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Die Schule der Robinsons

Die Schule der Robinsons

Titel: Die Schule der Robinsons
Autoren: Jules Verne
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Jahre, wenn…
    – Wenn?…
    – Wenn Du nichts dagegen hast und Phina zustimmt, so lange auf mich zu warten.
    – Auf Dich warten? Seh’ mir Einer einen solchen Verlobten, der sich nur beeilt, davon zu kommen, rief William W. Kolderup.
    – Wir müssen Godfrey gewähren lassen, fiel das junge Mädchen ein. Ich habe mir Alles wohl überlegt, Pathe Will. Ich bin jung, aber richtig betrachtet, ist Godfrey eigentlich noch jünger. Durch eine Reise wird er etwas altern, und ich meine, man sollte seinem Geschmack keinen Zwang anthun. Er will reisen – gut, so geh’ er in die Welt. Das Verlangen nach Ruhe wird bald genug in ihm erwachen, und er wird mich finden, wenn er heimkehrt.
    – Wie? rief William W. Kolderup, Du stimmst gar zu, diesem Staare den Käfig zu öffnen?
    – Ja, für die zwei Jahre, welche er verlangt.
    – Und Du willst warten?
    – Onkel Will, wenn ich nicht fähig wäre zu warten, so würde ich ihn nicht lieb haben!«
    Mit diesen Worten war Phina nach ihrem Piano zurückgegangen und ihre Finger spielten, absichtlich oder nicht, gedämpft ein sehr beliebtes Stück, »Die Abreise des Verlobten«, das in diesem Augenblicke sehr zeitgemäß erschien. Phina spielte dasselbe, jedoch wahrscheinlich ohne es selbst zu bemerken, aus dem »Kleinen A«, während dasselbe im »Großen A« geschrieben ist. Dadurch veränderte sich natürlich der ganze Charakter der Melodie, und die klagende Weise verdolmetschte vortrefflich die Herzensempfindungen des jungen Mädchens.
    Einigermaßen verlegen, ließ Godfrey kein Wort fallen. Sein Onkel hatte ihn am Kopfe genommen, drehte denselben dem vollen Tageslichte zu und sah ihn scharf an. Auf diese Weise fragte er ihn, ohne reden zu müssen, und der junge Mann antwortete, ohne mit dem Munde antworten zu müssen.
    Noch immer tönten die traurigen Accorde jener »Abreise des Verlobten«. Nachdem William W. Kolderup den ganzen Salon durchmessen, trat er wieder auf Godfrey zu, der wie ein Angeklagter vor seinem Richter stand.
    »Ist das Alles Ernst? fragte er mit erhobener Stimme.
    – Voller Ernst, versicherte Phina, ohne sich unterbrechen zu lassen, während Godfrey sich begnügte, ein zustimmendes Zeichen mit dem Kopfe zu machen.
    –
All right!
« stieß William W. Kolderup hervor, der seinen Neffen mit einem eigenthümlichen Blicke fixirte.
    Darauf hätte man ihn können zwischen den Zähnen murmeln hören:
    »Du willst versuchen zu reisen, ehe Du Phina heiratest! Wohlan, Du sollst den Versuch machen, Herr Neffe!«
    Er that noch zwei bis drei Schritte und blieb dann mit gekreuzten Armen vor Godfrey stehen.
    »Wohin willst Du gehen? fragte er.
    – Wohin es immer ist.
    – Und wann gedenkst Du abzureisen?
    – Wann Du es wünschest, Onkel Will.
    – Gut, also so schnell als möglich!«
    Bei den letzten Worten hatte sich Phina plötzlich unterbrochen. Der kleine Finger ihrer linken Hand ruhte noch auf einem »Gis« und der vierte Finger war nicht dazugekommen, die Tonica jenes Tones anzuschlagen. Sie war auf einem halben Tone stehen geblieben, wie Raoul in den Hugenotten, wenn er am Ende seines Duetts mit Valentine davon eilt.
    Vielleicht klopfte Phina das Herz jetzt etwas heftiger, aber sie war einmal entschlossen, nichts darein zu reden.
    Da näherte sich William W. Kolderup, ohne einen Blick auf Godfrey, dem Piano.
    »Phina, sagte er ernsthaft, man darf nicht auf einem halben Ton stehen bleiben!«
    Und mit kräftigem Finger, der lothrecht auf die Tasten herabfiel, schlug er ein voll klingendes »A« an.
Viertes Capitel.
In welchem T. Artelett, genannt Tartelett, dem Leser ordnungsmäßig vorgestellt wird.
    Wenn T. Artelett Franzose gewesen wäre, würden seine Landsleute nicht verfehlt haben, ihn Tartelett (Törtchen) zu nennen, und da der Name auf ihn paßt, zögern wir auch nicht, ihn so zu bezeichnen. Wenn Tartelett übrigens nicht Franzose war, so hätte er doch verdient, Einer zu sein.
    In seiner »Reise von Paris nach Jerusalem« erwähnt Chateaubriand eines kleinen Männchens, »gepudert und frisirt wie in alter Zeit«, mit apfelgrünem Rocke, halbwollener Weste, Jabot und Manschetten aus Mousseline, der auf einer kleinen Geige kratzte und den Irokesen Madelon Friquet tanzen lehrte.
    Die Californier sind zwar keine Irokesen, aber Tartelett war deshalb nicht minder Lehrer des Tanz-und Anstandsunterrichts in der Hauptstadt Californiens. Wenn man ihm seine Stunden nicht wie jenem Vorgänger mit Biberfellen und Bärenschinken bezahlte, so honorirte man dieselben doch
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