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Die Schöne und der Tod (1)

Die Schöne und der Tod (1)

Titel: Die Schöne und der Tod (1)
Autoren: Bernhard Aichner
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Klebeband gesehen.
    – Aber Sie haben es mir doch eben abgenommen. Damit kommen Sie nicht durch.
    – So wie ich das sehe, haben Sie Ihre Frau ausgegraben und verstümmelt. Und Sie haben Dennis getötet. Und Sie werden sich wegen Mordversuchs an Max verantworten müssen.
    – Er hat mich getreten, er hat mir mein Gesicht zerschlagen.
    – Notwehr. Sie haben ihn mit der Axt angegriffen.
    – Er hat Schnaps in mein Gesicht geleert.
    – Ich denke, er wollte nur die Wunden desinfizieren.
    – Fotze.
    Bald darauf kommt Lusser mit seinen Kollegen. Die Spurensicherung stellt das Haus auf den Kopf. Sie finden alles, was sie brauchen, um August zu belasten, sogar die Schuhe von Dennis im Schuppen. Taucher sind zum See unterwegs, alles nimmt seinen Lauf.
    Baroni ist zu sich gekommen, Max erzählt ihm, was passiert ist, er umarmt ihn. Lange. Dann fahren sie mit Tilda zum Friedhofswärterhaus. Tilda macht Suppe. Sie besteht darauf, sich um die beiden zu kümmern. Max und Baroni sind dankbar dafür. Sie sitzen in ihrer Küche und essen Suppe. Einen Löffel nach dem anderen.
    Bis alles wieder gut ist.

Vierundzwanzig
    Max hält die Luft an. Er liegt in der Badewanne, sein Kopf ist unter Wasser, die Augen geschlossen. Das Licht im Badezimmer ist aus, er bewegt sich nicht.
    Als er ein Kind war, ist er so immer verschwunden, unsichtbar geworden, keiner konnte ihm etwas tun, nichts konnte ihn verletzen, nichts konnte ihn erreichen, er war geborgen im Wasser, in Sicherheit. Unter Wasser war die Welt anders, unter Wasser konnte man nicht weinen. Als seine Mutter starb, flüchtete er sich dorthin, er war ihr näher dort. Fast täglich badete er, tauchte unter, hielt die Luft an, sekundenlang, später Minuten. So wurde es besser.
    Als die Trauer weg war und er sich an das neue Leben ohne sie gewöhnt hatte, ging er immer noch ins Bad und machte das Licht aus. Er legte sich in die Wanne und tauchte unter. Er liebte es, immer länger konnte er die Luft anhalten, lag im Wasser ohne zu atmen. Zwei Minuten und vierundzwanzig Sekunden konnte er unten sein, dort, wo nichts weh tat, dort, wo die Welt nicht mehr war.
    Max bewegt sich nicht. Er denkt an das Begräbnis. Wie schön es war. Wie viele Leute auf dem Friedhof waren. Er atmet nicht. Er sieht den Sarg vor sich, die Blumen. Wie sie für Dennis beteten. Wie die Kameras alles filmten. Wie ihm die Idee dazu gekommen war in Tildas Küche, beim letzten Löffel Suppe, die Idee, sie gemeinsam zu begraben, am selben Tag, unmittelbar nacheinander. Zuerst Dennis, dann Marga.
    Das zweite Begräbnis des geschändeten Models brachte den Friedhof zum Platzen, die Leiche in Stücken war eine Sensation. Alle waren sie da, alle verabschiedeten sich, auch von dem Jungen. Die Musikkapelle spielte, der Bürgermeister sprach, hunderte Trauernde begleiteten ihn nach unten. Überall Blumen. Viele gute Worte über ihn. Über Marga. Das Foto auf ihrem Sarg. Wie Baroni und Max oben auf der Terrasse standen und auf sie tranken. Auf Dennis und Marga.
    Wie Max die Luft anhält. Seit einer Minute und dreiundvierzig Sekunden ist er unter Wasser. Der Schlüssel, den Baroni ihm gegeben hat, liegt draußen im Gang, er hat die Entscheidung, die er so lange aufgeschoben hatte, getroffen. Wien oder das Dorf, Friedhof oder Neubaugasse, Leichen oder Redaktion. Max atmet nicht. Nur ein paar Sekunden noch.
    Kurz kann er noch unten bleiben, kurz noch die Stille. Doch da ist plötzlich diese Hand auf seiner Brust, die Finger, die vorsichtig zu ihm kommen, ihn aus dem Wasser holen, zurück ins Leben. Zuerst wühlen sie sanft, dann streichen sie über seine Brust, sie brechen einfach ein in seine Welt. Max kommt nach oben, er holt Luft in seine Lungen und nimmt die Hand. Er zieht an ihr, er holt ihren Körper in die Wanne, zieht sie unter Wasser, berührt sie, umarmt sie. Es ist dunkel, kein Licht im Bad. Er küsst sie, sie küsst ihn. Sie hören nichts, nur ihre Münder, die laut sind im Dunkeln.
    Dann gehen sie hinaus, die Sonne scheint, es ist warm für die Jahreszeit. Max umarmt sie von hinten und schaut hinunter auf den Friedhof. Er lächelt zufrieden.
    Schön, dass du da bist, sagt Max.
    Finde ich auch, sagt Hanni.

Herzlichen Dank
    Reinhard Larcher.
    Hermann Köhle.
    Bernhard Müller.
    Georg Hasibeder.
    Petra Hatzer-Grubwieser.
    Ferdinand Treffner.
    Peter Amhof.
    Anton Walder.
    Christof Dornauer.
    Michael Weiss.
    Henrik Eder.
    Markus Hatzer.
    Christoph Geiler.
    Andreas Hruza.
    Anton Sint.
    Elisabeth Zandanel.
    Bernhard
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