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Die Schule der Robinsons

Die Schule der Robinsons

Titel: Die Schule der Robinsons
Autoren: Jules Verne
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erhalten.
    Alle Blicke hingen an I. R. Taskinar; seine voluminöse Persönlichkeit empfand das Gewicht derselben, noch mehr freilich die Last jener drei Millionen Dollars, welche ihn zu zermalmen schien. Er wollte offenbar den Mund aufthun, um noch mehr zu bieten. Er wollte ein Zeichen mit dem Kopfe geben – er konnte es ebenso wenig.
    Endlich ließ sich seine Stimme vernehmen, zwar nur schwach, aber doch hörbar genug für den Commissär.
    »Drei Millionen fünfmalhunderttausend! murmelte er.
    – Vier Millionen!« schallte das Echo seitens William W. Kolderup’s.
    Das war der letzte Keulenschlag; I. R. Taskinar sank zu Boden, der Hammer traf mit trockenem Schlage den Marmor des Pultes.
    Die Insel Spencer war William W. Kolderup aus San Francisco für vier Millionen Dollars gerichtlich zuertheilt worden.
    »Ich werde mich rächen!« murmelte I. R. Taskinar.
    Und nachdem er noch einen Blick voll glühenden Hasses seinem Ueberwinder zugeschleudert, kehrte er nach dem Occidental-Hôtel zurück.
    Inzwischen donnerten die »Hurrahs«, die »Hips« dreimal vor den Ohren William W. Kolderup’s; sie begleiteten ihn nach der Montgomery Street; ja der Enthusiasmus dieser Amerikaner ließ sie so weit gehen, daß sie sogar den Yankee Doodle zu singen vergaßen.
Drittes Capitel.
Worin ein Gespräch zwischen Phina Hollaney und Godfrey Morgan auf dem Piano begleitet wird.
    William W. Kolderup war nach seinem Hôtel in der Montgomery-Straße zurückgekehrt. Diese Straße ist die Regentstreet, der Broadway, die Ringstraße oder die »Unter den Linden« von San Francisco. In der ganzen Ausdehnung dieser langen Pulsader, welche die Stadt parallel ihren Quais durchschneidet, herrscht Bewegung, Geschäftigkeit und Leben: zahlreiche Pferdebahnwagen, andere mit Pferden oder Mauleseln bespannte Geschirre, geschäftseifrige Leute, welche sich auf den Trottoirs an den Seiten drängen; Flaneurs, die vor den verlockend ausgestatteten Schaufenstern stehen, und noch zahlreichere Liebhaber an den Thüren der »Bars«, in denen ganz speciell californische Getränke verabfolgt werden. Es wäre wohl unnütz, den Palast des Nabob von San Francisco zu beschreiben. Im Besitz so vieler Millionen, hatte er eben zu viel Luxus um sich: mehr Comfort als Geschmack, weniger künstlerischen als praktischen Sinn – man kann eben nicht Alles gleichzeitig haben.
    Der Leser begnüge sich zu erfahren, daß sich hier ein prachtvoller Empfangssalon vorfand und in diesem Salon ein Piano, dessen Accorde durch die laue Atmosphäre des Hôtels zitterten, als der steinreiche William W. Kolderup dahin zurückkam.
    »Gut, sagte er für sich, sie und er sind beisammen. Erst ein Wort an meinen Cassier, dann werden wir von etwas Anderem plaudern!«
    Er begab sich nach seinem Cabinet, um das kleine Geschäft bezüglich der Insel Spencer vollends zu ordnen und nachher nicht weiter daran zu denken. Zu ordnen bedeutete ja weiter nichts, als aus dem Portefeuille einige Hände voll Werthpapiere zu nehmen und die neue Erwerbung zu bezahlen. Vier Linien an seinen Wechselagenten, mehr bedurfte es dazu nicht. Nachher wollte William W. Kolderup sich mit einer anderen »Combination« beschäftigen, die ihm ganz anders am Herzen lag.
    Richtig! Er und sie befinden sich im Salon; sie vor ihrem Piano, er halb ausgestreckt auf einem Sopha, nur halb auf die Notenperlen lauschend, die unter den Fingern des reizenden Mädchens hervorgingen.
    »Hörst Du mich? sagte sie.
    – Gewiß!
    – Ja, aber auch mit Verständniß?
    – Das wollt’ ich meinen, Phina! Noch nie hast Du die Variationen Auld Robin Gray’s so entzückend gespielt.
    – Ich spielte nur nicht Auld Robin Gray, Godfrey… es war der
Happy moment

    – Ach, so täuschte ich mich also,« antwortete Godfrey mit so gleichgiltigem Tone, daß dieser Niemand entgehen konnte.
    Das junge Mädchen erhob die Hände und hielt die Finger einen Augenblick gespreizt über dem Clavier, als sollten sie wieder herabsinken, um einen Accord zu greifen. Dann aber drehte sie sich auf dem Clavierschemel und sah kurze Zeit den gar zu schweigsamen Godfrey an, dessen Blicke den ihrigen aus dem Wege zu gehen suchten. Phina Hollaney war das Pathenkind William W. Kolderup’s. Eine Waise, erzogen auf seine Kosten, hatte er ihr das Recht zugestanden, sich als seine Tochter zu betrachten, und die Pflicht, ihn wie einen Vater zu lieben. Sie ließ sich in dieser Hinsicht nichts zu Schulden kommen.
    Sie war ein noch sehr junges Mädchen, »hübsch in ihrer
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