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Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)

Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)

Titel: Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
Autoren: Wolfgang Morscher , Berit Mrugalska
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weil er schon immer hier gelebt hatte. Natürlich war er es, der ihm heimlich und feige sein Haus zerstört hatte, während er schlief. Ja, so waren sie, die von dem anderen Geschlecht, die nicht zu den Bajuwaren gehörten, sondern zu den Rätern oder anderen Stämmen.
    „Hinterhältig und heimtückisch, das wäre der bessere Name für dich“, schimpfte Haymon vor sich hin, „aber du Dümmling wirst nicht einmal wissen, dass du gar keinen Namen hast, sondern einfach nur Riese – Thyrsus – gerufen wirst …“
    Nun schaute auch Thyrsus auf, der bei der Feldarbeit war, und nach Art der Riesen mit einem einfachen Fell und ein wenig Baumbart bekleidet war. Instinktiv riss er sich eine Birke aus, und da stand er auch schon vor ihm, der Fremde mit dem zornigen Blick, seiner glänzenden Rüstung, wie sie die Menschen trugen, und mit einem scharfen Schwert. Es wurde nicht lange geredet, es wurde sofort gekämpft, und Thyrsus gab sein Bestes, den Angreifer abzuwehren. Doch Haymons Schwert war flink und Thyrsus fiel zu Boden. Er war an der Ferse getroffen und konnte keinen Schritt mehr gehen, Blut tropfte erst langsam, dann immer schneller herab – es bildete sich eine kleine Lache, die allmählich in dem trockenen Boden versickerte.
    „Spritz Bluet – ist für Vieh und Leut’ guet“, sprach Thyrsus mit zittriger Stimme.
    Er riss noch eine Grasscholle aus und stopfte sie sich in die Wunde, doch er brachte die Blutung nicht zum Stillstand und starb bereits kurze Zeit später auf seinem Feld.
    „Das ging aber schnell“, dachte Haymon bei sich, „das scheint eine delikate Stelle zu sein, da werde ich auch bei mir in Zukunft aufpassen. Da habe ich dem Übeltäter eine verpasst und noch gleich etwas gelernt!“, und er ging mit Riesenschritten wieder ins Inntal hinab, um sich sofort an die Arbeit zu machen. Er spuckte kurz in die Hände und legte sorgfältig einen Stein auf den anderen.
    „So, heute nun kann ich mich unbesorgt zur Ruhe legen. Hach, ich freu’ mich schon auf den morgigen Tag“, dachte er noch kurz, bevor er in den Schlaf fiel.
    Am nächsten Morgen schlief er ein wenig länger und wurde von einem ungewohnten Stimmengewirr wach. Als er sich den Schlaf aus den Augen gerieben hatte und ein lautes Knurren aus seinem hungrigen Magen hörte, da sah er erst, dass er von mindestens zwanzig Menschen begafft wurde, die alle nur darauf warteten, dass er endlich aufwachen würde. Und nun bemerkte er auch etwas anderes: Sein Haus war in der Nacht ein weiteres Mal zerstört worden.
    „Oh nein! Wie kann das sein?“, rief er entsetzt. Er hatte doch den hier sesshaften Riesen Thyrsus im Kampf getötet, wer sollte ihm nun schon wieder sein Haus zerstört haben? Oder sollte er gar den Falschen bekämpft und ein Unrecht begangen haben?
    Die Menschen fingen an, nach seiner Fährte zu suchen und zeigten ihm schon bald Aschereste und Spuren von stinkigem, glitschigem Schleim.
    „Das kann nur der Drache gewesen, der Silldrache spielt mir jede Nacht also diesen üblen Streich. Das wird es mir heimzahlen, dieses Sauviech“, schwirrte es ihm durch den Kopf.
    „Haymon, sieh dich vor, handle nicht unüberlegt“, warnten ihn die Menschen, als er sich im Eiltempo die Rüstung anzog. „Wir wissen nicht viel über ihn. Auf einmal war er da und niemand, der versucht hat, gegen ihn zu kämpfen, wurde jemals wieder lebend gesehen. Wir wissen auch nicht, ob er allein in der Sillschlucht lebt oder ob es noch andere von seiner Sorte gibt. Vergiss nicht, dass sein Blut und seine Zunge giftig sein können!“ Doch Haymon hörte schon nicht mehr zu, er war bereits in der rauschenden Sillschlucht verschwunden.
    Die Menschen nun blieben hier an diesem Ort, wo der Haymon sein Haus bauen wollte. Einer von ihnen begann ein Feuer zu machen und eine der Frauen fing an, einen Kräutertee aufzustellen. Schon seit einigen Stunden hörten sie die Kampfgeräusche aus der Sillschlucht hallen. Mal brüllte der Riese, mal brüllte der Drache. Riesige Feuerzungen zuckten in die Luft, an einigen Stellen flogen glimmende Kohlestücke auf und langsam breiteten sich Rauchschwaden aus. Endlich erschien er wieder, der Riese Haymon, und jubelnd hielt er den Menschen die Drachenzunge entgegen, als Zeichen, dass er das Untier besiegt hatte.
    „Das war ein Kampf!“ – mehr sagte er nicht, aber das reichte den Menschen und sie feierten ein Freudenfest, wie man es schon lange nicht mehr getan hatte.
    In den nächsten Tagen begannen die Menschen, dem Riesen
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