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Die Schwarze Keltin

Die Schwarze Keltin

Titel: Die Schwarze Keltin
Autoren: Ellis Peters
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streng, »und die können einem schon genug Kopfzerbrechen machen. Bitte erspare mir Schlimmeres.« Doch das klang nicht besonders ernst. Der Ritt hatte Farbe in sein schmales, blasses Gesicht und Glanz in seine Augen gebracht. Mark war mit Bauernpferden aufgewachsen, als er wie ein Leibeigener für einen Onkel arbeiten mußte, der ihm den Schlafplatz im Haus und das Essen nicht gegönnt hatte. Jetzt, wo ihn der Stall des Bischofs mit einem schönen großen Wallach versehen hatte anstelle eines schwerfälligen Arbeitstiers, ritt er immer noch wie ein Bauer, ohne Eleganz, aber ausdauernd. Unter Marks leichtem Gewicht war das Pferd lebhaft. Sein nußbraunes Fell glänzte wie Kupfer.
    Auf dem Kamm des Höhenzugs hielten sie an und blickten auf das Tal des Dee in seinem saftigen, satten Grün. Tief im Westen leuchtete die Sonne – nicht mehr goldhell wie am Mittag, sondern in einem weicheren Bernsteinton – über dem Fluß, dessen Schleifen zwischen den waldigen Ufern abwechselnd aufblitzten und verschwanden. Hier war er noch ein Hochlandfluß. Sein Wasser tanzte sprühend durch ein felsiges Bett, und wo sich das Sonnenlicht darin brach, gab es Regenbogen. Irgendwo da unten würden sie eine Unterkunft für die Nacht finden.
    Sie machten sich einträchtig Seite an Seite auf den Weg. Der grasbewachsene Weg war breit genug für beide. »Trotzdem«, sagte Cadfael, »habe ich nie damit gerechnet, noch in meinem Alter zu einem derartigen Auftrag herangezogen zu werden. Ich schulde dir mehr, als du weißt. Shrewsbury ist mein Zuhause, und ich würde es für keinen Ort der Welt aufgeben, aber dann und wann reizt es mich, anderswo einen Besuch zu machen.
    Die Rückkehr in die Heimat ist eine feine Sache, aber eine Reise ist auch ein Vergnügen. Beides, das Weggehen und das Wiederkommen, ist eine Freude. Gut für mich, daß Theobald daran gedacht hat, für seinen neuen Bischof Verbündete zu gewinnen. Und was schickt ihm Roger de Clinton außer einem förmlichen Brief?« Er hatte bisher keine Zeit gehabt, diesbezüglich neugierig zu werden. Marks Sattelrolle war zu bescheiden, um etwas Sperriges zu enthalten.
    »Ein Brustkreuz, gesegnet am Schrein des Heiligen Chad.
    Einer der Chorherren hat es gemacht, ein guter Silberschmied.«
    »Und dasselbe für Meurig in Bangor, mit Rogers brüderlichen Gebeten und Empfehlungen?«
    »Nein, Meurig kriegt ein Gebetbuch, ein besonders schönes.
    Unser bester Buchmaler hatte es schon so gut wie fertig, als der Erzbischof seine Befehle gab. Er hat ein besonderes Blatt mit einem Bild von Sankt Deiniol hinzugefügt, Meurigs Stifter und Schutzpatron. Ich selbst hätte lieber das Buch«, sagte Mark auf seinem kurvenreichen Ritt das steile Waldland hinab und hinaus ins Tal und in die untergehende Sonne. »Doch das Kreuz ist als der förmlichere Tribut gemeint. Wir haben schließlich unsere Befehle gehabt. Aber zeigt das nicht, daß Theobald weiß, was für einen schwierigen Posten er Gilbert übertragen hat?«
    »Ich möchte nicht in seinen Schuhen stecken«, stimmte Cadfael zu. »Doch wer weiß, vielleicht macht ihm so eine Aufgabe ja Freude. Es gibt Leute, die Auseinandersetzungen brauchen, um aufzublühen. Falls er sich zu sehr in walisische Dinge einmischt, wird er allerdings noch mehr als genug davon bekommen.«
    Sie ritten am Fluß entlang, durch grüne, auf- und absteigende Auen. Durch die Büsche am Ufer blitzte es vom Fluß her orange auf, wo das Wasser das Licht der sinkenden Sonne zurückwarf. Auf der gegenüberliegenden Seite erhob sich ein großer, grasbewachsener Hügel. Seinen Umrissen nach hatten ihn Menschen der Vorzeit aufgeschüttet. Unter der niedrigen Holzbrücke spritzte und tanzte das Rußwasser des Dee durch sein steiniges Bett. Hier in der Kirche von Sankt Collen fragten sie und fanden bei dem örtlichen Priester eine Unterkunft für die Nacht.
    Am folgenden Tag überquerten sie den Fluß und ritten über das baumlose Hochland vom Tal des Dee zum Tal des Clwyd.
    Diesem Fluß folgten sie den ganzen Morgen über und bis in den Nachmittag hinein, als bei strahlender Sonne ein sanfter Regen einsetzte, der dem Licht einen eigentümlichen Glanz verlieh. Sie kamen durch Ruthin, vorbei an der Felsnase aus rotem Sandstein, die von einer niedrigen flachen Holzfestung gekrönt wurde, und schließlich in das Tal selbst, das im frischen Grün junger Blätter breit und schön vor ihnen lag. Vor Sonnenuntergang erreichten sie die zugespitzte Landzunge zwischen dem Clwyd und dem Elwy, wo
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