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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter
Autoren: Miriam Muentefering
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Sicherheit schon Stunden vorher mit ihrem Aussehen für den Abend beschäftigt. Was allerdings nur für mich erkennbar war, weil ich Jackie gut kannte. Sie nahm nie zu viel von etwas, sondern trug sexy Kleidung, Schminke und Parfüm immer so, dass sie gepflegt und gleichzeitig natürlich wirkte. Jede Frau weiß aber, wie viel Mühe genau diese Erscheinung macht!
    Jackie wirkte in ihrem schwarzen Sommeranzug mit langem Jackett leger und luftig. Sie hatte ihre schulterlangen Haare in Zöpfe geflochten, die keck im Nacken baumelten.
    »Wie findest du mich heute Abend?«, fragte sie etwas atemlos, obwohl sie doch die letzten zehn Minuten im Auto gesessen hatte.
    »Eine Mischung aus Femme fatale und Unschuld. Einfach perfekt«, lobte ich ihre Bemühungen, und sie war zufrieden. Allerdings rutschte sie nervös auf ihrem Sitz herum.
    »Slipeinlage«, erklärte sie mir kurz auf meinen fragenden Blick. »Wie du’s machst, ist es verkehrt. Nimmst du keine, bekommst du deine Tage ausnahmsweise zwei Tage zu früh und schon ist der Anzug reif für die Reinigung. Nimmst du eine, klappt sie sich nach drei Minuten in der Unterhose um und du hast den Klebestreifen am Bein hängen … Aber ich wollte heute nichts riskieren. Ich bin sicher: Heute passiert es!«
    Dessen war Jackie alle zwei Wochen sicher.
    Ich nickte friedlich.
    »Ich werde langsam zu alt für so was, findest du nicht?!«, überlegte Jackie laut, als sie aus der Parklücke fuhr und sich in den Samstagabendverkehr einfädelte. »Ich meine, alle Welt schreit nach Gleichberechtigung und will in den Hafen der Homoehe einlaufen. Aber wenn ich noch nicht mal eine habe, mit der ich abends auf dem Sofa sitzen kann, um jetzt mal das Profanste zu nennen, mit wem soll ich dann für unser Recht auf Kindsadoption demonstrieren?«
    »Bedeutet das, du würdest nur für Dinge demonstrieren, die dich persönlich angehen?«, wollte ich wissen. Ich diskutiere gern mit meinen Freundinnen.
    »Unsinn! Du weißt, dass ich keine Kinder will. Aber ich will nicht mehr allein sein. Ich finde diese Suche nach einer geeigneten Partnerin demütigend«, klagte Jackie.
    »Dann hör doch auf!«
    »Aufhören? Bist du verrückt?«
    Scheinbar wollte Jackie nicht diskutieren.
    Sie zappelte neben mir herum, als wir schließlich den Weg vom Parkplatz unter den Zugbrücken her nahmen. »Ich hatte heute Nacht einen Traum«, erzählte sie. »Darin ging es um eine dunkelhaarige Frau …«
    »Dunkel?«, hakte ich rasch dazwischen, denn die haselnussbraune Jackie, deren Mutter aus Nigeria stammt, steht eben auf Blond.
    »Dunkel!«, wiederholte Jackie. »Und ich glaube, das bedeutet, dass es sich um eine Frau handelt, die mir in gewisser Hinsicht ähnelt. Das verdeutlicht sich in Träumen oft in identischem Aussehen.«
    »Und weiter?«
    »Diese dunkelhaarige Frau war seltsam. Sie war zum einen eine verführerische, unglaublich leckere Frau – und du kannst mir glauben, dass ich unruhig geschlafen habe – und zum anderen war sie wie ein Kind, ein kleines Mädchen, das mit mir wirklich unschuldige Spiele spielen wollte, ganz im Gegensatz zur erwachsenen Frau.«
    Ich hoffte auf nähere Ausführungen zu den Spielen der Letzteren, aber Jackie spähte bereits voraus zum Eingang des Kulturbahnhofs, wo sich eine kleine Gruppe von tanzwütigen Frauen vor der Kasse tummelte.
    »Was sagt dir diese sonderbare Zwiespältigkeit der Traumfrau?«, erinnerte ich sie daher an unser Gesprächsthema.
    »Sieh mich an!« Jackie grinste und zupfte an ihren niedlichen Zöpfen. »Alle Welt weiß doch, dass Verliebte zu Infantilismus neigen. Sie werden phasenweise wieder zu Kindern, sprechen mit piepsigen Stimmchen und geben sich alberne Kosenamen. Eine Frau, die auf so was steht, muss geködert werden.« Daher also ihre freche Frisur.
    »Leg nicht so viel Wert auf deine Träume, Jackie«, riet ich ihr. »Die sagen dir vielleicht etwas über dein Unterbewusstsein. Aber über die Zukunft werden sie dir schwerlich etwas erzählen können.«
    »Ach, ja? Und wie war das damals mit Ellen?«, konterte meine Freundin überlegen. »Da hast du mich auch ausgelacht, als ich dir von der blondgelockten Prinzessin in meinem Traum erzählt habe. Und was war am gleichen Abend? Wir trafen beim Frisbeespielen am See Ellen, der du versehentlich die Scheibe an den Kopf geworfen hast. Na ja, das war wohl eher ein Zukunftstraum, den ich stellvertretend für dich geträumt hatte … Schließlich habt ihr euch vom Fleck weg ineinander verliebt. Um mich ging es
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