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Die schoene Muenchnerin

Die schoene Muenchnerin

Titel: Die schoene Muenchnerin
Autoren: Kaemmerer Harry
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Separeetischchen war gut was los. Vor allem Touristen, die den Hofbräuhaus -Besuch ausklingen ließen. Die Decke war mit blauer Lackfolie in Wellenhängung zugetackert und mit weißen Girlanden verziert, was die vage Illusion eines echt bayerischen Himmels erzeugte. Auf der kleinen Bühne ging es sehr naturelle zu. Drei Grazien beendeten gerade eine Performance mit Baströckchen in Gürtelbreite zu Madonnas Holiday-y-y. Danach kam eine Dame im schwarzen Regenmantel auf die Bühne, lehnte sich an eine Stange und tat so, als stünde sie unter einer Straßenlaterne im Pariser Regen. Ein trauriger französischer Schlager erklang, und schon bald hatte sie sich des Regenmantels entledigt. Sie rekelte sich selbstvergessen an der Stange, inklusive einiger tollkühner Einlagen mit dem Regenschirm. Die Haut der Dame glänzte weiß und ungesund im Scheinwerferlicht.
    Hummel setzte sich endlich in eins der Sepa­rees.
    »Was darf ich dir zu trinken bringen, Süßer?«, fragte eine Dame in einem Paillettenbikini und kniehohen roten Lackstiefeln.
    Hummel glotzte sie an und krächzte: »Ein Bier, bitte.« Sie zwinkerte und zog von dannen.
    Hummel wusste nicht recht, ob er sich entspannen sollte oder nicht. Eher Letzteres. Er war in Habachtstellung. Egal, wo man hinsah, hier schrie alles nach Sex. Er nahm einen großen Schluck Bier und sah den letzten Windungen der Pariserin zu. Jetzt kamen neue Gäste. Er zuckte zusammen. Der Beautyarzt von vorhin! Grasser! Mit drei Herren. Einer, wie die Kopie von Grasser mit mehr Haaren, die beiden anderen Herrschaften deutlich unterhalb Grassers Niveau. Ein Kleiner mit Schnauzbart und ein Großer mit Siebzigerjahrekoteletten.
    Hummel drückte sich tief in sein Separee. Es half nichts. »Na, Süßer, spendierst du mir einen Sekt?« Hummel erkannte seine Tischdame als eine der drei Bastrockdamen und nickte ergeben. Sogleich stand ein klirrender Kübel auf dem Tisch. Die Flasche war schneller entkorkt, als Hummel Einspruch erheben konnte. »Bestellt ist bestellt«, sagte der Kellner mit einem Grinsen und verschwand. »Ich bin Simone«, sagte die Dame und goss zwei Gläser ein, »oder Ramona oder Petra – wenn es dir lieber ist.«
    »Klaus«, sagte Hummel und stieß mit ihr an. Dabei sah er sie das erste Mal richtig an. Hey, sie war eigentlich ganz hübsch. Große braune Augen unter dem falschen Blond ihres Ponys. »Du hast schöne Augen«, sagte Hummel.
    Irritierter Blick zurück.
    »Äh, ich wollte dir nicht zu nahe treten.« Hummel deutete zu Grassers Tisch hinüber. »Kennst du die Typen da?«
    »Bist du ein Bulle?!«
    »Nein, also … ich, äh, ich bin Sachbearbeiter im KVR.«
    »Was ist das denn?«
    »Das Kreisverwaltungsreferat?«
    »Und was willst du von den Typen?«
    »Nichts. Sehen irgendwie interessant aus. Ich frag mich nur, was hier für Leute herkommen, in so ein … Nackttanzlokal.«
    Sie lachte. »Na, du zum Beispiel! Und du heißt echt Klaus?«
    Sie unterhielten sich ein bisschen. Simone oder Ramona oder Petra war so nett, keine zweite Flasche Sekt mehr zu bestellen, um sein kleines Beamtengehalt nicht komplett zu sprengen. Hummel sah, wie Grasser und sein Zwilling zahlten und gingen. Die beiden anderen Herren wechselten an die Bar. Als seine Tischdame sich einer gerade eingetroffenen Gruppe Japaner widmete, siedelte auch Hummel an die Bar um und machte große Ohren. Mist, es war einfach zu laut in dem Laden. Als die beiden Herren gingen, wollte Hummel ihnen folgen, aber der Kellner hielt ihn am Arm fest. »190 Euro!« Hummel schluckte. Er zog sein ganzes Bargeld aus der Börse – vier Fünfziger – und legte es auf den Tresen. »Stimmt so!«
    Oben sah er, wie die beiden Männer gerade das Ende der Ledererstraße erreichten. Er rannte ihnen hinterher, durch die Gasse beim Dürrnbräu bis ins Tal, weiter zum Isartor, dann die Stufen zur S-Bahn-Unterführung hinunter. Beim Cinemaxx wieder nach oben. Reichenbachstraße. Dort verschwanden sie in einem Hinterhof. Er blieb ihnen auf den Fersen.
    Der Schlag in den Rücken kam aus dem Nichts. Hummel ging zu Boden und spürte den Stiefelabsatz im ­Nacken.
    »Du Sack, was willst du von uns?«
    »Ich, nix …«
    Der Druck am Kopf nahm zu. Die Steine des Kieswegs drückten im Gesicht. Dann spürte er eine Hand an seinem Hintern. Die seinen Geldbeutel aus der Arsch­tasche zog.
    »Scheiße, das ist ein Bulle!«
    Der Fuß lockerte sich. »Hey, ich mach euch ein Angebot«, versuchte es Hummel. »Ihr geht jetzt einfach, und wir vergessen das
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