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Die schönsten Dinge

Die schönsten Dinge

Titel: Die schönsten Dinge
Autoren: Toni Jordan
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rufe mir alles ins Gedächtnis, was er an jenem Morgen gesagt hat und was ich getan habe. »Und der Zahn? Du hast gesagt, ich hätte einen Fehler gemacht. Ich hätte den Zahn, den ich im Park gefunden habe, nur mit Handschuhen anfassen dürfen. Um die DNA nicht zu verunreinigen. Woher wusstest du das?«
    Â»Das habe ich bei CSI gesehen.« Er lächelt immer noch. In seine Wangen graben sich Grübchen, die mir vorher nie aufgefallen sind. Er steht auf, kommt herüber und lehnt sich mit einem Ellbogen auf den Kaminsims. Er hat mein Verhalten gespiegelt, als wäre ich die Kundin und er der Schwindler. »Und das war nicht einfach. Ich musste mich beeilen. Es war ein gutes Stück Arbeit, die ganzen Bücher an einem Tag aufzutreiben. Fünf oder sechs verschiedene Lieferungen per Taxi aus jedem Laden, den ich ans Telefon bekommen konnte. Alles war voll Staub. Zehn Minuten bevor du gekommen bist, war der Putztrupp noch da.«
    Ich schüttle den Kopf. »Nein. Du warst in Harvard. Ich habe deine Urkunden gesehen.«
    Â»Das war der leichteste Teil. Ich habe einen freiberuflichen Designer angeheuert, aber im Nachhinein glaube ich, das hätte ich auch geschafft. Vielleicht beim nächsten Mal.«
    Ich mache den Mund zu und schüttle den Kopf.
    Â»Die Ausgabe der Entstehung der Arten musste ich gegen Geld ausleihen. Es war unverschämt teuer, das kann ich dir sagen. Sie gehört Freunden der Familie, aber das hat nicht geholfen. Ich musste die ganze Zeit weiße Handschuhe tragen und ihnen meinen Erstgeborenen versprechen, falls es beschädigt wird. Zuerst dachte ich, sie gehen das Risiko nicht ein.«
    Ich hole tief Luft. »Aber dann hast du sie überzeugt.«
    Â»O ja. Ich hatte ein Argument, dem niemand widerstehen kann. Ich habe ihnen gesagt, dass es um eine Herzensangelegenheit geht.«
    Das Einzelbett in meinem Dachzimmer ist für zwei sehr klein. Daniels Füße ragen oft über das Ende, und ich stoße mir einmal den Kopf an der Wand. Wir lieben uns sanft, bedächtig, aber unermüdlich, ohne das getriebene Verlangen des ersten Mals. Als hätten wir jetzt für alles Zeit. Nach einer Weile schleichen wir uns nach unten in die Küche und holen uns etwas aus dem Vorratsraum, große Gläser mit Pfirsichen und Aprikosen, die Ruby und Ava eingeweckt haben. Als ich eines aufdrehe, quietscht der Deckel. Wir setzen uns auf die Arbeitsplatte, ich in meinem Morgenmantel, er in Hemd und Unterhose. Wir essen die Pfirsichhälften mit den Fingern, den Saft lassen wir in die Spüle tropfen. Ich erzähle ihm Geschichten über das Haus und zeige ihm das eine oder andere. Wenn ich ihm davon erzähle, erinnert sich noch ein Mensch mehr daran. Selbst wenn das Haus nicht mehr steht. Meist rede ich, und er hört zu, aber eines muss ich noch wissen.
    Â»Hast du als Kind wirklich einen Tasmanischen Tiger gesehen?«
    Er drückt mir einen Kuss auf die Handfläche. »Dachte ich mir doch, dass du das weißt.«
    Â»Und, hast du?«
    Â»Ist das wichtig?«
    Â»Erzähl mir davon«, sage ich. »Erzähl mir die Wahrheit.«
    Er redet lange, als wollte er mir beweisen, dass er nichts mehr zu verbergen hat. Irgendwann geht die Sonne unter, ich zünde ein Dutzend Kerzen an, und wir setzen uns mit den Leuchtern im Wohnzimmer auf den Boden, damit man das Licht von außen nicht sieht. Ich lasse ihn reden, ohne zu unterbrechen.
    Während er meine Hand hält, erzählt er mir eine Geschichte über einen kleinen Jungen, der von seinen Klassenkameraden »Danny« genannt und beim Sport immer als Letzter gewählt wurde. Wenn er zu schnell ging, fing er an zu keuchen, und in seiner Hemdtasche steckte immer ein grauer Inhalator, an dem er saugte, wenn er nervös oder schüchtern wurde, wie an einem Daumenersatz auf Rezept.
    Tagsüber war er ein stilles Kind, in der Schule ging er allen aus dem Weg, zu Hause hockte er allein in seinem Zimmer, las oder spielte mit seinen Action-Man-Figuren. Im Dunkeln konnte er in seinem Zimmer nicht mehr den Boden betreten. Das Bett erreichte er nur durch eine komplizierte Reihenfolge von Sprüngen, vom Flur auf einen Stuhl und weiter auf einen Stapel Kissen, die er strategisch auf dem Boden platziert hatte, damit die Monster ihn nicht an den Knöcheln packen konnten. In seinen Träumen fiel er, ertrank, wurde von Krokodilen gefressen und von Monstern verschlungen. Er wachte mit
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