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Die schwarze Feder

Die schwarze Feder

Titel: Die schwarze Feder
Autoren: Heyne
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und Josh – vor dem Fernseher hockten, statt ihre Hausaufgaben zu machen, doch er schimpfte sie nicht.
    In seinem Arbeitszimmer setzte er sich an den Schreibtisch und starrte aufs Telefon. Er war sich sicher, dass er mit irgendjemand sprechen musste, doch er hatte keine Vorstellung davon, wer das sein sollte. Eine der Schubladen enthielt eine Hängeregistratur mit diversen Akten, darunter Kopien von Versicherungsverträgen. Zuerst hatte er keine Ahnung, weshalb er gerade diese Schublade aufzog, und dann wusste er es doch. Die letzte Mappe enthielt einen verschlossenen Umschlag. Er schlitzte ihn auf und zog einen Fünfdollarschein und zwei Eindollarscheine heraus, die sieben Dollar, die er von Blackwood für die Sandwiches bekommen hatte. Die ganzen Jahre hatte er das Gefühl gehabt, dieses Geld könne ihm nur Unglück bringen. Deshalb hatte er sogar gezögert, es zu verschenken, weil er Angst gehabt hatte, daran hafte ein Fluch, den er dann an jemand anderen weitergegeben hätte. Er wusste nicht, weshalb das Geld nun plötzlich harmlos sein sollte, aber er spürte es und beschloss, es in der Kirche in den Opferstock zu werfen.
    Am folgenden Tag beschäftigte sich eine der Hauptreportagen in den Fernsehnachrichten mit mehreren bizarren Mordfällen in einer weit entfernten Stadt. Kulminiert war diese Serie von Verbrechen in einem Überfall auf das Haus eines Kriminalbeamten namens John Calvino. Er war derjenige, der als vierzehnjähriger Junge Alton Turner Blackwood getötet hatte. Die neuen Mordfälle betrafen ganze Familien und erinnerten auf gespenstische Weise an Blackwoods inzwischen zwei Jahrzehnte zurückliegende Taten. Howie wurde klar, dass die unerklärliche Erleichterung, die er beim Lesen verspürt hatte, ihn genau zu dem Zeitpunkt überkommen hatte, als Calvinos Frau und Kinder in ihrem Haus angegriffen worden waren. Einige Tage lang verfolgte er die weiteren Ermittlungen sowohl im Fernsehen wie in der Zeitung. Dabei kam er zu dem Schluss, dass über den wichtigsten Aspekt des Falls nie berichtet wurde, vielleicht weil kein Reporter die ganze Wahrheit kannte.
    Schließlich rief Howie bei der Mordkommission der Polizeibehörde an, wo Calvino arbeitete, und einige Stunden später rief dieser ihn zurück. In der Annahme, dass Calvino das Tagebuch von Alton Turner Blackwood gelesen hatte, das im Internet zugänglich war, sagte er: »Ich bin der Junge, der die guten Sandwiches für ihn gemacht hat. Da es kein Foto von Blackwood gibt, werde ich ihn beschreiben, dann wissen Sie, dass ich die Wahrheit sage.«
    John Calvino lauschte der Beschreibung, dann sagte er: »Im Tagebuch steht, Ihre Familie sei die erste gewesen, die er töten wollte, aber Sie hätten sie gerettet.«
    »Eigentlich war es eher so, dass meine Mutter und meine Schwester wegen mir fast ums Leben gekommen wären.«
    »Meine Familie ist tatsächlich wegen mir ums Leben gekommen, Mr. Dugley. Das ist Ihnen Gott sei Dank erspart geblieben.«
    »Danke, dass Sie das sagen. Und Sie haben mein ganzes Mitgefühl für alle, die Sie verloren haben. Aber … darf ich fragen, Detective Calvino, ob diese neuen Fälle – diese ganzen Morde – irgendwie mit Blackwood zu tun haben?«
    John Calvino schwieg so lange, dass es ein Ja bedeuten konnte, aber als er endlich etwas erwiderte, sagte er nur: »Ich habe Alton Turner Blackwood vor über zwanzig Jahren getötet.«
    »Ja. Ich weiß. Ich habe damals davon gehört. Aber dennoch … all die Jahre habe ich gewartet. Auf irgendetwas.« Howie merkte, dass er sich schützend die Hand über die Kehle gelegt hatte, und da fiel ihm der an die Wand geheftete Bleeker ein. »Obwohl ich wusste, das Blackwood tot ist … Wenn je jemand zurückkommen könnte, dann er. Aber das hört sich wohl ziemlich irrational an.«
    Wieder schwieg Calvino, bevor er sagte: »Dazu nur so viel – ich habe in diesen zwanzig Jahren auch auf irgendetwas gewartet.«
    Howell Dugley meinte zu spüren, wie ihm ein eisiger, knochiger Finger über den Nacken strich. Nun schwieg er selbst, bevor er fragte: »Ist es jetzt endlich vorbei?«
    »In meinem Beruf habe ich gesehen, dass meist das Gute siegt, Mr. Dugley. Aber ich habe auch gesehen, dass das Böse niemals stirbt. Deshalb ist es immer klug, wachsam zu bleiben.«
    Am selben Nachmittag entschied sich Howie, die sieben Dollar doch nicht in den Opferstock zu werfen. Er ging mit den drei Scheinen in den Garten und zündete sie an.
    Im folgenden Juni spielte Howie mit seinen Kindern im Park. Da der
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