Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schoene Muenchnerin

Die schoene Muenchnerin

Titel: Die schoene Muenchnerin
Autoren: Kaemmerer Harry
Vom Netzwerk:
und konzentrierte sich wieder auf die Strecke vor ihm. Doch da sah er im Rückspiegel den BMW schon wieder näher kommen. Hanke schnitt scharf in die nächste Kurve, erwischte die Ideallinie, bremste … ssssssssssssssssssssssssssshhhhh!!!!!!!!!!! Der Maserati rutschte übers nasse Laub, schoss geradeaus, Hanke riss das Lenkrad nach links, der Wagen glitt unbeirrt weiter. Der Tacho zeigte hundertzehn. Ungebremst passierte der Maserati das Bankett, ein gewaltiges Panorama öffnete sich, schneebedeckte Gipfel, Bäume in schillernden Herbstfarben, der weite Himmel.
    Hankes Gedanken waren ganz klar. Er genoss die Aussicht. ›So schön ist die Welt‹, dachte er, ›die ich gleich verlasse.‹ Aber er hatte viel Spaß in ihr gehabt, sehr viel Geld verdient. In letzter Zeit waren die Geschäfte richtig gut gelaufen. Diese Ersatzteilconnection, großartig! Doch wo Licht ist, ist auch Schatten, denn jetzt blitzte der Gedanke in seinem Kopf auf, dass der schwarze BMW etwas mit diesen Geschäften zu tun haben könnte. Kaum war der Gedanke da, war er schon hinfällig, denn der Maserati setzte zur Landung an. Der Verdi-Chor dröhnte …
    Pooootschhhhhhhhh… Die Airbags knallten raus. Aber kein Splittern, Bersten von Glas, keine brutalen kinetischen Energien, die den Motorblock nach hinten rammten und seine Beine zerquetschten, kein Dach, das abgerissen wurde wie ein Blatt von einem Zeichenblock. Nichts dergleichen. Der Maserati war genau in einen Moorsee geplumpst. Das Schicksal war gnädig gewesen. Der zähe Schlick hatte den Aufprall auf ein erträgliches Maß gemindert, der Vierpunktgurt und die Airbags hatten Hanke wohl behütet, ihm das Leben gerettet. Mit ein bisschen Glück war sogar der Wagen noch zu gebrauchen. Jetzt schnell das Gurtschloss öffnen. Doch seine Hände waren vor der Brust eingeklemmt. Die Airbags hatten ihn fest im Griff. Verdi dröhnte immer noch. Das Gluckern des schwarzen Wassers hörte Hanke nicht, aber er spürte es, das Wasser stand ihm bereits bis zum Hals. Schreien wäre jetzt angebracht, aber uncool. Er wusste, dass es sinnlos war. Wenn er wenigstens an die Anlage käme, um sie abzustellen. Keine Chance. Orchester und Chor schwollen noch einmal machtvoll an, als er das schwarze Wasser schluckte. So schmeckte also der Tod.
    Dann verstummte auch Verdi.
    HERBST
    Oben an der Straße stand der schwarze BMW. Hanke hatte sich geirrt. Kein Typ. Zwei Typen: Jeans, Lederjacke, grobe Stiefel, dunkle Haare. Einer sah aus wie ein rumänischer Zuhälter: zurückgegelte, halblange schwarze Haare, Koteletten, Schnauzbart, Ohrring. Der andere war deutlich kleiner, hatte ein spitzbübisch-bleiches Gesicht, irgendwie verschoben, und die Mundpartie zeichnete sich durch eine leichte Hasenscharte aus, nur vage verdeckt von einem flunsigen, dunklen Oberlippenbart. Keine Califor­nia-Dreamboys. Aber nicht auf den Mund gefallen: »El Condor pasa«, sagte der mit der Hasenscharte.
    »Loki, du bist echt ein Arsch, musste das sein?«, blaffte der andere.
    »Nenn mich nicht Loki! Für dich bin ich immer noch Ludwig!«
    »Aber das musste wirklich nicht sein!«
    »Helmut, sei mal nicht so pingelig. Ich hab ihn nicht mal berührt. Fährt wie ein Irrer.« Er kickte einen matschigen Laubflatschen von der Straße. »Es ist Herbst!«
    Helmut schüttelte den Kopf. »Scheiße. Wir sollten ihn nur beschatten. Was sagen wir Grasser?«
    »Dass es ein Unfall war.«
    Sie sahen nach unten, wo gerade die letzten Zentimeter des roten Wagenhecks in der trüben Soße verschwanden.
    »Schönheit ist vergänglich«, sagte Ludwig. »Was machen wir jetzt?«
    »Den Umzugswagen bestellen. Hankes Bude ausräumen.«
    »Helmut, altes transsilvanisches Schlitzohr. Wenn das deine Mama wüsste …«
    »Die freut sich über jeden Euro, den ich ihr schicke. Wir sagen es den Jungs, und dann gehen wir essen. Ich hab Hunger.«
    »Wann ist die Sendung fällig?«
    »Grasser hat die Details. Ich ruf ihn nachher an.«
    Ludwig sah noch mal nach unten. »Du, wir könnten den Wagen doch wieder rausholen, wenn Gras über die Sache gewachsen ist.«
    SPANNWEITE
    Hummel durchfurchte mit wütenden Schritten das Laub. Er war so was von sauer, auf die ganze Welt! Müsste er nicht auf Bajazzo aufpassen, wäre er in seiner dunklen Wohnung geblieben und hätte weitergegrübelt, wäre seinen dunklen Gedanken nachgehangen. Er hatte allen Grund dazu: Seine geliebte Beate, Wirtin seiner geliebten Stammkneipe Blackbox, heiratete! Und zwar nicht ihn! Mehr Tragik war nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher