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Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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Knarre und erschießt mich.«
    »Er hat die Krankenhausrechnungen von meiner Tochter bezahlt. Du bist zu hart zu den Leuten, Aldous«, sagte Ciro.
    »Bezahlt er uns auch unser Boot?«
    Mein Vater lief fünf Meilen weit, bis zu der Gruppe von Sumpfahornbäumen, bei der er sein Auto geparkt hatte. Der Himmel war bereits blau, als er zurückkehrte, um Ciro abzuholen, die wilden Blumen entlang des Damms blühten, und die Luft glitzerte vom Salz. Er kam um ein Weidengehölz und starrte durch die Windschutzscheibe auf das Geschehen, in das er unverhofft geraten war.
    Drei Männer mit Fedora-Hüten und schlecht sitzenden Anzügen, zwei davon mit Browning-Schnellfeuergewehren bewaffnet, geleiteten Ciro in Handschellen zur Rückseite eines Gefängniswagens, dessen Boden mit Eisenplatten belegt war. Der Wagen hing an einem Laster des Staates, und zwei Neger, die für Julian LaSalle arbeiteten, saßen bereits darin.
    Mein Vater legte den Rückwärtsgang ein und setzte den ganzen Damm entlang zurück, bis er auf eine Plankenstraße stieß, die durch den Sumpf führte. Während er durch die überfluteten Senken in der Straße raste und der Matsch über die Windschutzscheibe spritzte, versuchte er nicht an Ciro zu denken, der in Fesseln zum Gefängniswagen gehumpelt war. Er erfasste ein Stück Rotwild, eine Hirschkuh, und sah, wie sie mit zerschmettertem Leib vom Kotflügel abprallte und gegen einen Baum geschleudert wurde. Doch mein Vater ging nicht vom Gas, bis er in Morgan City war, wo er durch die Hintertür in ein Negercafé trat und sich ein Glas Whiskey bestellte, das er beim Trinken mit beiden Händen hielt.
    Dann legte er den schweren Kopf auf die Arme, schlief ein und träumte von Vögeln, die im Blattwerk brennender Bäume gefangen waren.

2
    Cops, Polizeireporter und hart gesottene Sozialarbeiter halten sich für gewöhnlich unter ihresgleichen auf und schließen kaum engere Freundschaft mit Leuten außerhalb ihres Berufes. Sie sind nicht etwa verschlossen, elitär oder überheblich. Sie wollen einfach ihre Erfahrungen nicht mit Außenstehenden teilen. Wenn sie es täten, würde man sie vermutlich schneiden.
    In einem der Bezirke von Faliciana kannte ich einen Schwarzen, der Sergeant in Lieutenant William Calleys Zug in My Lai gewesen war. Er hatte oben am Graben gestanden und mit dem Maschinengewehr Frauen, Kinder und alte Männer niedergemäht, die um ihr Leben flehten. Etliche Jahre später starb der Sohn des Sergeants in dessen Vorgarten an einer Überdosis. Der Sergeant glaubte, dass der Tod seines Sohnes die Strafe für die Geschehnisse im Graben von My Lai war. Er klebte die Wände seines Hauses voller Bilder und Zeitungsartikel, die in allen Einzelheiten auf die Gräuel eingingen, an denen er teilgenommen hatte, und durchlebte seine Taten in My Lai stets aufs Neue, vierundzwanzig Stunden am Tag.
    Aber die Politiker, die meinen Freund, den Sergeant, in dieses Dorf in der Dritten Welt geschickt hatten, mussten nicht seine Bürde tragen, und sie wurden auch nie von einer zivilen oder militärischen Behörde zur Rechenschaft gezogen.
    So ist das eben im Leben. Die Richtigen erwischt es selten. Schlusspunkt ist ein Ausdruck, der bei den Opfern eines Gewaltverbrechens nicht gut ankommt. Wenn man Cop ist, kann man von Glück sagen, wenn es einen aufgrund der Sachen, die man zu sehen bekommt, nicht zu später Stunde noch in Kneipen treibt.
    An einem Frühlingsnachmittag im letzten Jahr nahm ich am Telefon auf meinem Schreibtisch in der Sheriff-Dienststelle des Bezirks Iberia einen Anruf entgegen und wusste sofort, dass ich gerade einen Fall erwischt hatte, zu dem es keine befriedigende Lösung gab, einen Fall, der eine völlig unschuldige, anständige Familie betraf, deren Wunden nie verheilen würden.
    Der Vater war Zuckerrohrfarmer, die Mutter Krankenschwester im Iberia General. Ihre sechzehnjährige Tochter war eine Einserschülerin an der hiesigen katholischen Highschool. An diesem Morgen hatte sie mit ihrem Freund in einem offenen Geländewagen eine Spritztour über ein brachliegendes Zuckerrohrfeld unternommen. Ein Schwarzer, der auf der hinteren Veranda seines nahe gelegenen Hauses saß, sagte, der Geländewagen hätte eine Wolke aus braunem Staub auf dem Feld aufgewühlt und wäre in einem Wäldchen aus Tupelobäumen verschwunden, dann über eine Holzbrücke zu einem anderen Feld gerumpelt, das voll mit jungem Zuckerrohr stand. Ein grauer Spritschlucker mit abgeflachtem Dach, in dem drei Leute saßen, hätte am
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