Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schwarze Hostie

Die schwarze Hostie

Titel: Die schwarze Hostie
Autoren: Birgit Kluger
Vom Netzwerk:
selbst verlangsamten sich Sariels Schritte, bis sie stehenblieb und sich umdrehte. Da, nur wenige Meter von ihr entfernt, stand Rosco, der größte und - ihrer Meinung nach - am gemeinsten aussehende Rottweiler, den ihr Onkel besaß. Auch er blieb stehen, maß sie mit seinen Blicken und wartete gelassen auf ihre nächste Bewegung. Das zumindest war Sariels Eindruck, als sie ihn musterte. Vielleicht überlegte er sich auch nur, ob sie ein nettes Frühstück abgeben würde.
    Wieder bahnte sich Furcht einen Weg durch ihren Körper. Aber das durfte nicht sein. Wenn diese Bestie ihre Angst spürte, war alles möglich. Auch das Undenkbare. Mit einem gezwungenen Lächeln drehte sie sich um, ging weiter in Richtung ihrer Räume. Immer darauf achtend, dass ihre Schritte gemessen waren. Obwohl sie nichts lieber getan hätte, als zu rennen.
     

     
    Er musste herausfinden, warum Sariel Angst hatte. Er konnte sich nicht erklären, was ihn dazu drängte, aber ihr Wohlbefinden war wichtig. Wichtiger als alles andere. Die energetische Verbindung zu ihr herzustellen, erschöpfte ihn. Aber auch das war ohne Belang. Er musste wissen, wie es ihr ging.
    Angst! Noch immer. Jetzt aber war ein neues Element hinzugekommen. Verwirrung.
    Erstaunt versuchte er, den Grund dafür herauszufinden, aber er sah nur verschwommene Bilder. Irgendetwas schien sie zu verfolgen, aber es war nicht Halder. Vielleicht einer seiner Bodyguards? Angestrengt suchte er ihr Umfeld nach einem weiteren Menschen ab. Aber da war nichts … bis auf … einen Hund.
    Er spürte, dass keine unmittelbare Gefahr für sie bestand. Vielleicht hatte sie schon immer Angst vor Hunden gehabt. Das Tier selbst hatte keine bösen Absichten, soviel konnte er immerhin mit den letzten Resten seiner Energie spüren. Es machte vielmehr einen wachsamen Eindruck, so als würde es aufpassen, auf ihr Wohlergehen achten.
    Kein Grund zur Besorgnis also.
    Besorgnis?
    Warum machte er sich um einen Menschen Sorgen? Um eine Frau, die er noch nicht einmal kannte?
    Mitgefühl. Das war alles. Sariel Halder hatte ihre Eltern verloren. Alexander hatte nie den Schmerz gespürt, den Sariel gefühlt haben musste. Was er aber kannte, war die Isolation, die ein Wesen ohne Familie zwangsläufig erleidet.
    Alleinsein war zu seiner Natur geworden. Er kannte nichts anderes, und doch sehnte er sich nach etwas, was er nicht benennen konnte, was er nie erlebt hatte. Ein Ifrit war machtvoll. Das Gefühl von Einsamkeit einzugestehen, war ein Zeichen der Schwäche.
    Und das konnte tödlich sein.
     

     
    Acht Schritte zur Tür. Umdrehen. Acht Schritte zurück, zum Fenster. Umdrehen. Acht … Dieser Hund machte sie verrückt. Seit zwei Stunden lag Rosco vor ihrer Tür. Seine Augen schienen sich in das Holz hineinzusaugen. Warum verschwand er nicht dorthin, woher er gekommen war?
    Natürlich war diese Frage müßig. Sariel wusste genau, warum er vor ihrem Zimmer Wache hielt. Ihr Onkel hatte das veranlasst. Er wollte nicht, dass sie an die Sorbonne ging. Wenn es nach seinem Willen ging, würde Sariel Betriebswirtschaftslehre studieren.
    „Er hat kein Recht, mich hier festzuhalten.“ Die Worte verhallten in dem Raum.
    Ihr Onkel hatte seine Aktion besser vorbereitet, als sie zunächst vermutet hatte. Weder Handy noch Laptop waren auffindbar. In der kurzen Zeit, die seit ihrer Ankündigung und der Rückkehr zu ihrem kleinen Apartment vergangen war, hatte er ihre Verbindungen zur Außenwelt abgeschnitten. Rosco tat ein Übriges.
    Rosco! Der Hund war darauf abgerichtet, Fremde anzugreifen. Wenn Sariel den Versicherungen ihres Onkels Glauben schenken sollte, war er ebenfalls darauf trainiert, ihr nichts zu tun. Was also hinderte sie daran, ihre Gefangenschaft zu beenden und das Haus zu verlassen?
    Eine Idee formte sich in ihrem Kopf. Sie würde so tun, als wolle sie in die Küche gehen. Nach dem mageren Frühstück heute Morgen hatte sie ohnehin Hunger. Selbst wenn Rosco ihr folgen würde, schaffte sie es möglicherweise, durch die Tür zu verschwinden, die von der Küche in den Garten führte. Sie brauchte nichts weiter zu tun, als sie dem Hund vor der Nase zuzuschlagen. Ein triumphierendes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Das war die Lösung!
    Mit einem leisen Knarren schwang die Zimmertür auf, deren Holzrahmen ebenso altertümlich war wie das gesamte Haus.
    Roscos Kopf, der bisher auf seinen Vorderpfoten geruht hatte, schnellte nach oben. Das Tier, das eben noch friedlich und entspannt ausgesehen hatte,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher