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Die schöne Mätresse

Die schöne Mätresse

Titel: Die schöne Mätresse
Autoren: Julia Justiss
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hatte verbergen wollen. „Ja, ich liebe Evan.“
    Mit einem entzückten Aufschrei umarmte sie Miss Marlowe noch einmal. „Wundervoll! Dann werden wir beide glücklich sein! So Gott es will, werden Sie ihn ebenso glücklich machen, wie Sie ihm vorher Qualen verursachten. Ich kenne ihn schon mein ganzes Leben und habe ihn niemals so erlebt wie in diesen vergangenen Monaten, in denen er sich in seinem Zimmer einsperrte und jede Gesellschaft mied. Wenn ich um sein Glück weiß, kann ich wenigstens aufhören, mich wegen meiner eigenen Liebe schuldig zu fühlen.“ Sie zögerte, und ihr Lächeln schwand. „Aber wenn Sie nichts von unserer gelösten Verlobung wussten … Hat er Ihnen denn keinen Brief geschickt?“
    „Nein. Ich habe keine Nachricht von ihm erhalten, seit wir uns vor Monaten getrennt haben.“
    Andrea runzelte die Stirn. „Das ist seltsam.“
    Eine schreckliche Vermutung ließ Emilys Mut sinken. „Vielleicht empfindet er nichts mehr für mich.“
    Andrea machte eine ungeduldige Geste. „Unsinn. Er liebt Sie immer noch, dessen bin ich mir sicher. Warum habe ich es nicht von Anfang an gemerkt?“ Sie kam um den Tisch herum und ergriff Emilys Hände. „Wenn Evan nicht bald Kontakt mit Ihnen aufnimmt, müssen Sie zu ihm gehen.“
    Emily musste wider Willen lächeln. „Ich versichere Ihnen, wenn Evan mich immer noch liebt, wird er zu mir kommen.“
    Andrea wirkte nachdenklich. „Mag sein. Aber der Evan, der in der abgedunkelten Bibliothek auf Highgrove sitzt, ist nicht derselbe Mann, der England vor acht Wochen verließ. Er kann auf dem einen Auge noch immer nicht sehen, den rechten Arm nur wenig bewegen, und seine Hand könnte für immer verkrüppelt sein. Ich weiß, dies alles würde keinen Unterschied für Sie darstellen, aber für ihn ganz gewiss! Wenn ein Gesunder einen … Schaden erleidet, kann das sein Selbstvertrauen erheblich erschüttern. Für einen Mann muss es noch schlimmer sein, da er glaubt, stark sein zu müssen. Schließlich muss er Befehle erteilen und die beschützen, die er liebt. Wenn er sich das nicht mehr zutraut, könnte er vielleicht darauf verzichten, Sie aufzusuchen.“
    „Ich verstehe, was Sie meinen.“ Emily nickte.
    Andrea lachte. „Sicher verhält es sich so. Gentlemen und ihre törichten Skrupel! Sogar mein Giles machte sich Gedanken, als ich die Verlobung mit Evan löste. Er hielt es für falsch, dass ich den Schutz eines gesunden Mannes aufgeben wollte, um jemanden zu lieben, der nicht ‚vollständig‘ war, wie er sich ausdrückte. Daraufhin“, fügte sie mit einem Zwinkern hinzu, „küsste ich ihn so lange, bis er entschied, ich sollte doch lieber ihn heiraten. Verstehen Sie, was ich meine? Wenn Evan nicht zu Ihnen kommt, müssen Sie eben zu ihm gehen.“
    Konnte sie unaufgefordert bei Evan erscheinen? Der Gedanke ängstigte sie, war jedoch gleichzeitig auch aufregend. „Und wenn er mich nicht mehr will?“
    Andrea zuckte die Schultern. „Einige Minuten in seiner Gesellschaft sollten genügen, um das herauszufinden. Erfinden Sie irgendeine Ausrede, die Sie im Notfall anbringen können – zum Beispiel, dass Sie Freunde in der Nachbarschaft besucht hätten und nur sehen wollten, ob er sich gut erholt.“
    Emily überlegte. Würde sie den Mut aufbringen, ungebeten bei Evan vorbeizuschauen?
    „In einer Woche kehrt er wegen meiner Hochzeit nach London zurück“, erklärte Andrea lächelnd. „Wenn Sie bis dahin mein Kleid fertig haben, wird sie in zwei Wochen stattfinden. Sollte er Ihnen bis dahin nicht geschrieben haben, würde ich ihn an Ihrer Stelle aufsuchen.“ Sie schien Emilys Gedanken zu erraten, denn sie fügte leise hinzu: „Wenn Sie ihn lieben, können Sie es tun. Und wenn Sie ihn wirklich wollen, bleibt Ihnen vielleicht nichts anderes übrig.“ Während Emily noch immer nach einer passenden Antwort suchte, nahm Andrea ihre Handschuhe und das Retikül vom Tisch. „Würden Sie mir noch einen letzten Gefallen erweisen? Kommen Sie bitte zu meiner Trauung. Hätte sich Evan aufgrund seiner Liebe zu Ihnen nicht so seltsam verhalten, hätte ich vielleicht in meiner Angst auf einen früheren Hochzeitstermin gedrängt, und wir alle hätten das für den Rest unserer Tage bereut. Stattdessen habe ich meinen Giles gefunden. Das ist ein unglaubliches Geschenk, für das ich Ihnen niemals genug danken kann.“
    Trotz ihrer widerstreitenden Gefühle musste Emily lächeln. Wie absurd das Leben doch war. Das Mädchen, von dem sie sich ein völlig falsches Bild
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