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Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)

Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)

Titel: Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
Autoren: Wolfgang Morscher , Berit Mrugalska
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beim Hausbau zu helfen, und das Gebäude wuchs mit jedem Tag und wurde immer prächtiger. Doch Haymon wurde immer wortkarger und erschien den Menschen fast nachdenklich, traurig. Ein Missionar, der aus der Schweiz das Oberinntal herunterkam, gesellte sich zu ihnen und erzählte ihnen vom Christentum. Besonders Haymon schien von seinen Worten angetan zu sein, er fasste großes Vertrauen zu dem Missionar und erzählte ihm von seinen Gewissensbissen, da er den Riesen Thyrsus getötet hatte. Aus Reue und Sühne nahm der Riese Haymon schließlich den Glauben der Christen an und wollte in seinem großen Haus nicht mehr alleine wohnen, sondern gründete das Stift Wilten. Und es dauerte nicht lange, da kamen Mönche, um mit ihm in einer Klostergemeinschaft zu leben.
    Die Bauern waren dem Riesen natürlich sehr dankbar, dass er sie von dem Drachen befreit hatte, der ihnen alles, was sie hatten, zerstört hatte. Noch dazu baute er wenig später eine Brücke über den Inn und legte damit die Weichen zur Stadtgründung Innsbrucks. Sie lieferten dem Stift Wilten Zins ab und ließen Haymon die Grenzen von Grund und Boden festlegen. Dazu nahm er einen sehr großen Stein, legte ihn sich auf die Schulter und stieß ihn mit aller Kraft von sich.
    „Bis dorthin, wo der Stein fliegt, ist alles mein“, sprach er keuchend.
    Und so war es. Noch heute liegt der Stein des Haymon, um ein paar Meter verschoben, in den Wiltener Feldern bei den Sillhöfen. In den Feldern bei Seefeld aber, da hat sich auch der letzte Satz des Thyrsus bewahrheitet. Heute noch wird dort aus dem harten Stein das „Thyrsusblut“ gewonnen, auch Dirsten- oder Steinöl genannt, das Ichthyol, welches vielleicht nicht besonders gut riecht, aber schon manchem geholfen hat.
    Der Riese Haymon aber lebte noch einige Jahre, bis zu seinem Tod im Jahre 878, im Kloster. Wie es einem Klostergründer gebührt, wurde Haymon an der bedeutendsten Stelle in der Kirche begraben, und zwar hinter dem Altar. Auf seinen Sarkophag wurde eine Holzstatue gelegt, die ganz nach seinem Ebenbild geschaffen wurde und 12 Werkschuh und vier Zoll lang ist. Im Nachhinein wurde ihm sogar ein Wappen verliehen und er damit in den Adelsstand erhoben: Auf einem Helm ruht ein rotes Kissen, auf dem ein Leopard sitzt. Das Feld des Schildes ist grün, ein weißer Querbalken liegt in der Mitte.
    Auch die Drachenzunge wurde in Silber gefasst und im Altarraum aufbewahrt. Beides ist heute noch erhalten und wird im Stift Wilten aufgehoben. Am Eingang der Stiftskirche Wilten stehen heute noch zur Erinnerung die überlebensgroßen Statuen vom Riesen Thyrsus mit der Keule und dem Riesen Haymon mit seinem Schwert.
    Frau Hitt
    Weit über die Grenzen Tirols hinaus kennt man sie, die Sage der Frau Hitt, manchen ist sie auch unter Frau Hütt bekannt. Ein markanter Felszacken an der Nordkette, hoch über der Landeshauptstadt Innsbruck, trägt ihren Namen, so viel wissen die meisten. Aber wie kam es dazu? Frau Hitt war eine Riesenkönigin und beging einen Brotfrevel.
    Lange vor unserer Zeit, als noch nicht einmal die Stadt Innsbruck existiert hat, da lebte hier eine Riesin, die bald zur Königin wurde. Ihre Kühe weideten an den grünen Hängen der Nordkette und gaben reichlich Milch. Bis zu den obersten Bergspitzen reichten die saftigen Wiesen und die Menschen, die für die Riesenkönigin schufteten, hatten viel Arbeit mit Melken und der Weiterverarbeitung der Milch und natürlich auch mit der Vermarktung und mit dem Verkauf. Frau Hitt brauchte sich bald um nichts mehr zu kümmern, mit jedem Tag wuchs ihre Viehherde, und mit jedem Tag wurde sie reicher. So benahm sich Frau Hitt auch bald nicht mehr wie andere Riesen, ihr lag nichts mehr daran, ihre Körperkräfte mit anderen Riesen zu messen, und sie wollte sich bald auch wie eine Königin kleiden. War sie früher noch mit Kleidern aus Leinen und Fell zufrieden gewesen, so trug sie jetzt nur noch Kleider aus feinster Seide, mit Goldfäden durchzogen.
    Eines Tages ging ihr Sohn in den Wald zum Spielen und kam erst nach vielen Stunden wieder heim ins Schloss. Doch was war geschehen? – Ihr Sohn war von oben bis unten voll Dreck und Moder. Sein Gesicht war kreidebleich und seine Knie zitterten.
    „Ja Bubele“, rief Frau Hitt entsetzt, „wer hat denn dich so hergerichtet?“
    Er hatte sich die ganze Zeit so fest zusammengenommen, als er aber die Worte seiner Mutter hörte, da kamen ihm dann doch die Tränen.
    „I wollt’ mir ja nur ein Steckenpferd aus einem
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