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Die schwarze Feder

Die schwarze Feder

Titel: Die schwarze Feder
Autoren: Heyne
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überwunden haben, ohne Schaden an der Seele zu nehmen. Mich interessiert, wie sie das geschafft haben, wo ihre Kraft herrührt. Im Jahr bekomme ich durchschnittlich etwa 20000 Leserbriefe, und noch viel mehr nach dem Erscheinen besonders populärer Bücher wie Die Anbetung , Brandzeichen oder Der Geblendete . In vielleicht einer von tausend Zuschriften bittet mich der Absender, ein Buch zu schreiben, in dem entweder »alle sterben und das Gute verliert « oder »der Gute so böse wird wie der Schurke « . Immer wieder erkläre ich geduldig, dass ich ein Optimist bin. Ich halte die Menschheit für eine gefallene Spezies mit Finsternis im Herzen, aber auch mit dem Potenzial zur Wiedergutmachung. In den Genres, in denen ich schreibe, vertreten vielleicht 95 Prozent der Autoren entweder einen nihilistischen Standpunkt (Nichts hat Bedeutung) oder den Rousseau’schen (Menschen sind gut, gesellschaftliche Systeme korrumpieren sie, das Primitive ist edel und rein). Man muss fast an eine dieser Sichtweisen glauben, um überzeugend einen Roman noir schreiben zu können. Ich sehe die Welt aber anders, deshalb kann ich auch diese Art Geschichten nicht erzählen. Ich finde die intellektuelle Haltung, die dahinter steht, einfach nicht überzeugend. Außerdem: Zahllose Autoren bedienen dieses Genre ja schon, da braucht mich das Publikum nicht.
    Natürlich hatte auch Alton Turner Blackwood eine schlimme Vergangenheit. Warum wechselte er ganz auf die finstere Seite, während die anderen Hauptfiguren, John Calvino im Roman und besonders Howie im Kurzroman, ihre Unschuld bewahren konnten?
    So finster Johns Leben auch wurde, als er in seiner Kindheit seine Familie verlor, plagen ihn nicht nur der Schmerz über den Verlust, sondern auch Schuldgefühle. Und Schuld geht immer mit der Möglichkeit der Wiedergutmachung einher. John erlangt schließlich Erlösung, auch weil er eine Frau trifft und heiratet, in der er die Stärke und Gnade findet, die er braucht. Blackwood empfindet sich als Opfer – das er natürlich ist – , doch er sucht nicht Gerechtigkeit, sondern Rache. Diese Rache richtet sich nicht gegen diejenigen, die ihm Leid angetan haben, sondern gegen die ganze Welt. Damit begeht er den fundamentalen moralischen Fehler, die Untaten Einzelner zu verallgemeinern und der ganzen Gesellschaft die Schuld zu geben, nicht nur den Tätern. Wer diesen Weg beschreitet, für den besteht keine Hoffnung auf Erlösung. Howie hat seine Qual dank der Liebe seiner Mutter und Schwester überstanden. Er begann, um sein Leben zu kämpfen, als er hörte, wie seine Mutter ihn als Helden bezeichnete. Er selbst hatte sich nie so gesehen, und ihre Bewunderung gab seinem Leiden einen ersten Schimmer von Bedeutung. Martin Luther King sagte: »Unverdientes Leiden erlöst .« Das ist das Geheimnis von Howies Triumph.
    Wie kamen Sie auf die Idee, Blackwood einen Raben zur Seite zu stellen?
    In Der Rabenmann landet der Vogel auf Blackwoods Fensterbrett, genau in dem finsteren Moment seines Martyriums, in dem er sich für Rache statt Gerechtigkeit entscheidet. Blackwood fühlt sich machtlos und sehnt sich nach der Kraft, es mit der ganzen Welt aufzunehmen. Der Moment lässt sich auf zwei Arten interpretieren: Entweder landet der Rabe zufällig am Fensterbrett, Blackwood liest aber alles Mögliche in den Vorfall. Er interpretiert den Raben als Zeichen, bildet sich ein, er kommuniziere mit ihm, und bastelt sich einen Mythos zusammen, in dem er als Figur mit übernatürlicher Dimension erscheint. Die andere Art der Interpretation würde lauten: Blackwood sehnte sich so sehr danach, zu töten und die Finsternis kennenzulernen, dass sein Sehnen beantwortet wurde. Dann wäre der Rabe mehr als nur ein Vogel. Vielleicht liegt die Wahrheit ja irgendwo dazwischen? Es ist nicht an mir, dem Autor, diese Frage aufzulösen – obwohl es natürlich schon interessant ist, dass Blackwood sich selbst durch seinen eigenen Tod nicht aufhalten lässt.
    War Die schwarze Feder Ihr erster Text, der ausschließlich als E-Book erschien? Lesen Sie selbst E-Books?
    Ja, es war mein erster. Ich selbst lese noch keine E-Books, weil ich das Buch als physischen Gegenstand zu sehr liebe. Doch die E-Book-Verkäufe sind in den Vereinigten Staaten in die Höhe geschossen, und ich sehe schon, wie praktisch elektronische Bücher sind.
    Was sind Ihre nächsten Pläne?
    Das Leben ist so vollgepackt mit Wundern und Geheimnissen, dass es immer Neues zu erzählen und neue Figuren zu erforschen gibt.
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