörigen des Blutes das Verzerrte Reich nannten. Im Laufe der Jahre, als er ganz allmählich seinen Verstand wiedererlangt und zusammen mit Surreal und Manny im Verborgenen gelebt hatte, war es nicht ratsam gewesen, auf sich aufmerksam zu machen, indem sie ihren Vorräten etwas so Kostspieliges hinzufügten, obgleich der invalide – und fiktive – Besitzer der Insel noch nie zuvor Zigaretten bestellt hatte. Jetzt waren die Dinger nur über einen Lieferanten im Reich Terreille zu beschaffen, und aus Terreille wollte er nichts haben. Nichts.
    Doch das erklärte noch nicht, warum er auf einmal wieder in eine alte Gewohnheit verfallen war.

    Dann blickte er zu den Salonfenstern des Stadthauses empor – und lächelte.
    Nach einer Zigarette zu greifen, war eine Reaktion auf die Erinnerung an hunderte Abende gewesen, die sie beide gemeinsam auf genau diese Weise verbracht hatten – indem sie die Gegenwart des anderen genossen, während jeder seinen eigenen Interessen nachging. Surreal und er waren also endlich wieder zu den Freunden geworden, die sie vor langer Zeit schon einmal gewesen waren.
    Sie war zwölf gewesen, als er ihr und ihrer Mutter Titian zum ersten Mal begegnet war. Ein hübsches Mädchen mit langen Beinen und den für Hayllier typischen schwarzen Haaren und der hellbraunen Haut, die sie von ihrem Erzeuger Kartane SaDiablo geerbt hatte. Doch ihre Augen waren gold-grün und ungewöhnlich groß, und ihre Ohren liefen leicht spitz zu. Die übergroßen Augen und die Ohren sowie der schmale Körper, der stärker war, als es den Anschein hatte, stammten von Titian, die eine Schwarze Witwe und Königin der Dea al Mon gewesen war, der Kinder des Waldes.
    Surreal besaß demnach eine doppelte Blutlinie, wie man es in Kaeleer höflich nannte. Die Hayllier gehörten zu den langlebigen Völkern; die Dea al Mon nicht. Surreals Körper hatte sich mit dem raschen Tempo der kurzlebigen Völker entwickelt, aber ihre Gefühlswelt …
    Da er sie immer nur den einen oder anderen Abend zu Gesicht bekommen hatte, und weil sie nach Titians Ermordung schnell und schonungslos hatte erwachsen werden müssen, war es ihm nicht in den Sinn gekommen, dass Surreals emotionale Reife sich eventuell langsamer entwickeln könnte, dass sie selbst nach ein paar Jahrhunderten als Hure und
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